OKI-Logo Athen - Teilnahme an der
Heiligen Woche der Ostkirchen
23. - 28. April. 2008

 

 

Da in diesem Jahr direkt am Tag der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche 21. März der Vollmond schien, konnte das westliche Osterfest schon am Sonntag 23. März gefeiert werden.

Da aber viele katholische und orthodoxe Kirchen des Ostens den 21. März nach dem Julianischen Kalender erst dreizehn Tage später in ihrem kirchlichen Kalender haben, feiern sie 2008 das Osterfest fünf Wochen später als bei uns gefeiert wird. Sie müssen auf den nächsten Vollmond warten, können dann aber doch noch nicht am Sonntag den 20. April Ostern feiern, weil das Fest der Juden (Pesach/Pascha) 2008 auf diesen Sonntag (Vollmond, 14. Nisan) fällt, und die Kirchen des Ostens eine Bestimmung des Konzils von Nizäa (325) anders als der Westen interpretieren, "das Osterfest soll nicht mit den Juden zusammen gefeiert werden".

In diesem Jahr wollte ich wie schon früher die Heilige Woche in Athen feiern: der neu gewählte Erzbischof von Athen und Ganz Griechenland Hieronymos II. (Ioannis Liapis, 30.03.1938 in Oinófyta/Boötien, Bischof von Theben und Livadeia seit 04.10.1981, Erzbischof von Athen und Ganz Griechenland seit März 2008) ist unser ehemaliger Stipendiat, war ab 1976 in Regensburg, seither mit uns in Freundschaft und gegenseitigen Besuchen verbunden. Drei Wochen Urlaub in seinem Haus am Meer habe ich verbracht, er war zuletzt im November 2006 im OKI zu Besuch. Für die Osterfeier hat er mir einen Einladungsbrief geschrieben.

Mittwoch 23. April 2008

7.46 Abfahrt von Regensburg, 11.15 Abflug von München mit Aegean Airlines, 14.45 Ankunft in Athen. Unterkunft im Hotel Marina in der Nähe des Omonia-Platzes, Metochion des Klosters Hosios Lukas bei Levadia im ehemaligen Bistum von Erzbischof Hieronymos. Wir waren schon oft in diesem Hotel. Zu Fuß ging ich durch die uns seit Sommer 1960 bekannte Stadt zur orthodoxen Metropolie-Kathedrale.

17.00 - 18.30 Uhr Teilnahme am Bußgottesdienst. Am Schluss empfangen alle die Ölsalbung (Euchéleon). Ich ging zum Empfang dazu nicht vor, um nicht zu provozieren, da ich als katholischer Geistlicher (dunkle Kleidung und Kollar-Hemd) kenntlich war.

Anschließend Gespräch mit dem ersten Priester der Kathedrale, Erzpriester Dimitrios Nikou, ebenfalls unser Stipendiat war (1973 - 1975), und bei dem wir früher auch schon übernachtet haben. Er gab mir ein gedrucktes Programm der Gottesdienste des Triduum Sacrum in der Metropolie. Ich versicherte ihm, dass ich an allen Gottesdiensten in der Metropolie teilnehmen werde, weil ich hauptsächlich dazu gekommen war. Er hat sich dann aber weiter nicht mehr um mich gekümmert, obwohl er mich sah: ich stand bei den Gottesdiensten in vorderster Reihe beim Volk. So war es mir leichter, seine telefonische Einladung zum Mittagessen am Ostersonntag nicht anzunehmen, da ich schon ein Ostermahl privat (siehe unten) eingenommen hatte und noch achtzig Ostergrüße an Freunde in aller Welt schreiben wollte.

Um 19.00 Uhr konzelebrierte ich zur Missa Chrismatis in der katholischen Kathedrale Hagios Dionysios Areopagita. Unser römischer Studienkollege (und unser damaliger Lehrer für Neugriechisch), Erzbischof Nikolaos Foskolos, hatte mich eingeladen. Die Katholiken in Griechenland feiern aus christlicher Solidarität das Osterfest mit den Orthodoxen. Nach der Messe begrüßten mich die Fokolarinnen von Athen. So konnten wir uns kennenlernen und ein wenig unterhalten.

