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vom 3. bis 14. Juni 2008

 

Dienstag, 3. Juni 2008, hl. Märtyrer Karl Lwanga und Gefährten

fahre ich 15.20 zur Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Hacik Gazer nach Erlangen. Prof. Gazer (Hac= das Kreuz, -ik Verkleinerungsform) ist Nachfolger von Prof. Felmy, der wieder von Frau Prof. Dr. Fairy von Lilienfeld, die die Russen liebevoll Vera Georgievna nannten. Karl Felmy wurde nach seiner Emeritierung orthodox in der russischen Gemeinde in Nürnberg. Ich sah ihn nicht bei der Antrittsvorlesung. Wohl aber war Prof. Hermann Goltz eigens angereist, mit Frau Dr. Drost und weiteren Mitgliedern der Fakulät Halle-Wittenberg. Frau Prof. Fairy kam in den ersten Jahren des OKI regelmäßig nach Regensburg zum Kolloquium mit unseren Studenten. Sie konnte wegen ihres Alters (*1917) nicht bei der Antrittsvorlesung sein. Aus Berlin war Pfarrer Viktor Savik angereist, bis 2007 war er Regens des orthodoxen Priesterseminars Smolensk. Er hat morgen einen Termin beim Erlanger Spezialisten für Hautkrebs.

Prof. Gazer berichtete vor der Lesung, dass Patriarch Mesrop Mutafyan nach einer Schilddrüsen-Operation Metastasen im Gehirn hat. Das Patriarchat wird jetzt von einem Rat unter Führung von Bischof Aram Atesian geleitet. In İstanbul ergänzten Mons. Marović und Pfarrer Gaspar (armenisch.kath), dass P. Krikor Damatyan einen großen Teil der Verantwortung tragen muss. P. Krikor bat mich in İstanbul, Prof. Gazer zu sagen, er möge seine Vorlesung und einen Bericht für die hiesige armenische Zeitung senden.

Die Vorlesung war für die Fakultät sicher eine Sensation: Prof. Gazer stellte die Heiligen aller Kirchen vor. Die ganze Zeit stand die Ikone aus der Kirche San Bartolomeo in Rom, auf eine große Leinwand projiziert vor unseren Augen. Wilhelm Loehe wurde als Zeuge für die Heiligenverehrung ebenso zitiert wie die Confessio Augustana 27.

Nach der Vorlesung übernachtete ich in Nürnberg bei Diakon Dimitru im Haus von Metropolit Serafim, der schon heute am Morgen mit Bischof Konstantin von der serbischen Dioezese Deutschland nach Kosovo abgereist war,

Mittwoch, 4. Juni

Priestertag in Hildesheim, vom Mittagessen 12.30 Uhr bis nach Rundgesprächen gegen 21 Uhr. Es ging um die moderne Literatur, in der die Frage nach Gott wieder ihren Platz hat. Übernachtung in meinem Zimmer am Domhof.

Donnerstag, 5. Juni, hl. Bischof und Märtyrer Bonifatius

5.43 Uhr mit dem Zug zum Flughafen, 8.30 Uhr Abflug von Hannover nach Antalya mit einem unangenehmen Zwischenstopp in Stuttgart. Hier stiegen die Gäste aus, die über Hannover aus Antalya kamen. Aber auch die in Hannover ihren Flug begonnen hatten mussten aus dem Flugzeug, Passkontrolle wie bei einer Einreise von außerhalb der EU, Zollkontrolle, Sicherheitskontrolle beim erneuten Weg zum gleichen gate, Passkontrolle...

In AYT erwartete mich Prälat Rainer Korten, Hildesheimer Priester, der hier seit 2003 eine Gemeinde aufbaut. Er schätzt, dass im Bereich Antalya 14.000 Deutsche leben, wahrscheinlich sind es sogar 50.000 bis 100.000, überwiegend deutschsprachige Ehefrauen von Türken, und Pensionäre, die hier Wohnungen und Häuser gekauft haben. Jede Woche hält er eine Beerdigung, aber die Teilnahme am Gottesdienst nimmt ständig zu. Eine der ersten Beerdigungen war von einer Deutschen, die sich sehr für die sozialen Belange in Alanya eingesetzt hatte, der Mufti war bei der Beerdigung, der Bürgermeister und viele Autoritäten, und viele Kameras - alles war ausführlich abends im Fernsehen, "so war ich auf einen Schlag überall positiv bekannt, nicht mehr verdächtig, was ich wohl hier vorhabe, die Türen öffneten sich mir - ein Geschenk des Himmels", meint Prälat Korten.

Seine Gemeinde entstand wie die Gemeinden in alten Zeiten bei der Ausbreitung des Christentums bis nach Asien. Damals zogen die Kaufleute und Handwerker der "Nestorianer", die wir heute Assyrer nennen, bis nach Peking. Wenn sie nach ihrem Glauben gefragt wurden, gaben sie Rechenschaft. So entstanden christliche Gruppen, Priester wurden angefordert, später Bischöfe, wir wissen von 350 assyrischen Bistümern bis nach Peking und Harbin, sie wurden weggefegt durch den "Mongolensturm" des Timur Lenko - aber noch Marco Polo fand nach 1200 in Peking Reste des Christentums.

In Antalya war es kein Kaufmann, aber der deutsche Konsul, der spürte, dass hier ein Priester hergehört, der regelmäßig Gottesdienste feiert. Pfarrer Korten fand einen Raum im Haus einer aufgegebenen Disko, bekam Arbeitserlaubnis als Priester, hält heute jeden Sonntag Gottesdienst in Antalya und in Alanya, dazu an Festen auch im "Park der Religionen" in Belek, wo der türkische Staat auf einem wunderschönen Gelände eine Moschee, eine Kirche und eine Synagoge gebaut und den Religionsgemeinschaften übergeben hat.

