Was ist die intellectualis creatura
in den Confessiones
des heiligen Augustinus? *(1)

 

Helmut Feld

 

I

Im Verlauf seines Lebens hat Augustinus es fünfmal unternommen, den Schöpfungsbericht der Genesis zu kommentieren: Nach seiner Taufe verfaßte er (388/389) eine gegen die Lehre der Manichäer gerichtete allegorische Erklärung, mit der er später nicht ganz zufrieden war. (2) Danach schrieb er (393/394) eine wörtliche Auslegung, die unvollendet blieb. (3) Eingehend befaßte er sich dann mit dem Anfang der Heiligen Schrift in den drei letzten Büchern seiner Confessiones, nachdem er Bischof von Hippo geworden war (395). (4) Hierauf folgte mit De Genesi ad litteram ein ausführlicher Kommentar in zwölf Büchern, der um das Jahr 415 abgeschlossen wurde. (5) Schließlich gab Augustinus noch einmal eine kurz gefaßte, mehr systematische Deutung der ersten Verse der Genesis im elften Buch von De Civitate Dei (6). Das besondere Interesse des Augustinus am biblischen Schöpfungsbericht resultiert, wie Hans Urs von Balthasar in der Einleitung seiner Übersetzung der Confessiones bemerkt hat, daraus, daß es ihm "um die Wiederfindung des Ursprungs" geht, "der kreatürlichen Ausgangssituation, des Schöpfungsaugenblicks in seiner ersten Reinheit, worin der Plan des Ganzen leuchtend heraustritt, um die Urstandsgnade und die erste Liebeseinheit mit Gott, von der weg alles nachfolgende irdische Dasein schuldvoll abgefallen ist". (7)


Im unvollendeten Kommentar zur Genesis erwähnt Augustinus eine geistige Kreatur (creatura intellectualis), die neben der mit dem Sohne Gottes identischen Weisheit Gottes, dem ungeschaffenen Anfang (principium) der Schöpfung, ebenfalls als principium bezeichnet werden kann, weil sie (als geschaffenes Wesen) am Beginn der Schöpfung steht. (8) Daß mit der an erster Stelle genannten geistigen Kreatur nicht die Engel gemeint sind, sagt Augustinus wenig später in der Auslegung des Satzes: "Und Gott sprach: Es werde Licht; und es wurde Licht." Hier ist nach seiner Meinung in aller Kürze von der Erschaffung der Engel die Rede.(9) In De Genesi ad litteram, seinem großen Kommentar zum Schöpfungsbericht, erwägt Augustinus kurz die Möglichkeit, daß das Licht identisch sein könnte mit der zuerst geschaffenen geistigen Kreatur, die "Himmel" genannt wird. (10) Aber die Erschaffung des Lichts mittels des Wortes setzt bereits den Beginn der Zeit voraus, während die spiritalis creatura vor der Zeit geschaffen wurde. (11)

Sprach also Gott sein Wort: "Es werde Licht, und es wurde Licht" an einem bestimmten Tag oder vor jedem Tag? Wenn er es nämlich mit dem ihm gleichewigen Wort sprach, dann sagte er es ja wohl außerhalb der Zeit. Wenn er es aber zeitlich sagte, dann sagte er es nicht mit dem ihm gleichewigen Wort, sondern durch ein zeitliches Geschöpf. Und folglich kann das Licht nicht das erste Geschöpf sein, weil es schon ein Geschöpf gab, durch das in zeitlicher Weise gesagt werden konnte: "Es werde Licht." Man versteht aber, daß Gott das vor jedem Tag gemacht hat, von dem es heißt: "Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde." Unter dem Namen "Himmel" ist dann die schon geschaffene und gebildete geistige Kreatur zu verstehen, der Himmel dieses Himmels hier, der unter den Körpern der höchste ist. Denn am zweiten Tag wurde das Firmament geschaffen, das er ebenfalls "Himmel" nannte. Mit dem Namen der unsichtbaren und ungeformten Erde und dem finsteren Abgrund dagegen wurde die Unvollkommenheit der körperlichen Substanz bezeichnet, von der aus die zeitlichen Dinge entstehen sollten, deren erstes das Licht war.

II

Am ausführlichsten hat sich Augustinus in den Confessiones mit dem rein geistigen, vorzeitlichen Geschöpf befaßt, das er mit dem in der Genesis zuerst erwähnten Himmel bezeichnet sieht und das er deshalb auch coelum coeli nennt. Das elfte Buch der Confessiones ist zum großen Teil dem Nachdenken über das Verhältnis von Ewigkeit und Zeit gewidmet. Wie ist das erschaffende Sprechen Gottes zu verstehen? Was tat Gott, bevor er Himmel und Erde schuf? Wenn Gott von Ewigkeit der Herr war, wovon war er dann der Herr? Muß dann nicht auch die Schöpfung als ewig existierend gedacht werden? Für Augustinus ist mit dem "Anfang" (principium), in dem Gott Himmel und Erde erschuf, nach Joh 8,25 Gottes Wort, seine Kraft, Weisheit und Wahrheit gemeint, die identisch ist mit Gottes Sohn. (12) Gott, der außerhalb aller Zeit steht, hat die Zeit zusammen mit der Kreatur geschaffen. Keine Zeit und kein Geschöpf ist gleichewig mit ihm, "auch wenn es eine Kreatur gibt, die über den Zeiten steht". (13) Zum ersten Mal wird hier kurz ein jenseits der Zeit stehendes Geschöpf erwähnt, das am Anfang der Erschaffung der Welt steht. Mit dieser Kreatur befaßt sich Augustinus ausführlich im zwölften Buch. Was oder wer genau damit gemeint ist und welchen Stellenwert dieses rätselhafte Wesen im Denken des Augustinus hat, ist bis heute in der Forschung umstritten, und für die moderne Gelehrsamkeit und Pseudogelehrsamkeit gilt noch immer das, was Augustinus am Anfang des zwölften Buches sagt: (14)

Deshalb schlägt sich die Unzulänglichkeit menschlicher Erkenntnis zumeist in wortreicher Rede nieder, weil das Suchen mehr Worte macht als das Finden.


Wir wollen uns deshalb an den Rat des französischen Patristikers Aimé Solignac halten: "Man muß dem Text Schritt für Schritt folgen, wenn man den Sinn des Begriffs und seine Bedeutung im Geist des Augustinus erfassen will." (15) Wie bereits erwähnt, nimmt Augustinus an, daß das erwähnte Geschöpf mit dem "Himmel" des ersten Satzes der Genesis ("Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde") gemeint sei. Nach einem Wort, das er im 113. Psalm findet, nennt er die erste Kreatur Gottes auch "Himmel des Himmels" (caelum caeli). (16)


Mit "Erde" ist die formlose Materie gemeint, aus der Gott alle weiteren Dinge geschaffen hat, auch den Himmel, das Firmament, von dem Gen 1,6 die Rede ist, und das deshalb nicht mit dem zuerst genannten Himmel identisch sein kann. (17) Die Erschaffung dieser Kreatur wird ebenso wie die der formlosen Materie außerhalb des Sechstagewerks berichtet, als es noch keinen zählbaren Ablauf der Zeit gab. (18)

Deshalb schweigt auch der Geist, der Lehrer deines Dieners [Moses], von Zeiten, sagt nichts von Tagen, wenn er davon berichtet, daß du "im Anfang Himmel und Erde gemacht hast". Denn ohne Zweifel ist "der Himmel des Himmels", den du "im Anfang" gemacht hast, eine geistige Kreatur (creatura est aliqua intellectualis), die, obwohl keineswegs dir, der Dreifaltigkeit, gleichewig, dennoch an deiner Ewigkeit teilhat; glückselig in deine Betrachtung versunken hält sie ihre Veränderlichkeit zurück, und seit sie gemacht ist, hängt sie ohne jeden Abfall an dir und erhebt sich so über allen flüchtigen Wechsel der Zeiten. Aber auch das Formlose, "die unsichtbare und ungeordnete Erde", ist nicht unter den "Tagen" aufgezählt. Wo nämlich keine Gestalt, keine Ordnung ist, da kommt auch nichts und nichts geht vorüber, und wo das nicht geschieht, da gibt es natürlich keine "Tage" und auch keinen Wechsel von Zeiträumen.