Dann folgte ich einer Einladung des Seelsorgers der deutschsprachigen Katholiken in Griechenland Msgr. Hans Brabek (Erzdiözese Köln) in ein griechisches Restaurant zum Abendessen. Wir konnten gemeinsame Erfahrungen austauschen und verstanden uns sehr gut, gerade auch was die Beziehungen zu den Orthodoxen betrifft. Er ist seit zwanzig Jahren Pfarrer in Athen, Nachfolger unseres Regensburger Freundes Prälat Hubert Wilschowitz. Brabek will bis zu seinem Ruhestand in Athen bleiben.

Spät abends kam ich in das Hotel. Man hatte mich gewarnt, nachts allein durch diese Gegend zu gehen, da sich dort fast nur Ausländer aufhalten (Albanien, Osteuropa, Afrika und Asien bis Pakistan). Doch auch in den folgenden Nächten fühlte ich keinerlei Bedrohung.

Donnerstag 24. April 2008

8.00 bis 11.00 Uhr Teilnahme in der Metropolie am Vespergottesdienst (Esperinos) mit Abendmahlsfeier zum Gedächtnis der Einsetzung der Eucharistie.

Wie bei uns früher, sind dort noch die Eucharistiefeiern wegen des strikt geltenden Nüchternheitsgebotes ab Mitternacht verbunden mit einer Vesper am Morgen, und die Morgenfeiern ohne Eucharistiefeier (Orthros) des nächsten Tages sind am Abend.

Mittagessen mit Archimandrit Nikolaos Konstantinou Tsirakis, der nicht unser Stipendiat war, während seines langen Aufenthaltes in Deutschland aber an unseren Studienfahrten nach Rom teilnahm. Er vermittelte ein Telefongespräch mit dem erkrankten Erzbischof Hieronymos, seinem Studienkollegen, der mich einlud, an seinen Geburtsort zu kommen, wo er bei seinem Bruder wohnt undsich von dem Sturz Anfang April erholt, bei dem er sich einen komplizierten Beinbruch zugezogen hatte.

18.30 bis 23.00 Uhr Morgenlob mit Gedächtnis des Leidens des Herrn mit den Zwölf Passionsevangelien und vielen sehr würdig vorgetragenen einstimmigen Chorgesängen. Kreuz-Prozession des Klerus und Kreuzverehrung durch die Gläubigen. Ich wunderte mich selbst, dass ich die viereinhalb Stunden gut durch-gestanden habe, da keiner der wenigen Sitzplätze mehr frei war, als ich zu Beginn ankam.

Anschließend Abendessen in einem Restaurant mit ehemaligen Stipendiaten Aristomenis Matsagas und OKI-Gast Theodoros Pantazopoulos.

Gegen 01.00 Uhr kam ich mit Taxi zum Hotel zurück. Dort wartete noch immer geduldig unser ehemaliger Stipendiat Alexandros Panagopoulos (Sommersprachkurs 2007). Herzliches Wiedersehen! Besonders gefreut hat mich auch, dass unser ehemaliger Stipendiat Prof. Dr. Georgios Metallinos und seine Frau Barbara ein Geschenk ins Hotel gebracht hatten, mit vielen Grüssen auf seiner Visitenkarte.

Freitag 25. April 2008

09.00- 11.30 Uhr Teilnahme an der Neunten Stunde und an der Vesper mit Kreuzabnahme und Übertragung des Grabtuches (Sindon) ins Heilige Grab.

Anschließend hatte ich Zeit und Ruhe, die Akropolis wieder zu besuchen und auf dem Areopag zu sitzen. In Erinnerung an einen anderen Karfreitag, im Jahre 1986, wo ich fast einen Tag dort oben saß und die von den russischen Religionsphilosophen so starke Verbindung Jungfrau Athena Parthenos - Mater Terra (Demeter) -Sophia und Maria meditierte, ohne noch zu wissen, dass gerade an diesem Karfreitag der Ostkirche die Katastrophe von Tschernobyl hereingebrochen war, die mit beigetragen hat, dass die Sowjetunion zusammenbrach.