Wir verbrachten den Nachmittag an der Steilküste vor der Wohnung von Pfarrer Korten und freuten uns über die wohlgestalteten Uferbereiche, Sportanlagen, Treppen zum Wasser. Weniger Freude machen die zahllosen fünfzehnstöckigen Wohnhäuser an der ganzen Küste entlang, anscheinend meist leerstehend… Die Zahl der Einwohner von AYT hat sich seit 1998 auf über eine Million verdoppelt.

Freitag, 6. Juni, hl. Bischof Norbert von Xanten

Nach der Laudes ging ich zur Kirche in der Stadt, weit sichtbar das Schild: "KIRCHE HL. NIKOLAUS". Pfarrer Korten berichtete vom Gespräch mit dem Regierungspräsidenten: eigentlich ist die Einrichtung von Moscheen und Kirchen verboten, wenn nicht fünf Meter Abstand zum Nachbarn gewährleistet sind. Das gilt aber nicht für Kapellen. Weil Pfarrer Korten dieses Detail der Bestimmungen nicht kannte, hatte er schon 1.000 € für das Schild ausgegeben… Es gab das, was er bewundernd "türkische Lösung" nennt: die Regierung trägt in ihre Akten eben "KAPELLE" ein, dann darf eben auf dem Schild "KIRCHE" stehen bleiben. Neben dem Gottesdienstraum mit etwa sechzig Stühlen gibt es einen Garten, große Schiebetüren können geöffnet werden, wenn mehr Gläubige Gottesdienst feiern. Über der Kirche sind Wohn- und Tagungsräume und eine gut bestückte und gut genutzte Pfarrbücherei.

Eigentlich hätte Prälat Korten die Kirche gern dem hl. Paulus geweiht, vgl. Apostelgeschichte am Ende des 14. Kapitels: wir verkündeten das Wort in Perge und gingen dann nach Antalya hinab und schifften uns nach Antiochia ein. Aber es gibt schon eine protestantische Kirche Saint Paul’s mit aktivem Kulturverein, Kinderbetreuung, Englischkursen, die Gemeinde finanziert auch den Geistlichen. In dieser Kirche zelebrierte Pfr. Korten, bevor er einen eigenen Raum fand und ihn dem hl. Nikolaus weihte. Bis zu dessen Bistum Myra, heute das Dorf Demre, sind es 140 km, und ein Teil der Reliquien sind im Museum in Antalya.

Um 9 Uhr ein Gespräch mit sieben Priestern und Reiseleitern aus Österreich, die im Jahr 2009 mit hunderten von Pilgern auf den Spuren des hl. Paulus gehen wollen. Erzbischof Kothgasser von Salzurg wird die erste Reise mit 180 Pilgern im Mai leiten. Wir sprachen über seine Osterreise 2008 nach Moskau, die viel beigetragen hat zu einem guten Verhältnis mit dem Patriarchat Moskau und die "Ökumeniker" allgemein ermutigt.

Die Altstadt hat Paulus sicher durch das Tor betreten, das für den Besuch von Kaiser Hadrian im Jahre 138 festlich verändert und ausgebaut wurde. Heute sind große Teile der Mauer erhalten, einige Teile seit 138 unverändert. Man steigt von Westen auf einer Straße oder von Osten auf einer Treppe die Steilküste zum winzigen Hafen hinab, heute voller Ausflugsboote und Fischerbarken - einige könnten auch zu Pauli Zeiten so ausgesehen haben. Ein Gebet für den Priester, der heute wie Paulus die Stadt betreten hat und das Wort verkündet, nicht immer in einer hl. Messe, oft auch in einem ökumenischen Gottesdienst - ökumenisch durch die Zusammensetzung der Feiernden. Manchmal feiert auch ein pensionierten Pfarrer der lutherischen Kirchen in Deutschland mit, der jeweils einige Monate in Antalya oder Alanya wohnt. Die Ehefrau des im vorigen Jahr hier Dienst tuenden lutherischen pensionierten Pastors hat sich von ihm getrennt und lebt mit einem jungen Türken in Antalya, kommt regelmäßig zum Gottesdienst, sitzt dann einige Reihen weiter hinten als ihr Ehemann. Pfarrer Korten berichtet von vielen solchen Schicksalen. Immer zahlreicher nehmen Polen an den Gottesdiensten teil, kommen aus weit entfernt liegenden Hotels mit der Taxe. Oft sind englischsprechende Gäste dabei, dann wird der Gottesdienst teilweise auf englisch gefeiert. Pfr.Korten druckt für jeden Sonntag ein eigenes Liedblatt, es gibt eine gute elektronische Orgel und eine gute - russische - Organistin.

Überhaupt sind wohl die Hälfte der Touristen oder der länger Verweilenden Russen. Täglich kommen mehrere riesige vierstrahlige Flugzeuge aus der ehemaligen Sowjetunion, überall ist russisch zu lesen. In der Saison landen 250 Maschinen täglich. Hunderte von Bussen bringen die Touristen in die endlosen Hotel-Reihen am Meer, 140 km ostwärts bis nach Alanya oder nach Süden nach Kemer usw. in Richtung Myra.

In die Altstadt von Alanya zwischen Hafen und Hadrianstor kommen die Touristen tagsüber, nur wenige wohnen in den wunderschönen kleinen Hotels, Häusern und Gassen im osmanischen Stil, jetzt liebevoll restauriert, teilweise aus der Zeit des Paulus. Man kann sich gut vorstellen, wie er hier gepredigt hat, und fühlt sich verpflichtet, wenigstens ein gutes Beispiel zu geben.

