OKI-Logo "Orthodox"
im Hochgebet der hl. Messe

 

 

Häufiger als früher feiern die Gläubigen ab und zu eine hl. Messe in lateinischer Sprache mit, z.B. im wiederzugelassenen Ritus, und hören, dass "für die Orthodoxen" gebetet wird, und fragen, warum in den Hochgebeten in deutscher Sprache dieses Gebet für die Orthodoxen fehlt.

Im "Römischen Hochgebet", dem ersten Hochgebet im Messbuch, heißt es in der lateinischen Fassung "et omnibus orthodoxis atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus". Alte Übersetzungen übersetzen "orthodoxis" mit Rechtgläubigen. Im jetzigen Messbuch findet sich nicht eine Übersetzung, sondern eine Interpretation "die Sorge tragen für den rechten, katholischen und apostolischen Glauben".

Das Wort "orthodox" ist in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr zu einer Bezeichnung der östlichen Christen geworden, die nicht in vollkommener Einheit mit dem Papst in Rom sind. Gleichzeitig hat das 2. Vatikanische Konzil betont, dass diese Kirchen den gleichen Glauben und die gleiche Praxis mit uns Katholiken teilen. Die Erklärung der römischen Kongregation für die Glaubenslehre DOMINUS IESUS vom 6. August 2000 erneuert und erklärt die Lehre, welche Kirchen echte Teilkirchen der einzigen Kirche Christi sind, die "von den Bischöfen in Gemeinschaft mit dem Papst geleitet wird" und schließt in Nr. 17 die orthodoxen Kirchen ein: "Die Kirchen, die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande, wie die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie, mit ihr verbunden bleiben, sind echte Teilkirchen. Deshalb ist die Kirche Christi auch in diesen Kirchen gegenwärtig und wirksam, obwohl ihnen die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt, insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen."

Zudem kann man das zusammengesetzte griechische Wort ορθο-δοξος (ortho-doxos) von zwei Verben ableiten: ορθος (orthos; richtig, geradlinig); δοκεω (dokeo; ich glaube), δοξαζω (doxazo; ich rühme, preise). So heißt orthodox zugleich rechtgläubig und der rechte Lobpreis Gottes. Das wusste der Redaktor des lateinischen "Canon Romanus" (= 1. Hochgebet) noch und ließ das griechische Wort als Lehnwort stehen, da es nur mit Bedeutungsverlust übersetzbar ist.

Diese Wahrheit käme zum Ausdruck, wenn im Hochgebet das Wort "orthodox" ohne Übersetzung stehen bliebe, z.B. statt der jetzt gebräuchlichen Fassung "die Sorge tragen für den rechten, katholischen und apostolischen Glauben" "die Sorge tragen für den orthodoxen, katholischen und apostolischen Glauben".

Dr. Nikolaus Wyrwoll
Ostkirchliches Institut
Regensburg