Kurz nach der Katastrophe war ich (zusammen mit P. Tomas Špidlik als die einzigen Katholiken) auf dem ersten Kongress des Moskauer Patriarchats zur Vorbereitung des Millenniums der Taufe der Rus’ in Kiew. Dort steckte mir eine Frau einen Zettel mit dem typischen russischen Kreuz zu mit den kurzen Worten: "Černobyl - načalo! (Tschernobyl ist der Anfang)".

Die Perestroika war nach dem Tod Brežnevs unter dem neuen Generalsekretär der Partei und ehemaligen Geheimdienstchef Jurij Andropov schon angelaufen, weil man nun endlich auch "ganz oben" Bescheid wusste, wie schlecht es um die Sowjetunion tatsächlich steht. Doch versuchte Andropov noch, durch interne Perestroika (Antialkoholismuskampagne usw.) das Ruder herumzureißen (damit verbunden auch das von ihm inszenierte Attentat auf den Papst), doch dann hat die in alle Welt ausstrahlende Atomstaubwolke die Jasnost (Weltöffentlichkeit), gebracht und weder die östlichen noch die westlichen Geheimdienste konnten weiterhin den "Kalten Krieg" zur Unterstützung der Rüstungslobby aufrecht erhalten. Nach Andropovs (und Černenkos) frühzeitigem Tod war Andropovs Schüler Michail Gorbačov von der Partei und von der Vorsehung ausersehen, kraft des Besitzes der höchsten Macht in der kommunistischen Partei als Generalsekretär die Macht der Partei von innen heraus zu zerbrechen.

19.00 Uhr Beginn des Morgenlobs (Orthros). Gegen Ende kam viel Prominenz aus Politik und Militär auf den Chorraum, um an der anschließenden Prozession mit dem Heiligen Sindon durch die Stadt teilzunehmen. Bis zum Syntagma-Platz ging auch ich mit, doch dann war ich des lauten Geschwätzes überdrüssig und fuhr mit der Metro nach Hause.

Samstag 26. April 2008

Ab 08.00 Uhr Abendlob der Auferstehung mit anschließender Liturgie des hl. Basilius.

Der Gottesdienst ist ähnlich, wie bei uns vor der Reform der Osternacht: am Morgen Vespergottesdienst als Vigil mit zwölf Lesungen aus dem Alten Testament, dann Paramentenwechsel von dunkel auf weiß vor der Lesung aus dem Römerbrief (Röm 6,3-11), auch das Evangelium ist schon von der Auferstehung (Mt 28, 1-10). Dieser Gottesdienst wird darum hier genannt "Erste Auferstehung - próte anastasis".

Mittagessen mit Prof. em. Evangelos Theodorou (20.04.1921). Er war Liturgie-Professor an der Theologischen Fakultät Athen. Er ist seit 1969 als unser Senior und als der treueste griechische Freund, der mit seiner verstorbenen Frau Chariklia an allen Regensburger Ökumenischen Symposien teilgenommen hat und der auch zum Symposion zum Papstbesuch im September 2006 bei uns in Regensburg war. Bis heute ruft er immer wieder einmal bei uns an.

Anschließend gingen wir noch in ein Kaffeehaus, dahin hatten wir unseren häufigen OKI-Gast Prof. Dr. Konstantin Delikostantis (Stipendium 1981-1982) und unseren ehemaligen Stipendiaten Dr. Konstantin Belesos (1989 - 1991, später oft als Gast im OKI) eingeladen. Ein einmalig schönes vor-österliches Zusammensein!

Anschließend konnte ich in Ruhe durch die Plaka wandern und die Ruinenfelder der Bibliothek des Kaisers Hadrian und die Ruinen des römischen Marktplatzes besuchen (in diesen Tagen überall kostenloser Eintritt) und dann die ersten Ostergrußkarten schreiben.

Abends um 23.00 Uhr war ich wieder in der Kathedrale zum Mitternachtsgebet (Mesonyktikon), das gefolgt wurde von der Auferstehungsfeier auf dem großen Platz vor der Kathedrale mit viel Prominenz, mit Musik, viel Lärm, und Feuerwerk. Wenige blieben zur anschließenden Feier der Oster-Laudes und der Hl. Liturgie. Um 03.00 Uhr morgens war ich zuhause.