Mittags fahren wir nach Belek in den wohlgepflegten Garten der Religionen, jetzt in "Garten der Toleranz" umbenannt. Leider liegen die Hotels doch einige Kilometer entfernt, die Hoteliers hängen die Information zu den Gottesdiensten nicht aus, weil sie ihre "Landausflüge" verkaufen wollen. 2003 begann Pfarrer Korten mit einer sonntäglichen hl. Messe in Belek um 9 Uhr - es kam niemand. Jetzt ist jeden Sonntag 11 Uhr usw. Gottesdienst in neuen eigenen Kirchenräumen in Alanya und in Antalya, und an vielen Festtagen wird hier in Belek in der Kirche hl. Messe gefeiert. "Wenn die schön geschnitzten Kirchenbänke nicht reichen, holen wir Stühle aus der Synagoge - die wurde noch nie benutzt". In der Moschee sind die Gebete jeden Tag, freilich mit nur sehr wenigen Gläubigen.

Wir sprechen mit einer von einem Rabbi geleiteten Touristengruppe aus den USA, mit Gästen aus Ägypten ( ein orthodoxer Christ, verheiratet mit einer Muslima). Alle sind begeistert von der Gemeinsamkeit der Gläubigen hier. Pfarrer Korten hofft, dass die Touristen doch wieder den Weg zum Gottesdienst finden und hier dann wieder regelmäßig hl. Messe gefeiert werden kann. Eine eigene Sakristei und ein Büro für den Priester sind da, Kreuz über dem geschnitzten Altar, bunte Fenster, immer mehr von den Gästen geschenkte Ikonen.

Die Vesper singen wir wieder in der Wohnung von Pfarrer Korten im 6. Stock eines dieser Hochhäuser an der Steilküste, etwa 15 km östlich von der Altstadt und der Nikolauskirche am Weg nach Alanya.

Die Gemeinde plant eine Busreise nach Tarsus zur Eröffnung des Paulusjahres mit Kardinal Kasper am 20. Juni.

Samstag, 7. Juni

Morgens nach der Laudes fahre ich mit dem Stadtbus zum Hafen, laufe durch die Altstadt und meditiere über dieses herrliche Land, dem "Heiligen Land der Urkirche" - so nannte es Papst Johannes Paul II. Hier waren die bahnbrechenden Erfahrungen für die Trennung vom Gesetz des Alten Bundes, aber Beibehaltung und Stärkung dieses Bundes im Glauben, interne Abschaffung der Sklavenklasse, radikale Abkehr von Tötung wegen Unglauben und Abfall. Hier lebten die Christen ungehindert "lieber unter dem Turban als unter der Tiara", bis das neue Griechenland seine seit der Gründung 1823 erfolglose Werbung um die Griechen in der Türkei, doch umzuziehen ins freie Griechenland, beendete und 1923 den Krieg gegen die neue Türkei entfachte, mit Mord und Brandschatzung bis nach Ankara hin, so dass dann die Muslime aus dem neuen Griechenland in die Türkei ziehen mussten (obwohl viele nur griechisch konnten), und die Christen aus der Türkei nach Athen (obwohl viele - z.B. die Karamanli - nur türkisch konnten, das sie mit griechischen Buchstaben schrieben). Wenigstens einige hunderttausend blieben in İstanbul usw., bis das neue Griechenland 1953 Zypern annektieren wollte und als Gegenreaktion die meisten Griechen aus İstanbul nach Griechenland ziehen mussten. Und als in den Jahren vor der Wende in der Sowjetunion 14 türkische Diplomaten weltweit von den armenischen Nationalisten getötet wurden (und in İstanbul ein Journalist), und einige westeuropäische Parlamente den Völkermord an den Armeniern 1915 verurteilen, wird für die in der Türkei verbliebenen Armenier das Leben immer schwerer.

Nach dem Mittagessen mit Pfr.Korten in einer sehr modern renovierten Karawanserei 14.30 Abflug nach İstanbul. Mit der Taxe (gut bezahlbar, ca. 30 km für 30 Lira - fast zwei Lira für einen Euro - Wie machen die das? Ein Liter Super kostet hier fast 4 Lira = 2 Euro) am Meer entlang zum Kloster der Dominikaner am Galataturm. Sie sind seit 1233 ununterbrochen in der Kaiserstadt.

Herzliche Aufnahme: hier haben Albert Rauch und die Fokolare und ich schon mit den Studenten des OKI gewohnt und während vieler Besuche bei den Patriarchen Bartholomaios und Mesrob, auch auf der Bibelschule Vorträge gehalten. Feierliche Sonntagsvesper 19.30 Uhr und Abendessen: P. Umberto OP von der Kurie in Rom, der Ökonom und Organist P. Guiseppe OP, der Islamforscher und Spezialist für islamisches Mönchtum und Pfarrer in Bakırköy P. Alberto Ambrosio OP, und P. Lorezo Piretti OP, Provinzoberer und Generalvikar des lateinischen Vikariates (= "Bistum") İstanbul. Der Superior P. Claudio Monge OP ist zu Vorlesungen in Rom. Er hat der Studiengruppe im März einen wichtigen Vortrag gehalten zur Entstehung des Islam aus den verschiedenen christlichen Gruppierungen des ersten halben Jahrtausends.

Sonntag, 8. Juni, 10. Sonntag im Jahreskreis

Nach der feierlichen Laudes sonntäglich feierliches Frühstück. Es gibt zur Zeit viele Taufen von Muslimen, die allerdings nicht in großer Öffentlichkeit geschehen. Die fernseh-wirksame Taufe eines Ägypters durch Papst Benedikt zu Weihnachten hat die Überwachung hier verschärft und die Lage der Christen erneut verschlechtert, wie schon die Regensburger Rede des Papstes. Die Morde an Priestern in der Türkei sind aber wohl eher nicht Reaktionen auf "den Papst", sondern auf den als Kreuzzug deklarierten Überfall der USA auf den Irak mit seinen furchtbaren Folgen für die Bevölkerung aller Religionen. Wegen ihres prozentualen Anteils an der Bevölkerung sind besonders viele Muslime unter den Opfern der Gewalt. Die Flüchtlinge berichten von der Grausamkeit der amerikanischen Soldateska (die europäischen Medien ja auch), und die Stimmung gegenüber den Christen wird nicht gerade besser. Die Türken fragen sich auch, warum gerade das christlichste Land des islamischen Vorderen Orient als erstes von angeblichen Christen vernichtet wird.