Hier ist also die creatura intellectualis genannt, das erste aller Geschöpfe Gottes, das an der Ewigkeit Gottes partizipiert, aber keineswegs mit der Gottheit gleichewig ist. Die Reden über dieses Wesen gehören zu den großen Geheimnissen der Heiligen Schrift. (19) Dennoch hat Gott ihm, Augustinus, mit lauter Stimme (voce forti) in sein inneres Ohr gesagt, was es mit der creatura intellectualis auf sich hat: sie ist nicht gleichewig mit Gott, doch ist Gott allein ihre Freude, sie genießt ihn in beständiger Keuschheit (perseverantissima castitate), wobei sie nirgends und niemals von ihrer (geschöpflichen) Veränderlichkeit Gebrauch macht; da Gott, an den sie sich mit ihrer ganzen Liebeskraft bindet, ihr beständig gegenwärtig ist, hat sie keine Zukunft, auf die sie wartet, keine Vergangenheit, an die sie sich erinnern müßte. (20)


In den nächsten Sätzen kommt nun eine neue Bezeichnung und Eigenschaft der creatura intellectualis zur Sprache: sie wird, im Anklang an Stellen wie Gen 28,17, Haus(domus) Gottes genannt.

O selige Kreatur, wenn es denn eine solche gibt, die mit deiner Seligkeit fest verbunden ist, selig ist sie, weil du auf immer in ihr wohnst und sie erleuchtest! Und ich finde nichts, was ich lieber "Himmel des Himmels, dem Hern gehörend" nennen möchte als dein "Haus", das deine Freude betrachtet, ohne abtrünnig auf anderes aus zu sein, den reinen Geist, der in völliger Eintracht verbunden ist durch das feste Band des Friedens mit den heiligen Geistern, den Bürgern deiner Stadt in den Regionen des Himmels über diesen Himmelsbereichen hier.


Das geistige Geschöpf wird also hier als "Haus", als nächste Umgebung, die sich Gott zu seiner Heimstatt geschaffen hat, vorgestellt. Außerdem wird deutlich, daß dieses "Haus" nicht identisch ist mit den seligen Geistern, den Engeln und den Menschenseelen, die die Stadt Gottes bewohnen, sondern über ihnen und näher bei Gott ist. Die Seele (des Augustinus und des Menschen überhaupt), die sich auf ihrer Wanderschaft weit von Gott entfernt hat, sehnt sich danach, wie es im 26. Psalm heißt, alle Tage ihres Lebens im Hause Gottes wohnen zu dürfen. (21) Augustinus bittet darum, daß die Seele "von daher" (unde, hinc), das heißt, aus der Betrachtung von Dasein und Wesen der geistigen Schöpfung, Einsicht in deren Beziehung zum ewigen Gott einerseits und zu der dem Wechsel der Zeiten unterworfenen Kreatur andererseits zu erlangen. Die intellectualis creatura wird so zum hermeneutischen Prinzip, zum Schlüssel des Verstehens für den Zusammenhang von Ewigkeit und Zeit, Gott und Mensch.

Von daher möge also die Seele, die dazu in der Lage ist, Einsicht erlangen, wie weit du als der Ewige über allen Zeiten stehst, wenn dein "Haus", das sich nicht auf Wanderschaft begeben hat, obwohl es dir nicht gleichewig ist, dennoch unaufhörlich und unablässig mit dir verbunden keinem Wechsel der Zeiten unterliegt.


Die menschliche Seele kann durch die intellectualis creatura Einsicht gewinnen, weil diese als "geistiger Himmel" (caelum intellectuale) über ein Erkenntnisvermögen verfügt, das in einem "Wissen auf einmal" (nosse simul) besteht, nicht in einer zeitlich fortschreitenden, partiellen Erkenntnis. (22)

Wenn ich, mein Gott, deine Schrift sagen höre: "Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde …", ohne daß sie erwähnte, an welchem Tag du das gemacht hast, verstehe ich das einstweilen so: Beim Himmel handelt es sich um den "Himmel des Himmels", den geistigen Himmel, wo vernünftige Einsicht ein Wissen auf einmal ist, kein partielles Wissen, kein rätselhaftes Wissen, kein Wissen wie im Spiegel, sondern totales Wissen, offenkundiges Wissen, von Angesicht zu Angesicht [1 Cor 13,12]; ein Wissen, das nicht bald dies, bald jenes weiß, sondern, wie erwähnt, ein Wissen auf einmal, das keinem Zeitenwechsel unterworfen ist.


Aus der Tatsache, daß die Schrift vor dem Sechstagewerk von der Erschaffung des Himmels und der Erde berichtet, schließt Augustinus, daß es sich dabei um außerzeitliche Geschöpfe handelt. Der "Himmel des Himmels" ist ein rein geistiges, allein auf Gott ausgerichtetes Wesen. Daß überhaupt davon die Rede ist, gehört zu der "wunderbaren Tiefe" (mira profunditas) der Gottesworte. (23) Es gibt allerdings auch "Feinde" (hostes), "Widersprecher" (contradictores) dieser Auslegung, denen es nicht einleuchtet, daß es diese über die übrige Schöpfung erhabene Kreatur gibt. (24)

Was also? Bestreitet ihr etwa dies, daß es eine erhabene Kreatur gibt, die in so reiner Liebe dem wahren und wahrhaft ewigen Gott ergeben ist, daß sie, obwohl sie ihm nicht gleichewig ist, dennoch sich in keinen Wandel und Wechsel der Zeiten von ihm löst und wegfließt, sondern in der höchst wahrhaftigen Betrachtung seiner allein ruht? Denn du, Gott, zeigst dich ihm, das dich in dem Maße, wie du es vorschreibst, liebt, und du genügst ihm. Deshalb wendet es sich nicht von dir ab, auch nicht zu sich selbst. Das ist das "Haus Gottes", nicht irdisch und auch nicht körperlich durch irgend eine himmlische Masse, sondern geistig und teilhaftig deiner Ewigkeit, weil es in Ewigkeit makellos ist. Du hast es nämlich für alle Zeiten und in alle Ewigkeit festgemacht; du hast ein Gesetz erlassen, und es wird nicht vergehen. Dennoch ist es dir nicht gleichewig, weil es nicht ohne Anfang ist: es ist nämlich geschaffen.