Sonntag 27. April 2008

Um 11.00 Uhr Esperinos tes agápes - Vesper der Liebe. Traditionell wird das Evangelium in verschiedenen Sprachen vorgetragen: griechisch, lateinisch, altslawisch, arabisch und albanisch, diesmal am Schluss sogar noch in altgriechisch-homerischer Sprache. Damit schloss sich der Kreis der Liturgien zur Heiligen Woche. Auf dem Heimweg ging ich in ein kleines Restaurant und bestellte - wie schon oft seit Beginn unserer Griechenlandreisen 1960 - unser besonderes Essen, diesmal war es sogar mein Ostermahl: Souflaki, Retsina und Weißbrot. Hernach hatte ich bis zum Abend Zeit, auszuruhen und fast alle achtzig Osterkarten zu schreiben.

Die Gottesdienste in diesen Tagen der Heiligen Woche (ich war insgesamt etwa 20 Stunden in der Metropolie) in kirchengriechischer Sprache und nach byzantinischem Ritus waren für mich zusätzlich Jubiläumsgottesdienste: seit fünfzig Jahren, von meiner Diakonweihe an (in Rom am 22. 03. 1958), habe ich durch Dekret der römischen Kongregation für die Katholischen Ostkirchen die Erlaubnis, im byzantinischen Ritus zu zelebrieren (Biritualismus).

Das hatte ich vorher geübt. In meinen vier ersten Priesterjahren in Rom (Germanikum, Russikum und bei Kardinal Slipyj) habe ich meist in diesem Ritus zelebriert. Seit unseren offiziellen Kontakten zur Orthodoxie (ab August 1966) zelebriere ich nicht mehr in diesem Ritus, habe aber im Laufe dieser Jahre an unzähligen orthodoxen Gottesdiensten in den verschiedenen Ländern des Ostens und im Ostkirchlichen Institut teilgenommen, sodass ich Vieles auswendig kenne, oft mehr als die "Einheimischen", denen die altgriechische und altslawische Sprache fremd geworden ist.

Um 17.00 Uhr fuhr ich mit Archimandrit Nikolaos Kalogerakis und P. Papanikolaos nach Oinofyta in Boötien zu Erzbischof Hieronymos. Er wohnt nun schon einen Monat in seinem Elternhaus, das die Familie seines Bruders bewohnt. Er hofft, in einer Woche wieder nach Athen zurückkehren zu können, um die Sitzung der Synode zu leiten.

Es war ein herzliches Gespräch in aller Einfachheit und Brüderlichkeit. Wir erinnerten uns gemeinsam an die Zeit, da er von Oktober 1976 fast zwei Jahre in Deutschland war als unser Stipendiat, zuerst im damals neu errichteten OKI und dann in München. Er erzählte von seinen damaligen Kollegen im OKI: u.a. der jetzige Prof. Nikolaos Olympiou (Hebräisch AT, Biblische Archäologie), Georgios Pedaros, Artemije Radosavlević (jetzt Bischof in Raška-Prizren/Kosovo). Er erzählte auch von einigen in nächster Zeit zu lösenden Problemen, z. B. gibt es zu viele kleine diözesane theologische Schulen u.a. Nach herzlicher Verabschiedung zurück nach Athen. Dieser Besuch war sicherlich der Höhepunkt meiner Osterreise nach Griechenland.

Montag 28. April 2008

In Ruhe konnte ich noch die restlichen Osterkarten schreiben. Gegen 09.00 Uhr fuhr ich mit Aristomenis Matsagas und Theodoros Pantazopoulos zum Flughafen. Dort klebten die beiden liebenswürdig die jeweils drei Briefmarken auf die achtzig Ostergrußkarten. Um 12.30 Uhr Abflug von Athen 13.50 Uhr Ankunft in München und Zugfahrt nach Regensburg. Die Teilnahme an den Gottesdiensten der Heiligen Woche und des Osterfestes in Athen war für mich eine schöne Jubiläumsfeier der 50 Jahre Kontakte zur Ostkirche, durch die ich so viele Bereicherung und Freude erhalten habe.

Dr. Albert Rauch
Ostkirchliches Institut
Regensburg