Um 9 Uhr bin ich im Balık Bazar an der İstiklal-Prachtstrasse in der armenischen Dreifaltigkeitskirche zum Morgengottesdienst. Über die Gesundheit des Patriarchen kann mir der Küster nichts Genaues sagen.

Dann mache ich einen Krankenbesuch beim Kanzler des lateinischen Vikariates, Prälat Dr. Marović im katholischen armenischen Krankenhaus am Taksimplatz. Marović ist im Juli 2007 in der Stazione Termini in Rom vor einen Zug gestürzt und kann immer noch nicht wieder laufen. Er ist aber voller Hoffnung und sieht seine jetzige Situation positiv: "Manche Teufel sind nur durch Fasten und Gebet auszutreiben. Also tue ich vielleicht mehr für die Einheit der Christen als Du Wyrwoll mit Deinen Reisen und Vorträgen und Sitzungen."

Marović freute sich über den Besuch und über das Exemplar der neuen ORTHODOXIA 2008, frisch in Regensburg eingetroffen am Montag 2. Juni. Er schickte mich zwei Stockwerke tiefer ins Altenheim zu P. Gaspar, der wisse mehr über die Gesundheit von Patriarch Mesrop. P. Gaspar, ein armenisch-katholischer Priester über 80, lebt wie alle im Altenheim auf engstem Raum, vier Betten im kleinen Zimmer. Allerdings ist das Heim wie das dazugehörige Krankenhaus aufs Modernste renoviert. Er rate mir von einem Besuch ab, der würde Mesrop demütigen, weil er mich nicht erkennen werde, mir nicht richtig antworten könne…

Vom armenisch-kath. Krankenaus gehe ich zur kath. Kathedrale vom Hl. Geist, nehme dort an der hl. Messe in französischer Sprache teil, die von einem schwarzer Priester zelebriert wird. Dann bringe ich eine ORTHODOXIA ins Haus von Bischof Louis Pelâtre, dem Apostolischen Vikar in İstanbul, er ist zu einer Firmung in Bebek.

Dann zu einem Krankenbesuch bei Isabel hanım in der Artigiana, sie ist meine Türkischlehrerin von 1974. Offenbar geht es ihr gut, sie ist in der Stadt. Und weiter nach Nişantaş in die deutschsprachige Pfarrei St. Paul, in der ich im Winter 1974 für Pfr. Wilschowitz und im Sommer 1993 für Pfr. Hammer ausgeholfen habe. Gleich begrüßt mich der jetzige Pfarrer Peter Wehr, er war vorher Generalvikar in Berlin. Alte Bekannte sind zum Gartenfest versammelt. Auch Magda hanım, geb. 1930, ist dabei. Sie ist seit 1952 in İstanbul, war au pair Mädchen und Hauslehrerin einer Familie, deren Vater in Stuttgart als Ingenieur gearbeitet hatte, damit die Kinder weiter deutschsprachig aufwachsen. Sie heiratete bald einen türkische Rechtsanwalt (*1915). Sie hat reiche Erfahrungen und gibt sie in aktiver Mitabeit in den Frauenkreisen der deutschsprachigen Gemeinden weiter. Es gibt hunderte von deutschen Frauen, die mit Türken verheiratet sind, aber nicht alle agieren so mutig wie Magda hanım. Sie redigiert auch jeden Monat die letzte Seite des St. Georgsblattes mit Nachrichten aus der Geschichte der Türken. Anima Kilian, die in İstanbul ihren Ehemann kennen gelernt hatte, Reinhold Pachowiak, Neffen unseres Hildesheimer Weihbischofs Heinrich Pachowiak, will daraus ein Heft machen, vielleicht interessiert das sogar einen Verlag in Deutschland. Es könnte Verständnis für die Türken wecken, die doch unter unseren deutschen Vorurteilen leiden, sich aber auch dadurch nicht von der Bewunderung für alles Deutsche und alle Deutschen abbringen lassen.

Mit Magda hanım - so spricht man vornehm Damen an: nie mit dem Nachnamen, sondern mit dem Vornamen und dem nachgestellten "meine Dame" - noch über das geplante Heft ein Stündchen im Foyer des Hotels Marmara am Taxim gesprochen, dann mit der Taxe zum Anleger Beşiktaş und mit dem Boot bis Kadıköy. Von hier fährt Magda hanım sofort mit dem Dolmuş, sie nahm den letzten freien Platz in einem startbereiten - Dolmuş heißt "voll": ein Taxi, das zu einem bestimmten Ziel auf einem bestimmten Weg erst losfährt, wenn jeder Platz besetzt ist und sich also die Gäste die Kosten teilen.

Ich besuche die armenische Kirche und erfahre, dass ich Pfarrer Krikor Damatyan morgen um 9 Uhr sehen kann. Zum Abendessen in dominikanischer Runde bin ich wieder im Kloster. Aus Bari kommt ein email mit der Einladung von P. Rektor Prior Damiano Bova OP zu einem Rundgespräch in Bari am Samstag, 21. Juni anlässlich der Verleihung der Silbernen Rose an Mons. Eleuterio Fortino, dem dritten Preisträger nach Metropolit Kyrill und Äbtissin Iosefina.

Montag, 9. Juni, hl. Kirchenlehrer Efrem der Syrer

7.20 Uhr Laudes und hl. Messe mit den Dominikanern, mit dem 9-Uhr-Boot von Karaköy nach Kadıköy, dem alten Chalzedon. Mit dem AKBIL ist der Zugang zu den Schiffen so einfach. AKBIL heißt der winzige Metallkopf an einem Plastikgriff, man lädt ihn mit einer bestimmten Summe auf und drückt ihn an der Sperre vor dem Schiff auf die entsprechende Öffnung, der Fahrpreis - meist 1 Lira oder 1,20 oder 1,30 - wird abgebucht und auf dem display erscheint, welches Guthaben noch auf dem Knopf ist.