Die Gegner des Augustinus vertreten die Auffassung, daß Moses mit dem Begriff "Himmel" nicht die erwähnte geistige Kreatur gemeint habe, und mit "Erde" nicht die ungeformte Materie habe bezeichnen wollen. Vielmehr habe er mit "Himmel" und "Erde" "vorab umfassend und kurz diese ganze sichtbare Welt bezeichnen wollen, um dann später mit der Aufzählung der Tage gewissermaßen Stück für Stück das Ganze durchzugehen, so wie es dem Heiligen Geist gefiel, es auszusprechen". (25) Diese Interpretation könnte auch ein moderner, historisch-kritischer Exeget vertreten, denn sie entspricht ziemlich genau dem Literalsinn, also dem, was der jüdische Verfasser der Genesis ursprünglich gemeint hat. (26)


Im Verlauf der Erörterung fallen noch zwei Begriffe, die das Wesen der geistigen Kreatur umschreiben: 1. sie ist "die geschaffene Weisheit" (sapientia creata), die nicht identisch ist mit der Gott gleichewigen Weisheit, dem Sohn Gottes; vielmehr ist sie "eine rein geistige Wesenheit" (intellectualis natura), "die durch die Betrachtung des Lichts selbst Licht ist"; 2. die vor allem anderen erschaffene Weisheit ist "der vernünftige Geist" (mens rationalis et intellectualis) der heiligen Stadt, "unserer Mutter, die oben ist und frei" (Gal 4,26). (27) Die "heilige Stadt", das "ewige Haus im Himmel" bezeichnet Augustinus dann als "Jerusalem", seine "Vaterstadt" (patria), "Jerusalem", seine "Mutter" (mater), seine "teuerste Mutter" (mater carissima). (28) An dieses bald unter dem Bild des Hauses, bald unter dem der Stadt genannten geistbegabte und damit zweifellos als hypostatisch und individuell verstandene Geschöpf richtet Augustinus ein Gebet: (29)

Lichtvolles, glänzendes Haus, "ich habe deine Zierde geliebt und den Ort der Wohnung des Ruhmes" meines Herrn [Ps 25,8], deines Schöpfers und Besitzers! Zu dir möge sich das Sehnen meiner Pilgerschaft richten, und ich sage zu dem, der dich gemacht hat, er möge auch mich in dir besitzen, denn er hat auch mich gemacht. "Ich ging in die Irre wie ein verlorenes Schaf" [Ps 118,176; Mt 18,12; Lc 15,4f.], doch ich habe die Hoffnung, auf den Schultern meines Hirten, deines Erbauers, zu dir zurückgebracht zu werden (reportari).


Die eigene Erlösung, die Versöhnung des Menschen mit Gott, geschieht durch Vermittlung des von Gott zuerst geschaffenen Geschöpfs und besteht in der Wiedervereinigung der (verirrten) menschlichen Seele mit demselben. Was ist aber die spiritalis vel intellectualis creatura, die für Augustinus aus der profunditas der göttlichen Worte aufgetaucht ist?

III

Mehrere von den älteren Forschern nehmen an, daß mit dem caelum caeli oder der intellectualis creatura die Engel gemeint seien, so der französische Philosoph und Mediävist Étienne Gilson in seiner 1929 zum ersten Mal erschienenen "Einführung in das Studium des heiligen Augustinus". (30) Seine Interpretation erweist sich schon dadurch als verfehlt, daß er annimt, Augustinus spreche von einer "geistigen Materie"; die Engel hätten in sich "ein materielles und veränderliches Substrat". Der "Himmel des Himmels" hat aber ein rein geistiges Wesen, im Gegensatz zu dem anderen, materiellen Geschöpf des Anfangs, der "Erde". Ähnlich meint der Jesuit René Arnou, über drei Jahrzehnte Professor an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, Augustinus spreche, unter dem Einfluß plotinischer Vorstellungen, von einer zunächst unvollkommenen Natur, die dann aus der Zuwendung zu ihrem Schöpfer ihre Form erlangt habe; damit habe er den "Geist", die "intelligible Materie" aus dem Denksystem Plotins übernommen; gemeint sei, im christlichen Kontext, die "Engelsnatur", der "Himmel der Engel". (31) Daß Augustinus durch die neuplatonische Vorstellung von einem geschaffenen Geistwesen beeinflußt ist, soll keineswegs bestritten werden, aber er meint mit seiner intellectualis creatura nicht die Engelwelt. Letzteres unterstellt ohne weitere Begründung Jean Guitton, langjähriger Professor an der Pariser Sorbonne, in seinem 1933 erschienenen Buch über "Zeit und Ewigkeit bei Plotin und Sankt Augustinus." (32) Noch Kurt Flasch, in seiner exzellenten Übersetzung der Confessiones, vermutet (mit Bezug auf Confessiones 12,11,12), Augustinus habe "an den reinen Geist gedacht, der allen nicht abgefallenen Engeln innewohnt". (33) Augustinus spricht aber weder an der genannten noch an anderen Stellen der Confessiones von einem reinen Engelgeist. (34) Keinem dieser Autoren ist der Gedanke gekommen, daß Augustinus, hätte er die Engel gemeint, dies ja ganz einfach hätte sagen können, ohne bezüglich der Rechtgläubigkeit seiner Interpretation Bedenken haben zu müssen. Statt dessen spricht er in diesem Zusammenhang von nicht ohne weiteres zugänglichen Geheimnissen, der unergründlichen Tiefe der Heiligen Schrift. (35)


Die bisher ausführlichste Untersuchung über den Gegenstand hat Jean Pépin vorgelegt. (36) Es geht dem Autor um eine möglichst präzise Interpretation der Bedeutung des Begriffes "Himmel" (Gen 1,1) im 12. Buch der Confessiones des Augustinus. Nach einer Analyse der in Frage kommenden Textstellen kommt Pépin zu dem Schluß, daß es sich bei dem caelum caeli "um eine immaterilelle Wesenheit" handelt, "die in ihrer Würde über der übrigen Schöpfung steht, ein intelligentes Wesen, oder genauer, eine Stadt aus intelligenten Wesen, die eine unablässige Betrachtung an Gott bindet und ihnen dadurch ermöglicht, den Ablauf der Zeiten zu übersteigen". (37) Er führt dann die Argumente an, die gegen eine Identifizierung mit den Engeln sprechen. Das überzeugendste davon ist vielleicht, daß Augustinus im 12. Buch der Confessiones nirgends sagt, daß mit dem "Himmel" die Engel gemeint seien. (38) Dies gilt allerdings nur für die Confessiones, denn in anderen Werken vertritt er eine davon verschiedene Sicht der Dinge.


Handelt es sich bei den Wesenheiten, von denen Augustinus spricht, um wirkliche, mit einer Form ausgestattete Geschöpfe oder um eine formlose (noch ungeformte) Materie? Pépin findet innerhalb von Buch XII Belege für beide Auffassungen; die erstere: das eine der von Gott außerhalb der Zeit geschaffenen Wesen ist so geformt, daß es in beständiger Betrachtung veränderungslos sich an der Ewigkeit erfreut; (39) das caelum caeli ist von Anfang an geformt; (40) es hängt so mit der unwandelbaren Form zusammen, daß es, obgleich wandelbar, sich doch nicht verändert; (41) die zweite (Stellen, an denen von Theorien die Rede ist, nach denen der "Himmel" in Gen 1,1 die ungeformte Materie der geistigen Kreatur bezeichnet): es ist "der noch formlose Anfang, der formbare und schaffbare Grundstoff der Dinge" gemeint; (42) gemeint ist, Gott habe in seinem mit ihm gleichewigen Wort "den ungeformten Grundstoff der geistigen und der körperlichen Kreatur" geschaffen; (43) die Rede von der "unsichtbaren, ungeordneten Erde" bedeutet, daß "das Ganze, was ‘Himmel und Erde’ genannt wurde, noch formlose, finstere (Ur-)Materie war". (44) Aus dem Zusammenhang der jeweiligen Texte geht aber klar hervor, daß Augustinus an den zuletzt genannten Stellen nicht seine eigene Deutung vorträgt, sondern die Auslegungen anderer, von denen er sich distanziert.


Trotzdem meint Pépin, im 13. Buch Belege für zwei Stadien in der Geschichte der geistigen Kreatur finden zu können. (45) Im zweiten Kapitel sagt Augustinus, daß Gott die Schöpfung aus reiner Güte ins Dasein gerufen habe, ohne daß er selbst davon irgend einen Nutzen gehabt hätte. Die von Gott am Anfang erschaffenen Wesen haben selbst keinerlei Verdienst an ihrer Entstehung; sie hätten sich nicht einmal eine formlose Existenz verdienen können. (46) Man sieht, daß hier nicht von einem realen Dasein ohne Form die Rede ist, sondern von einem hypothetischen (die Aussage steht grammatisch im Irrealis!). Ganz auszuschließen ist ein Verdienst der köperlichen Materie an ihrer Erschaffung, denn sie existierte ja vorher überhaupt nicht. Auch für den Anfang der creatura spiritalis gilt prinzipiell dasselbe: (47)

Oder welches Verdienst dir gegenüber hätte denn schon die geistige Kreatur in ihrem Anfang vorweisen können, um dem Abgrund ähnlich und die unähnlich, zumindest in der Finsternis umherzuschwanken, es sei denn, sie würde durch eben das Wort zu dem hingewendet, von dem sie geschaffen wurde, und sie würde, von ihm erleuchtet, Licht werden, dir zwar nicht gleich, aber doch übereinstimmend mit einer dir gleichen Form.


Aus Stellen wie dieser schließt Pépin, unter Hinweis auf Parallelen in De Genesi ad litteram, auf zwei Zustände der creatura spiritalis, einen formlosen und einen geformten. (48) Aus der Analyse der verschiedenen Texte ergibt sich für Pépin der zwingende Schluß, daß mit dem "Himmel" (Gen 1,1) bei Augustinus "die formlose geistige kreatur" gemeint sei. (49) Augustinus spricht allerdings von einer Veränderung des Zustandes der creatura spiritalis, aber es handelt sich nicht um einen Wandel von der Formlosigkeit zur Geformtheit, sondern um die Erleuchtung durch das "Licht" (Gen 1,3), wodurch dem geschaffenen Geist zu seinem bereits vorhandenen Leben die Weisheit geschenkt wird. (50) Mit dem Wort "Es werde Licht!" wird die von jeglichem Verdienst freie Ausstattung des ersten Geschöpfes mit der Seligkeit bezeichnet, die in der Schau des erleuchtenden Lichts gegeben wird. Es ist hier von der "Formlosigkeit" (informitas) der creatura spiritalis die Rede, an der Gott kein Gefallen gehabt hätte, wenn nicht das "Licht" geworden wäre. Damit ist aber nicht gemeint, daß das geistige Geschöpf sich einmal im Zustand "gestaltloser Materie" (matière informe) befunden hätte oder ein zunächst "formloses Leben" (une vie d'abord informe) geführt hätte, wie Pépin meint. (51)


Immer noch bleibt die Frage, wer nun definitiv mit der geistigen Kreatur gemeint sei. Pépin gibt die Antwort: es handele sich "wesentlich um eine Stadt höherer intelligenter Wesen, die durch die Betrachtung mit Gott verbunden und dem Ablauf der Zeit enthoben" sind. Bezüglich der Identität dieser Geister bleibe Augustinus mit Bedacht in der Ungenauigkeit. Nichts gebe Anlaß zu der Annahme, es seien Engel damit gemeint. Pépin nimmt an, es handele sich um verschiedene Kategorien von Bewohnern: in kosmologischer Perspektive zweifellos um Engel; in eschatologischer Hinsicht kämen dann die Seelen der Gerechten hinzu; im Zusammenhang mit dem "geistlichen Leben" stünde der "Himmel" für das ungeformte religiöse Gewissen, insofern es noch nicht durch die Umkehr (conversion) auf das göttliche Wort hin ausgerichtet ist. (52)


Daß es sich bei der creatura intellectualis um ein Kollektiv handelt, ist allein schon deshalb unwahrscheinlich, als Augustinus sie wie eine Person anspricht. Das Bild des Hauses schließt die "Ungeformtheit" aus, weil es nur als etwas Vollendetes vorgestellt werden kann. Pépin hat Recht mit der Annahme, daß die Engel nicht gemeint sein können: Augustinus hätte dies, wie schon erwähnt, einfach sagen können. Als Bewohner der himmlischen Stadt partizipieren sie aber, ebenso wie die menschlichen Seelen, an der Seligkeit des ersten Geschöpfes. Pépins Deutung, daß mit caelum caeli die geistige Schöpfung in ihrem noch ungeformten Stadium gemeint sei, wurde von Jacobus C.M. van Winden einer fundamentalen Kritik unterzogen. (53) Van Winden stimmt Pépin in der Annahme zu , daß bei der geistigen Schöpfung zwei Phasen anzunehmen seien, eine formlose und eine geformte, mit anderen Worten: die geistigen Kreaturen (Plural!) haben eine hylemorphische Struktur. Dies ergebe sich ganz klar aus Confessiones 13,2,2.3, wo von einem spiritale informe und der inchoatio creaturae spiritalis die Rede ist. Dagegen steht, daß Augustinus im 12. Buch in dem "Himmel" von Gen 1,1 die geistliche Kreatur in ihrem geformten Daseinszustand meint. Besonders deutlich ist dies in Confessiones 12,28,39 ausgesprochen, wo er einen Überblick über die möglichen Auslegungen von Gen 1,1 gibt, darunter seine eigene Position, wie er sie im ersten Teil des Buches dargelegt hat. (54) Eine ähnliche Übersicht steht in De Genesi ad litteram: zunächst werden (wie in Confesssiones 12,17) die abweichenden Interpretationen aufgezählt, dann folgt die eigene des Augustinus: mit caelum ist das geistige Geschöpf gemeint, das vom Beginn seiner Erschaffung an vollkommen und allzeit glückselig ist. Im Gegensatz zu dieser von Anfang an vollkommenen und geformten geistigen Wesenheit ist die körperliche Materie noch unvollkommen und formbar. (55)