P. Krikor singt ganz allein die Laudes in der Kirche, die etwa an der Stelle der Konzilsaula "Kirche der hl. Euphemia" von Chalzedon 451 steht. Danach sprechen wir bei einem Kaffee über Patriarch Mesrop; die ORTHODOXIA 2008 gibt Pfr. Krikor dem Patriarchen, mein Besuch sei jetzt nach der Operation wohl zu anstrengend. Ich erläutere Pfr. Krikor, was die Silberne Rose des hl. Nikolaus ist, wer die Preisträger sind und dass der Stiftungsrat - Hallensleben, Vergauwen, Wyrwoll - beschlossen hat, Patriarch Mesrop die Silberne Rose 2009 zu verleihen. "Das wäre eine Ermutigung für die ganze armenische Gemeinde, auch wenn der Patriarch die Rose nicht selbst entgegennehmen kann". Krikor fragt sorgfältig nach, ob wirklich sicher ist, dass die Rose keinerlei politischen Hintergrund hat. Wir sprechen über mögliche Orte: Myra fällt aus wegen der ungeklärten Verhältnisse, es gäbe Ärger entweder mit den Türken oder mit den Griechen dort, Rom ist zu weit für Patriarch Mesrop und könnte "politisch" interpretiert werden, zuviel Anti-islamisches kam und kommt vom Papst. Am besten wäre das Patriarchat im Kumkapı, Kirche oder Saal. Man wird viele Leute von İstanbul einladen, ein kleines Konzert mit armenischer Musik geben, Reden …, am Vorabend eine griechische orthodoxe Vesper feiern oder den armenische Abendritus mit Weihrauch in der Nikolauskirche südlich vom griechischen Patriarchat am Goldenen Horn.

Darüber könnten wir morgen 13.30 Uhr im Kumkapı sprechen, meint Pfr. Krikor, da ist eine Beerdigung.

Um 10 Uhr gehe ich die wenigen Schritte zur griechischen Kirche der hl. Euphemia. St. Eufemia ist die griechische Kirche, die das Andenken an das Konzil von Chalkedon hochhält. Erst habe ich eine Kerze angezündet in allen Anliegen des Glaubens, dann den türkische (oder syrischen?) Kustoden nach dem Priester gefragt. Pfarrer Dimitrios kam und strahlte, als er mich erkannte: wir waren im März mit der Hamelner Gruppe zum Vortrag von Metropolit Athanasius bei ihm. Dimitrios erzählte lange von seinen Eltern und seiner Schwester, die er in Canada besucht hat, und zeigte großes Verständnis für meinen Wunsch, mein Leben in İstanbul zu beschließen. Die Polis mit ihren Romaioi sei aufs Ganze gesehen doch der schönste Ort der Welt. "Wir treffen uns wieder zur Liturgie am Namenstag von Patriarch Bartholomaios im Fanar Mittwoch 11. Juni 10 Uhr"!

Dimitrios (*1942 wie P. Lorenzo OP) nahm spontan die kleine gerahmte Nikolaus-Ikone von der Wand und schenkte sie mir mit einer Widmung.

Wieder mit dem Schiff, das ist sehr schnell und einfach. Mindestens alle halben Stunden fahren Schiffe vom Anleger Kadıköy nach Eminönü und nach Karaköy, die doch nur durch die Galatabrücke getrennt sind - und beide sind voll …. 15 Millionen leben in İstanbul - wahrscheinlich sind es sogar 20 Millionen, sagen die Patres augenzwinkernd. Beim Anleger trank ich einen Ayran und aß ein Fladenbrot mit Fleisch, für fünf Lira. Beim Geldtauschen bekomme ich 98 YTL für 50 €.

Nach einer Pause in meinem Zimmer bei den Dominikanern spazierte ich über die İstiklal zum syrischen Patriarchalvikar Filiksinos. Morgens hatte ich unseren ehemaligen Studenten Melki Ürek angerufen, vielleicht ist er in İstanbul… er ist in Köln! Nach wenigen Minuten erhielt ich von Melki eine SMS: ich habe Filiksinos angerufen, er erwartet Wyrwoll um 15 Uhr.

Auf dem Weg lud mich ein freundlicher Sakristan in die gerade offene Kirche der katholischen Armenier ein: "Hier ist Erzbischof Tscholakyan". Metropolit Filiksinos ließ Kaffee servieren, nahm ORTHODOXIA 2008 entgegen und diktierte Korrekturen und Ergänzungen, schenkte den Kalender 2008 mit einem schönen Foto von der Bischofsweihe von Melki Ürek, auf dem auch Patriarch Mesrop zu sehen ist, im Jahre 2003 im Kloster Deir el Zufaran, und schenkte auch ein Büchlein über die 5500-jährige Geschichte der Syrer.

Auf dem Rückweg kam ich noch bis in den Innenhof der armenischen Kirche, der Erzbischof ist 16 Uhr schon nach Hause zu seiner Schwester gegangen. Ich schaute noch nach der Casa Italia, in der der Klaus-Hemmerle-Preis überreicht wird.

Abends gesungene Vesper mit den Dominikanern, dann Lektüre der neusten Arbeit von Theresia Hainthaler über die christlichen Araber vor dem Islam.

Dienstag, 10. Juni

Heute ist P. Superior Claudio Monge OP zurück. 7.20 Uhr Laudes und hl. Messe in türkischer Sprache aus schön gedruckten Büchern (1998), nur die Lesungen auf italienisch.