Wegen des hier vorliegenden Widerspruchs hatte Pépin von "manchmal gegensätzlichen Elementen" in der Argumentation des Augustinus gesprochen, der sich eher lyrisch als klar ausgedrückt habe, so daß Versuche, seine Aussagen systematisch darzustellen, außerordentlich schwierig seien. (56) van Winden meint dennoch, den Widerspruch auflösen zu können, und zwar folgendermaßen: (57) In der Interpretation des Augustinus bedeutet "Gott erschuf Himmel und Erde", daß Gott alles Sein, von den höchsten geistigen Geschöpfen (Plural!) in ihrem geformten Zustand (= caelum) bis zur niedrigsten körperlichen Schöpfung (= terra) geschaffen habe. Mit dieser Feststellung wird gewissermaßnen die Überschrift über die Schöpfungsgeschichte gegeben, die mit dem Satz beginnt: "Die Erde war unsichtbar und ohne Ordnung, und Finsternis lag über dem Abgrund." Das bedeutet: sowohl bei der körperlichen als auch bei der geistigen Schöpfung ist eine ungeformte Phase auszumachen. Damit ist nicht gemeint, daß es einmal eine Zeit gegeben habe, in der dieser formlose Zustand tatsächlich existierte, sondern es bezieht sich auf die hylemorphische Struktur der gesamten Schöpfung. Nach Confessiones 13,5 gelangt die geistige Schöpfung in ihren geformten Zustand und wird so zum caelum caeli. Den gleichen Gedanken findet van Winden in Confessiones 12,21. (58) Pépin hatte aus dem Vergleich beider Stellen geschlossen, daß Augustinus zuweilen auch die geformte geistige Schöpfung mit dem Ausdruck caelum caeli bezeichne, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, die noch formlose Schöpfung mit diesem Begriff zu benennen, und eben darin glaubte er die Inkonsistenz in der Auslegung des Kirchenlehrers zu erkennen.


Aber, so wendet van Winden ein, wie kann das, was Augustinus "in unmittelbarer Nähe" Gottes (prope te), als "zuerst geformt" (primitus formatum) erkennt, was er als "geschaffene Weisheit" (sapientia creata) bezeichnet, sich in einem formlosen, das heißt, von Gott abgewandten Zustand befinden? Es ergeben sich daraus zwei Schlüsse: 1. die mit caelum caeli bezeichnete geistige Kreatur hat eine hylemorphische Struktur; der Name caelum caeli ist jedoch nur anwendbar auf diese Kreatur in ihrem geformten Zustand; 2. die Argumentation des Augustinus in Confessiones XII ist dann in sich schlüssig. (Das Gegenteil wäre schwer vorstellbar, da es sich um eines der Hauptthemen des Kirchenvaters handelt).


Was ihr Hauptergebnis betrifft, ist die Argumentation van Windens zutreffend: es kann sich nur um ein Geschöpf mit vollständigem Dasein, nicht mit einem irgendwie defizienten oder hypothetischen Daseinsmodus handeln. Unzutreffend ist aber seine (und Pépins) Annahme, daß das geistige Geschöpf eine hylemorphische Struktur habe. Rein geistige Wesen besitzen keinerlei Materie (Hyle), wie es noch Thomas von Aquin in platonisch-aristotelischer Tradition in Bezug auf den Engel und die menschliche Seele dargelegt hat. (59) Augustinus hat allerdings die Möglichkeit des Abfalls der geistigen Kreatur ins Auge gefaßt; dieser Abfall wurde durch die Engel und die menschlichen Seelen, die an der rationalis creatura teilhaben, realisiert. Die rationalis creatura selbst aber wurde nicht aus ihrer "seligen Ruhe", der engen Verbindung mit dem Schöpfer, herausgerissen. Im 8. Kapitel des 13. Buches hat er diesen Gedanken ausgeführt; es geht daraus auch hervor, daß immer dann, wenn von einer Veränderung oder Zuwendung der geistigen Kreatur zu Gott die Rede ist, an den menschlichen Geist gedacht ist, der an ihr partizipiert. (60)

Der Engel fiel ab, es fiel auch die Seele des Menschen, und sie zeigten den Abgrund an, in dem die gesamte geistige Kreatur in finsterer Tiefe versunken wäre, wenn du zu Anfang nicht gesprochen hättest: "Es werde Licht", und wenn kein Licht geworden wäre, wenn dir nicht alle Geistwesen deines Himmelsstaates in Gehorsam treu ergeben gewesen wären und wenn sie keine Ruhe gefunden hätten in deinem Geist, der unveränderlich über allem Veränderlichen schwebt. Sonst wäre selbst der "Himmel des Himmels" in sich ein finsterer Abgrund, jetzt aber ist er "Licht im Herrn" [Eph 5,8]. Denn gerade durch die armselige Ruhelosigkeit der Geister, die hinabsanken und die, deines Lichtkleides beraubt, nur noch ihre Finsternis anzeigten, tust du deutlich kund, eine wie große vernünftige Kreatur du gemacht hast, der zur seligen Ruhe nichts genügt, was geringer ist als du, also auch sie selbst nicht.


Es ist dann auch an den von Pépin und van Winden angeführten Stellen der Confessiones nicht von einem potentiellen Zustand der Formlosigkeit die Rede (der bei einem rein geistigen Geschöpf völlig undenkbar ist), sondern von einer potentiellen Abkehr der spiritalis creatura von ihrem Schöpfer und dessen ewigem Wort. Noch deutlicher drückt sich Augustinus dann im 10. Kapitel aus, wobei er auch die Schwierigkeit des gesamten Gedankens zur Sprache bringt: (61)

Selig die Kreatur, die nie etwas anderes kennengelernt hat! Sie wäre freilich selbst ein anderes gewesen, wenn sie nicht durch dein Geschenk, das über allem Veränderlichen schwebt, sobald sie geschaffen wurde, emporgehoben worden wäre bei deinem Ruf: "Es werde Licht", und es ward Licht. Bei uns nämlich wird der Zeit nach unterschieden: "Wir waren Finsternis", und wir werden Licht. Im Falle jener Kreatur aber heißt es, was sie gewesen wäre, wenn sie nicht erleuchtet worden wäre. Und so heißt es, sie wäre gleichsam flüchtig und finster gewesen. Damit sollte aber der Grund angezeigt werden, der dafür ausschlaggebend war, daß es sich in ihrem Falle anders verhalte: sie sei nämlich dem ‘nie aussetzenden Licht’ [Sir 24,6] zugewandt und insofern ‘Licht’ gewesen. Wer das begreifen kann, begreife es oder möge dich darum bitten. Warum sollte er mich damit behelligen, als könnte ich irgendeinen ‘Menschen, der in diese Welt kommt’ [Joh 1,9], erleuchten?


Sowohl Pépin als auch van Winden sprechen von den geistigen Geschöpfen im Plural: sie verstehen also die creatura spiritalis als Kollektiv. Daß es so einfach nicht ist, hat der portugiesische Theologe Henrique de Noronha Galvâo erkannt. In seiner Dissertation, die er als Schüler von Joseph Ratzinger in Regensburg einreichte, (62) kommt er zu der Auffassung, caelum caeli in den Confessiones sei "ein geschaffener kosmos noetos, der sich in der metaphysischen Hierarchie unterhalb der rationes aeternae des göttlichen Wortes" situiere.(63) Er fügt dann, unter Berufung auf Confessiones 13,8,9, hinzu, "daß die Unterscheidung zwischen caelum caeli als metaphysischer Hypostase und ihrer Realisierung in denen, die vollkommen an ihm teilhaben (den Engeln und den Seelen, die das futurum aeternum schon erreicht haben), nicht immer streng durchgeführt wird". (64) Immerhin wird hier zwischen der creatura spiritalis als Hypostase und den an ihr partizipierenden Engeln und Menschenseelen unterschieden. Man kann allerdings nicht von einer "Realisierung" der ersteren in den letzeren sprechen, denn das geistige Geschöpf als solches besitzt Realität. Und Augustinus weiß durchaus zwischen beiden Wesenheiten zu unterscheiden. Er kann allerdings die menschlichen Seelen (nicht nur diejenigen, die bereits das futurm aeternum erreicht haben!) oder die Engel als creatura spiritalis bezeichnen, insofern sie an der zuerst erschaffenen Kreatur oder an deren Weisheit partizipieren. So wird Confessiones 13,2,3 die menschliche Seele (nicht erst im Zustand einer anima beata!) als creatura spiritalis bezeichnet, (65) und in De Genesi ad litteram 2,8 ist die creatura spiritalis die Erkenntnis der Engel "aufgrund der in ihnen erschaffenen Weisheit". (66) Auch darin liegt keine Inkonsequenz im Denken vor. Denn Augustinus leitet seine Erwägungen mit der Frage ein, was es mit der "Wiederholung" auf sich habe, die in dem "et facta est lux" gegenüber dem Gotteswort: "fiat lux" auf sich hat, um dann festzustellen, daß es sich gar nicht um eine Wiederholung handelt, sondern um eine Aussage über den Zustand (conditio) der spiritalis et intellectualis creatura am ersten Tage der Schöpfung: sie ist Licht. Der Schöpfungsvorgang ist deshalb so vorzustellen: (67)

Die geistige Kreatur erkannte nicht zuerst ihre Gestaltung und wurde danach gestaltet, sondern bei ihrer Gestaltung selbst erkannte sie, das heißt, durch Erleuchtung der Wahrheit, zu der hingewandt sie gestaltet wurde; die anderen Dinge aber, die sich unterhalb befinden, werden so geschaffen, daß sie zunächst in der Erkenntnis der geistigen Kreatur entstehen, danach in ihrer eigenen Art.


Aimé Solignac, in seinem bereits erwähnten Artikel "Caelum caeli" im Augustinus-Lexikon, (68) vertritt die Meinung, daß es sich um einen kollektiven Begriff handele; das Gleiche gelte für die Begriffe "domus" und "civitas", mit denen Augustinus die gleiche geistige Wirlichkeit bezeichnet. Damit wäre dann auch die Interpretation im Sinne einer Hypostase ausgeschlossen. Augustinus habe also, obwohl das Wort "angeli" im Kontext der Beschreibung des caelum caeli nicht auftaucht, die heiligen Engel gemeint, die in der "Einheit des Geistes und Herzens" die himmlische Stadt bilden. (69) Es gibt nicht nur keinen Textbeleg, in dem die creatura spiritalis oder das caelum caeli mit den Engeln identifiziert wird, sondern aus einer positiven Analyse der einschlägigen Stellen der Bücher XII und XIII der Confessiones geht hervor, daß Augustinus von einem eigenen, singulären, hypostatischen Wesen spricht, das Gott zuerst geschaffen hat und an dem die später geschaffenen Kreaturen mit ihrem Geist partizipieren. Zutreffend stellt Solignac allerdings fest, daß die der Zeit enthobene Erstschöpfung in späteren Werken des Augustinus nicht mehr die gleiche zentrale Bedeutung hat wie in den Confessiones. (70)


Der dem Augustiner-Orden angehörige und um die Augustinus-Forschung sehr verdiente Gelehrte Cornelius Mayer stellt in seiner Untersuchung zum zwölften Buch der Confessiones (71) die Verwandtschaft der Vorstellung von der creatura intellectualis mit dem geistigen Kosmos Plotins fest. Entscheidend für die Genesis-Exegese des Kirchenvaters seien jedoch die "wesentlichen Aspekte des biblisch-christlichen Schöpfungsglaubens", die er der neuplatonischen Kosmogonie niemals unterordne. "In der Regel integriert er das Philosophische ins Biblische und reichert es auf diese Weise an." Es ist aber wohl umgekehrt so, daß Augustinus das "Rohmaterial" des Bibeltextes mit dem denkerischen Instrumentarium des Neuplatonismus zu bewältigen sucht. Die Vorstellung von der intellectualis creatura ist nicht primär biblischen Ursprungs, wenngleich Augustinus ihre Existenz und ihre Zugehörigkeit zur göttlichen Offenbarung und zum christlichen Glaubensinhalt mit Bibelzitaten zu untermauern sucht.


Zuletzt hat, so weit ich sehe, Ursula Schulte-Klöcker eine ausführliche Interpretation der die creatura intellectualis betreffenden Passagen in den Confessiones vorgelegt. (72) Die Arbeit ist eine von Peter Hünermann und Hermann Josef Vogt betreute und im Sommersemester 1999 von der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen angenommene Dissertation. Etwas enttäuschend ist, daß die Verfasserin lediglich eine ausführliche Paraphrase der Texte gibt, ohne sich um die Eruierung des Sinns von spiritalis et intellectualis creatura zu bemühen. So erfährt man etwa, daß es sich um eine "schwebende, erhabene Schöpfung", eine "geistige Welt" (73) handele, was ebenso nebulös wie irreführend ist. Entgegen der Annahme der Verfasserin wird in Confessiones 13,2,3 der "Zustand der Formlosigkeit" nicht "auch von der geistigen Schöpfung ausgesagt", (74) sondern Augustinus sagt, daß sie nicht einmal einen Zustand der Finsternis im Abgrund hätte verdienen können (Irrealis!). (75) Auch Confessiones 13,8,9 wird der Abfall der spiritalis creatura nur als (durch Gottes Wort verhinderte) Möglichkeit angedeutet. (76) Überdies ist dort die universa spiritalis creatura klar vom angelus und der anima hominis unterschieden. Die Verfasserin scheint dagegen doch anzunehmen, daß mit spiritalis creatura oder caelum caeli letztlich die Engel gemeint seien, denn sie wendet sich gegen die Deutung von Balthasars, der (zutreffend!) annimmt, daß "dieses höchste Reich der Welt" nicht "einfach mit dem der Engel" gleichgesetzt werden könne. (77)

IV

Augustinus ist nicht der erste Denker, der sich mit dem Verhältnis von Zeit und Ewigkeit, der Problematik der Schöpfung und der möglichen Existenz eines der Zeit enthobenen Zwischenwesens beschäftigt hat. Vor ihm haben dies Plotin, (78) Origenes (79) und Philon von Alexandria (80) getan. Während der Einfluß des plotinischen Denkens bei Augustinus unübersehbar ist, bestehen bezüglich seiner Kenntnis des Origenes Zweifel. Da er kaum Griechisch konnte, wird er wohl keines der Werke des Alexandriners im Original gelesen haben. Es wird aber so sein, wie Henri Crouzel vermutet hat: eine direkte Kenntnis von Werken des Origenes kann Augustinus durch die Übersetzungen des Rufinus und des Hieronymus erlangt haben. Auf indirektem Wege kann er mit origenistischem Gedankengut durch die Lektüre lateinisch schreibender Zeitgenossen, wie Hilarius von Poitiers, Ambrosius von Mailand oder Hieronymus (die alle Griechisch konnten), vertraut geworden sein. (81)


Bei Origenes ist es der Logos selbst, der die Funktion der platonisch-plotinischen Weltseele übernimmt. Er stellt sich das Universum als ein unermeßliches Lebewesen vor, das durch die Kraft und Vernunft Gottes wie durch eine einzige Seele geleitet wird. Die geistigen Wesen sind mit Gott verwandt aufgrund des in ihnen wohnenden Logos. (82) Nach der Vorstellung des Origenes erschuf Gott am Anfang eine einzige Art von Geschöpfen. (83) Als unmittelbar aus der Hand Gottes hervorgegangene intellectuales creaturae waren sie gut und partizipierten an dem aus Gott hervorgegangenen Logos.