Ich bringe mein Gepäck in das Hotel, in dem ich mit der Gruppe vom Klaus-Hemmerle-Pries wohnen werde, Hotel Safire über dem Bahnhof Sirkeci, direkt neben der Straßenbahnhaltestelle Gülhane. Die Deutschen haben den Endbahnhof des Orient-Express gebaut, im orientalischen Stil, damit die Reisenden wissen: jetzt kommen wir in den Orient. Den Bahnhof gegenüber auf asiatischer Seite, also den Endbahnhof der Bagdadbahn, haben die gleichen Deutschen im Europäischen Stil gebaut, damit die Reisenden wissen, jetzt kommen wir nach Europa.

13.30 Uhr Beerdigung in der armenischen Kathedrale, Bischof Aram predigt. Mit Pfarrer Krikor habe ich dann im Patriarchat besprochen, dass der Geburtstag des Patriarchen, Mittwoch 16. Juni 2009, der richtige Tag zur Verleihung der Silbernen Rose sein könnte. Eventuell auch das Fest des hl. Mesrop (in diesem Jahr 2008 am 12. Juni - auf welchen Tag fällt es 2009? die Armeniern feiern alle Feste nach dem Datum des Osterfestes, und nie darf ein Heiligentag auf Sonntag Mittwoch Freitag fallen).

Mesrop kann ich nicht sprechen, er ist beim Arzt im Amerikan Hospital. Die Spannungen zwischen der türkische Bürokratie und dem armenischen Nationalismus haben ihn sehr "gekränkt". Ein Beispiel erzählt Magda hanım. Am Grenzfluss zu Armenien stehen auf türkischem Gebiet schöne alte armenische Kirchen . Wenige Meter entfernt drüben in Armenien hat man jetzt einen Steinbruch eröffnet. Man sieht nie, dass Steine abtransportiert werden, die Sprengungen sollen die Kirchen zerstören, damit diese Einnahmequelle der Türken durch die Touristen wegfällt….

Zu Fuß bis Yeniköy, dann mit einem Stadtbus bis Eyüp, dann an der Mauer und dem Palast entlang zu Fuß hinunter ans Goldene Horn und ins griechische Patriarchat. Dort ist in der St. Georgskirche eine bunte Schar aus Griechenland versammelt, um dem Patriarchen zu gratulieren. Er begrüßt sie gerade und sieht mich eintreten: "Nikolaus, komm hier nach vorn!" So stehe ich neben Metropolit Anastasios von Albanien, der mich auf deutsch begrüßt! Neben ihm steht ein Mönch aus Navpaktos, der gleich an unsere letzten Besuche dort erinnert und an den Aufenthalt von Kathigumenos Spiridon im OKI.

Der Patiarch spricht im Laufe seiner Rede auch von seinem alten Studienfreund Nikolaus Wyrwoll, den er "aus gemeinsamer Studienzeit in Rom" kennt und spricht von der "Ankunft von Kardinal Lehmann mit vielen Deutschen Freunden aus dem Fokolare". Als jeder ihm gratuliert und er mir ein Kreuzchen überreicht, bestellt er frohe Grüße an Albert Rauch und die Tagung in Freising über "unseren Patron St. Andreas von Konstantinopel!"

Mittlerweile treffen im Hotel Safire und in benachbarten Hotels die Gäste des Klaus-Hemmerle-Preises, das sind 80, dazu Wilm Sanders mit der Akademie Hamburg, die Leserreise der NEUE STADT und Peter Blumberg mit einer Priestergruppe der Fokolarbewegung. Das Kreuz von Patriarch Bartholomaios gebe ich Franz Wezel.

Mittwoch, 11. Juni, hl. Apostel Barnabas

8.30 Uhr mit dem Bus zum Fanar, ich erkläre die Liturgie des hl. Johannes Chrysostomos, die wir gleich mit Patriarch Bartholomaios feiern werden: innerlich ist sie absolut gleich mit unserer westlichen hl. Messe oder dem lutherischen Hauptgottesdienst mit Abendmahl, äußere Zeichen unterschiedlich, aber hilfreich, vor den Lesungen Einzug mit dem Evangelienbuch, Einzug mit den Opfergaben vor der Gabenbereitung und Wandlung… Ich gebe praktische Hinweise: z.B. dass man bei einem Gottesdienst von 9 Uhr bis 12 Uhr auch mal nach draußen gehen darf, auf die Toilette… Ich sehe Professoren Pheidas (aus Chambésy, ihm kann ich die neue Fassung seiner Vereinbarung mit der Uni Fribourg überreichen, eben per Fax gekommen!) Sotirios Varnalidis(*1938, 1986 im OKI, em. Thessaloniki, immer noch mit türkischem Pass als Romaios zur Freude von Bartholomaios), Anastasios von der KEK, Metropolit Augustinos und Bischof Eumenios… beim Antidoron überreiche ich dem Patriarchen die neue ORTHODOXIA "o, die ist ja kleiner geworden" - habe ich ihm nicht schon die Ausgabe 2007 gegeben? Gegen 13 Uhr im Hotel, Mittagessen mit Gerhard Arndt, der jahrzehntelang die Glaubensinformation Köln betreut hat. Mit dem em. Dechanten von Solingen und mit Kerama und Elfriede Waha von Ottmaring, viele interessierte Fragen…

15.30 Uhr gehen alle in die Hagia Sofia, ich zur Versammlung der Priester der lateinischen Diözese bei Bischof Louis Pelâtre. Es sind genau zwölf von insgesamt 30, wenn man die drei Jesuiten in Ankara mitrechnet. Es geht um den Dialog mit den anderen Religionen. Papst Benedikt hat aufgerufen zum Dialog mit dem Islam im Suchen der Wahrheit in Liebe. Einen Dialog um die Wahrheit mit Dokumenten und Papieren halten die Priester hier nicht für möglich und für nötig.