Nach Vorstellung Plotins hat der Kosmos eine Seele, die ihm von seinem Schöpfer gegeben wurde. Die einzelnen Seelen partizipieren an dieser kosmischen Seele, jedoch nicht so, daß diese durch ihre Aufteilung in die Körper selbst geteilt würde. Plotin behandelt dieses (scheinbare) Paradox am Beginn der vierten Enneade. (84) Die auf die einzelnen Körper aufgeteilte Seele bleibt bei sich selbst als ein Ganzes. Die Seele, die zugleich Einheit und Vielheit, geteilt und ungeteilt ist, ist identisch mit der Wesenheit, die das Universum zusammenhält und es mit Vernunft leitet. Die einzelnen Seelen begnügen sich mit partiellen Tätigkeiten in der Welt. Nach Plotins Auffassung hängt das zusammen mit dem Abstieg oder Hinabgezogenwerden der Einzelseele in den unteren Bereich, die tieferen Regionen des Kosmos. Diesen Abstieg der Seele in die Körperwelt hat Plotin in Enneade IV,8 behandelt. (85) Die Gegenbewegung hierzu ist der Aufstieg der Seele zu ihrem Ursprung, der am Anfang der fünften Enneade geschildert wird; (86) er wird als rein geistige Betrachtung, als gedankliche Bewegung beschrieben.


Die Tatsache, daß Augustinus Elemente von neuplatonisch geprägten Denkern wie Origenes und Plotin übernommen hat, tut seiner Eigenständigkeit und Originalität, insbesondere was das Bedenken der intellectualis creatura betrifft, keinen Abbruch. Er hat die betreffenden Vorstellungen aufgenommen und sie selbständig variiert. Damit wiederum steht er am Anfang einer besonderen Denktradition, die vom Mittelalter bis in die Neuzeit abseits der durch die normale theologische und kirchliche Rechtgläubigkeit ausgetretenen Pfade verlief.


Die plotinische Vorstellung von dem (mystischen) Aufstieg der Seele zum Unendlichen liegt dem berühmten Gespräch zugrunde, das Augustinus mit seiner Mutter Monnica kurz vor deren Tod in Ostia geführt hat. (87) Daß Augustinus den visionären Aufstieg gemeinsam mit seiner Mutter unternimmt, ist kein Zufall. Im 15. Kapitel des zwölften Buches spricht er, im Anklang an Sir 1,4 und Gal 4,26, von der "an erster Stelle geschaffenen Weisheit", dem "vernünftigen Geist der keuschen Stadt" Gottes, "unserer Mutter, die droben ist und frei". (88) Kurz darauf bezeichnet er dann das himmlische Jerusalem, das Ziel seiner Pilgerschaft, als seine "Mutter", nach der er sein Herz ausstreckt (nach Phil 3,13). Im Frieden dieser "allerliebsten Mutter" (matris carissimae), wo sich die Erstlingsgabe seines Geistes (nach Rom 8,23) bereits befindet, möchte er aus der Zerstreuung und Formlosigkeit seines jetzigen Lebens zum höchsten wahren Guten, zur ewigen Festigkeit gelangen. (89)


In dem erwähnten Gespräch von Ostia geht es um "das ewige Leben der Heiligen". (90) Wie Solignac erkannt hat, nimmt es seinen Ausgang von Phil 3,23 und endet mit Rom 8,23, womit das Gespräch den gleichen Rahmen hat wie die "theoretische" Erörterung im zwölften Buch. (91) Der Fortgang des Gesprächs führt Monnica und Augustinus auf den Weg zu dem ewigen Sein selbst (in id ipsum: nach Ps 4,9). (92) Über die Stufen der Körperwelt und des Himmels der Gestirne gelangen sie zu ihrem eigenen geistigen Inneren (in mentes nostras). Im Nachdenken und Gespräch kommen sie schließlich zur Region der unwandelbaren, ewigen Weisheit. (93)

Und während wir sprechen und uns nach ihr sehnen, da berührten wir sie ein wenig, einen ganzen Herzschlag lang. Wir stöhnten auf und ließen dort festgebunden "die Erstlingsgabe des Geistes" [Rom 8,23] zurück. Dann wandten wir uns wieder dem Geräusch unserer Rede zu, wo das Wort einen Anfang und ein Ende hat.


Diese so genannte "Vision von Ostia" ist nicht ganz das, was man sonst unter einer Vision versteht, obwohl Augustinus selbst von Vision und Entrückung spricht. Aber so wie er das Erlebnis schildert, ist es (wie bei Plotin!) eine rein geistige, intellektuelle Erhebung. Er spricht von einem "flüchtigen Augenblick des Denkens" (rapida cogitatio), in dem er und seine Mutter die ewige Weisheit berührten. Wenn alle anderen Sehensweisen (visiones) aufhörten und nur diese eine verbliebe und den Seher in die innere Freude hineinversetzte, so wäre dieser eine "Augenblick der Einsicht" (momentum intelligentiae) eine Vorausnahme der Auferstehung und des ewigen Lebens bei Gott. (94)


Der geistige Weg, der Aufstieg, der in der "Vision von Ostia" zurückgelegt wird, führt über das eigene Innere und die Vergewisserung, (95) die "Erstlingsgabe des Geistes" zu besitzen und damit Anteil an der intellectualis creatura zu haben. Das wiederum gewährt einen, wenn auch kurzen, Einblick in das ewige Leben und gibt die Gewißheit, es zu erlangen. Daß die Mutter dabei eine vermittelnde, hermeneutische Funktion übernimmt, ist nicht nur für die äußere Biographie des Augustinus von Bedeutung, sondern muß in Parallele zu seinem Denken über die intellectualis creatura gesehen werden, so wie er es im 12. Buch der Confessiones entfaltet hat.


Zu dieser Stellung der intellectualis creatura bei der Schöpfung des Universums gibt es zudem eine bemerkenswerte Parallele in der individuellen Erschaffung des Augustinus: seine körperliche Bildung für die Existenz in diesem zeitlichen Licht und die Vorbereitung für die Geburt zum ewigen Licht fand im Mutterleib Monnicas statt. (96) In dem Gedanken, den die Seele des Augustinus hier "geboren" hat (anima parturit), ist eine Theologie in nuce der Anthropogenese enthalten.