Zunächst geht es darum, Vertrauen zu bilden, den anderen zum Gebet einzuladen, für den anderen zu beten - aber vielleicht ist gerade das die Wahrheit, die beim Suchen gefunden wird. Bischof Louis warnt vor Verwendung islamischer Gebetsformeln, selbst wenn sie ganz christlich sind, weil das die hiesigen Christen verunsichern könnte. Die Franziskaner von St. Marien protestieren: genau an diesem Punkt müsse auch unter Christen eine Katechese einsetzen, um zu mehr Verständnis zwischen den Religionen beizutragen.

Mit den Dominikanern fahre ich zu deren Kloster für einen "Kaffee", mit P.Lorenzo versuchen wir Direktor Kangler zu erreichen wegen der Herausgabe der Türkeiberichte von Magda hanım.

Donnerstag, 12. Juni

In der Kirche Maria Verkündigung in Dolapdere feiern wir ökumenischen Gottesdienst, die Predigt hält Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff von Aachen. Dort ist Dositej, *1941, Pfarrer von 21 Gemeindegliedern, er feiert oft mit vielen Gästen Liturgie auf deutsch. Am 2. November 2008 will ich mit den lutherischen Pastoren zu ihm gehen.

Anschließend sind wir in der Chora-Kirche, da kann ich auf den Restaurierungsfehler beim Auferstehungsfresko aufmerksam machen und auf das Wasser, das bei Christi Geburt vor Freude springt. Bischof Karl Reger erzählt beim Fresko des Habakuk, der vom Engel zur Löwengrube getragen wird, diese Darstellung sei bei einer Firmung von den Jugendlichen als Bild genommen worden: Man muss sich vom Hl. Geist am Schopf nehmen lassen und dorthin bringen, wo man gebraucht wird!

15 Uhr besuchen etwa fünfzig von uns die Irenenkirche. Wilfried Hagemann hatte mich gebeten, ihnen einiges zu erklären, während er Karl Lehmann vom Flughafen abholt. Schon zu Kaiser Konstantins Zeiten wurden Kirchen gebaut mit dem Namen Hagia Sophia, Hagia Irene, Hagia Dynamis. Unsere Mütter und Väter im Glauben wollten den intelligenten Heiden, die platonisch dachten, die Welt der Ideen konkret werden lassen, die sie von Platon, Plotin, Philo her mit Namen wie Logos, Sophia, Irene, Dynamis bezeichneten. Die christliche Botschaft ist, dass diese Ideen nicht nur in einer überirdischen Welt bei Gott sind (Johannes Prolog !), sondern dass sie Fleisch geworden sind in Christus, den Johannes den fleischgewordenen Logos nennt, Paulus sagt "Christus ist unser Friede - Irene - " Eph 2, 14 und "Gottes Kraft und Weisheit" 1Kor 1, 24. Im slawischen Bereich ist die Sophia verkörpert in Maria, aus der Christus Fleisch geworden ist.

In der herrlichen Kirche (heute stehen wegen der Konzerte im Juni Stühle dort)

erinnere ich an Folgendes:

  1. hier ist die Hauptstadt des römischen Reiches seit Mai 330
  2. der Kaiser führt den Titel "Stellvertreter Christi"
  3. Es gibt kein Schisma um 1000, sondern viele Trennungen zwischen Christen in allen Jahrhunderten, z.B. wegen des Kaisers - die Christen unter feindlichen Herrschern mussten erklären, dass sie anders sind als die Christen im Römischen Reich.
  4. Die Ikonostase als Verbindung und Ermutigung- so viele haben vor mir geglaubt
  5. Mitte der Kirche unter der Kuppel, da stehen die Gläubigen. Kanzel und Altar an den Seiten sind Hilfen, dass das Volk zum Leib Christi wird.
  6. In der "männnlichen" Annäherung Gottes an die Menschen in Christus sehen sich in den östlichen Kirchen die Männer vorgebildet, die Frauen sehen sich in der weiblichen Annäherung Gottes an die Menschen in der Sophia-Weisheit, die dabei war, als die Erde geschaffen wurde. In vielen Sprachen ist die dritte Person "Hl. Geist" grammatikalisch im weiblichen Geschlecht, z.B. ruach im hebräischen.

Wir singen kräftig gemeinsam das Glaubensbekenntnis auf lateinisch….

18 Uhr Überreichung des Klaus-Hemmerle-Preises an Patriarch Bartholomaios. (Alles auf der Homepage der Fokolare nachzulesen). Es sind hier auch die Leserreise NEUE STADT, und die Katholische Akademie Hamburg mit Wilm Sanders und Ludger Hölscher. Mit denen fahre ich 21 Uhr zurück ins Hotel, sie wohnen wenige Meter von uns entfernt.

Freitag, 13. Juni, hl. Antonius von Padua

10 Uhr Begegnung mit Bischof Louis Pelâtre in der Kathedrale. Und hl. Messe mit Predigt von Bischof Lettmann über den guten Geschmack an Gott. Nach der hl. Messer werden die Klaus-Hemmerle-Pilger nach Köln fliegen, ich gehe beim Friedensgruß gegen 12 Uhr und fahre mit der Metro zum Anleger Kabatas und mit dem Schiff nach Üsküdar zum Mittagessen mit Magda hanım. Sie gibt mir mehrere Artikel, die sie in den siebziger Jahren im St. Georgsblatt veröffentlicht hat, persönliche Erfahrungen z.B. mit der Heiligenverehrung im Islam, mit der Stellung der Frau in der Türkei.

Um 19 Uhr bin ich in der Kirche St. Antonius von Padua an der İstiklal, Pfarrer P. Anton hat Namenstag. Ebenso Nuntius Lucibello, ihn haben wir, als er noch in Panama war, ab und zu in der Villa Rosa in Rom getroffen, mit Carlo Castagna, Antonio Lucibello ist heute Hauptzelebrant und Prediger. Die Kirche ist voll, bei den Zelebranten sind fast alle der Priester, auch der armenische katholische Vikarbischof und Priester Tirdat von Armenischen Patriarchat und ein syrischer Priester, gesandt von Filiksinos. Auch für Tirdat singen wir am Ende des Abendessens ein "Vivat": sein Namenstag beginnt grade, der hl. König Tirdat, der 301 das Christentum zur Staatsreligion in Armenien gemacht hat. Bei den Gästen ist auch Haik Aram, ein armenischer katholischer Priester, der in Wien bei den Mechitaristen deutsch gelernt hat und gern bereit ist, die lutherischen Pastoren im November zu empfangen.

Ich kann einige rückfragen: P. Max Cappabianca hatte heute Nachmittag ein E-Mail gesandt und gefragt, ob das stimmen könne - beides halte ich für eine Ente, hatte ich ihm geantwortet.

Hier die Ente:

  1. Durchbruch in der Ökumene
    Patriarch Bartholomaios I. akzeptiert "doppelte Einheit" München (A.K.M.) Das Oberhaupt der Orthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. hat die griechisch-katholischen Kirchen eingeladen, bei voller Gemeinschaft mit dem Papst wieder orthodox zu werden. "Die Mutterkirche von Konstantinopel hält allen ihren einstigen Söhnen und Töchtern die Tür zur Rückkehr offen", sagte der Patriarch. Grundlage könne das Verständnis von Kirchengemeinschaft sein, wie es für die Einheit der byzantinischen und römischen Kirche im ersten Jahrtausend prägend war. Damit befürwortet Patriarch Bartholomaios I. das Modell der "doppelten Einheit", das Kardinal Lubomyr Husar, Oberhaupt der Griechisch-Katholischen Kirche der Ukraine, vorgeschlagen hat, um die Kirchenspaltung zu überwinden. Gesprächsbedarf sieht Patriarch Bartholomaios I. bei der "neueren katholischen Dogmenentwicklung". Auch müsse man über die globalen vatikanischen Verwaltungsstrukturen reden. Volle kirchliche Gemeinschaft ließe sich nicht "von den Kirchenführern verkünden und von den Theologen erklügeln", sagte Patriarch Bartholomaios in einem Interview mit der ökumenischen Zeitschrift Kyrillos+Methodios. "Unser Leben und Glauben, die Menschen an der Basis, müssen wieder zusammenwachsen. Da bleibt noch viel zu tun: Partnerschaften zwischen orthodoxen, katholischen und reformatorischen Gemeinden, gemeinsame Projekte, besseres Kennenlernen und Verstehen, und viel, viel Gebet." Die Kirchen dürften "sich nicht einfach damit zufrieden geben, in ethisch- moralischen Lehraussagen "Einigkeit über ihre Uneinigkeit" erzielt zu haben, sondern müssen bereit sind, sich ernsthaft mit ihren Meinungsverschiedenheiten auseinanderzusetzen und sie im Lichte der Lehre, des liturgischen Lebens und der Heiligen Schrift gründlich zu analysieren". Wichtige Schritte auf dem Weg zur Einheit habe man bereits getan, sagte Patriarch Bartholomaios. "Der gegenseitige Kirchenbann von 1054 ist aufgehoben, der theologische Dialog der Orthodoxie mit Anglikanern, Lutheranern und Reformierten kommt kontinuierlich voran. Mit der römisch- katholischen Kirche wurde dieses Glaubensgespräch nach mehrjähriger Pause wieder aufgenommen."
  2. "Die Flüchtlinge brauchen Wasser!"
    Ökumenisches Patriarchat bittet um Hilfe München (A.K.M.) Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I. hat dazu aufgerufen, ihn bei der Versorgung orthodoxer Flüchtlinge aus dem Irak zu unterstützen. "Wir haben nicht einmal das Geld für die Pumpanlage, damit wir für die Flüchtlinge klares, sauberes Wasser haben", beschreibt der Flüchtlingsbeauftragte des Patriarchen, Bischof Dionysios Sakatis, die Lage. Insgesamt benötigt das Patriarchat 300.000 €, um den orthodoxen Flüchtlingen aus Bagdad zu helfen. Bei den Flüchtlingen handelt es sich um die so genannten pontischen Orthodoxen, die zum Teil noch einen altgriechischen Dialekt sprechen. Nach dem Ersten Weltkrieg waren sie von Trapezunt nach Bagdad geflohen, wo ihr Viertel im Bürgerkrieg von Schiiten-Milizen besetzt wurde. Den chaldäischen und assyrischen Flüchtlingen würde von den katholischen und protestantischen Hilfswerken sowie der assyrischen Organisation CAPNI beispielhaft geholfen, so Bischof Dionysios. "Dagegen sitzen die byzantinischen Christen aus dem Irak zwischen allen Stühlen." Zur Unterbringung der Flüchtlinge muss das Patriarchat das Demetrios- Kloster Samarcik und einige Gebäude in der Pfarrei Sankt Georg in İstanbul instand setzen.

Bartholomaios hat nichts davon erwähnt bei den Gesprächen in den letzten drei Tagen, und die CARITAS İstanbul usw. betreuen alle Irak-Vertriebenen ohne Ansehen der Kirchenzugehörigkeit.

Samstag, 14. Juni 2008

Sehr bequem von der Haltestelle Gülhane mit der Straßenbahn bis Zeytinburnu und dann nur über eine Treppe mit der Metro bis zum Flughafen Atatürk, alles mit dem Akbil zu zahlen. Sehr unbequem das Flugzeug der INTERNATIONAL, die Sitze so eng, dass ich nicht einmal den Tisch herunterklappen konnte für den reichlichen Snack. Zum Glück war die Reihe 11 am Notausgang frei, da konnte ich die Beine ausstrecken.

16 Uhr Landung in Nürnberg, S-Bahn und ICE bis Regensburg, im OKI gleich den soeben eingetroffenen Christopher Stepaniuk aus Polen getroffen, gut betreut von Mihail Dmitruk.

Nikolaus Wyrwoll
16. Juni 2008
Ostkirchliches Regensburg