V

In einer Anmerkung zu Confessiones 12,11,12 in seiner Übersetzung weist Hans Urs von Balthasar bezüglich der intellectualis creatura des Augustinus auf die Nähe zum "Weltbild des Origenes" hin. Dann fährt er fort: "Es wäre verkehrt, Augustinus nach genaueren Bestimmungen zu fragen. Hätte er ein Jahrtausend später gelebt, so wäre der Gedanke an die ‘Unbefleckte Empfängnis’ nahegelegen." (97) Es ist noch etwas mehr als ein Jahrtausend hingegangen, bevor der Begriff, im Jahre 1858, in der rätselhaften Vision eines südfranzösischen Mädchens auftauchte. Dazwischen liegt eine im theologischen Denken, der Volksreligion, der Kunst greifbare Geschichte der dem Begriff zugrunde liegenden Sache. Von dieser Geschichte wollen wir jetzt noch einige Stationen in Erinnerung rufen.


Um die Mitte des 9. Jahrhunderts wirkte der wohl bedeutendste Denker des Karolingischen Zeitalters, Johannes Scottus Eriugena, als Lehrer an der Domschule von Laon.(98) Er war Platoniker, war aber auch von Augustinus tief beeinflußt. Zu Beginn seines Hauptwerkes Peri physeon (99) spricht er über Einteilung und Differenzen der verschiedenen Naturen des geschaffenen Seins. An oberster Stelle, in unmittelbarer Nähe Gottes, steht die intellectualis virtus. Den untersten Rang bei den geistigen Kreaturen nimmt der Teil der Seele ein, der im Körper für Nahrung und Wachstum (Vermehrung) sorgt. Darunter steht dann noch die Ordnung der Körper. Die intellectualis virtus identifiziert Eriugena mit dem höchsten Engel. (100) Die Auslegungen der verschiedenen Exegeten von Gen 1,1 sind ihm (wohl aus De Genesi ad litteram des Augustinus) bekannt. Ihm selbst ist die Deutung am wahrscheinlichsten, daß mit "Himmel" und "Erde" die Erstursachen der gesamten Schöpfung gemeint seien, die Gott Vater in seinem eingeborenen Sohn, der "principium" genannt wird, erschaffen hat; dabei ist "Himmel" die Bezeichnung für die Ursache der geistigen Dinge und der himmlischen Wesenheiten, mit "Erde" wird die Ursache der sinnlich wahrnehmbaren Dinge bezeichnet, aus denen die Gesamtheit dieser körperlichen Welt besteht. (101) Unter caelum versteht Eriugena also den Ursprung der geistigen Geschöpfe. Obwohl er ein ausgezeichneter Kenner des Augustinus ist, ist von dessen individueller Deutung der intellectualis creatura nicht mehr viel übrig geblieben.


Die Theologen des Hochmittelalters sind dem heiligen Augustinus nicht in der Annahme einer spiritalis creatura als erstem Geschöpf und dessen Identifikation mit dem "Himmel" von Gen 1,1 gefolgt. Sowohl Thomas von Aquin (102) als auch Johannes Duns Scotus (103) haben in den Engeln die Gott am nächsten stehenden Kreaturen gesehen.


Ein anderes Bild ergibt sich in den Schriften der mittelalterlichen Mystikerinnen, vor allem Hildegards von Bingen (1098-1179), zu ihrer Zeit auch als "die Prophetin vom Rupertsberg" bekannt. Was Umfang und Qualität des von ihr hinterlassenen Werkes betrifft, ist sie die bedeutendste religiöse Schriftstellerin des 12. Jahrhunderts und des gesamten Mittelalters. (104) Sie war eine der größten christlichen Mystikerinnen und die wohl tiefste theologische Denkerin der christlichen Religionsgeschichte. Es sollen hier nur einige von den Gedanken ihrer profunden Schöpfungstheologie skizziert werden, in der sie sich als kongeniale Schülerin des heiligen Augustinus zeigt. Der Höhepunkt ihrer biblischen Theologie ist in ihrem Alterswerk, dem "Buch von den Werken Gottes" dokumentiert. (105) Sowohl die Schilderungen der betreffenden Visionen als auch die dazu gehörenden Miniaturen geben einen tiefen Einblick in die Schöpfungstheologie und das Weltbild der Prophetin. Im Rahmen der Beschreibung der vierten Vision des ersten Buches gibt Hildegard eine Auslegung des Johannes-Prologs: (106)

Dies tue ich, der Uralte [antiquus dierum: Dan 7,9.13.22; vgl. Apoc 4,2f.], denn durch mein Wort, das ohne Anfang beständig in mir war und ist, ließ ich einen großen Leuchtenden hervortreten, und mit ihm zahhlose Funken, nämlich die Engel … Als Gottes Wort ertönte, da rief es alle Kreatur, die vor der Zeit in Gott vorgeordnet und bereit war, und durch seine Stimme wurde alles zum Leben erweckt.


In der folgenden Vision, der ersten des zweiten Buches, wird eine Auslegung des Schöpfungsberichts der Genesis gegeben; (107) es ist eine der tiefsten meditativen Erklärungen, die der Anfang der Bibel in der Auslegungsgeschichte erfahren hat.

"Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde." Das ist folgendermaßen zu betrachten: Im Anfang, das heißt, am Beginn aller Dinge, die im Wissen Gottes waren, so wie sie einmal werden sollten, erschuf Gott, das heißt, er ließ durch sich selbst hervorgehen, den Himmel und die Erde, nämlich die Materie (den Stoff) aller himmlischen und irdischen Kreaturen; den Himmel, das ist die lichtvolle Materie, und die Erde, das ist die trübe Materie. Und diese beiden Materien wurden zugleich geschaffen und erschienen in einem Kreis. Dieser Kreis ist die Macht Gottes im Himmel und auf Erden. Aus der Helligkeit, welche die Ewigkeit ist, erstrahlte die erwähnte lichtvolle Materie wie ein intensives Licht, und dieses gleiche Licht leuchtete auf die trübe Materie hinab.


In ihrer Antiphon "O splendidissima gemma" identifiziert Hildegard die "lucida materia", die lichtvolle Urmaterie mit Maria. Maria ist also mit dem von Gott im Anfang, vor der Zeit, geschaffenen "Himmel" gemeint. (108) Wie die amerikanische Forscherin Barbara Newman zutreffend festgestellt hat, ist die Mutter Gottes das Herz von Hildegards Theologie des Weiblichen. Die Seherin von Bingen ignorierte jedoch vollständig die neuen Strömungen, wie sie in den Werken ihrer Zeitgenossen, eines Rupert von Deutz, Honorius von Regensburg, Bernhard von Clairvaux greifbar werden. Sie war an den menschlichen Zügen der Mutter Christi: ihrer Geburt, Kindheit, Mutterschaft, ihren Schmerzen, so wenig interessiert wie an der Psychologie Evas. "Beide Frauen sind überlebensgroß und keine Individuen, sondern kosmische Erscheinungen des Weiblichen, und der Sinn des Weiblichen ist es, Gott in der Welt zu manifestieren." (109) Präziser im Sinne Hildegards wäre es vielleicht, zu sagen: Gott in die Welt zu bringen - und die Welt zu Gott. In der fünften Vision des dritten Teils des "Buches der Werke Gottes" sieht Hildegard ein großes Rad, das Gott darstellt, "der ohne Anfang und Ende, jedoch sanft in seinen Werken und zu jeglichem Guten bereit" ist. In der Mitte des Rades befindet sich die sitzende Gestalt der Caritas, und zwar deshalb, "weil in jener Vollkommenheit, durch die Gottes Macht sich alles unterwirft, die Liebe dem Willen Gottes gewissermaßen in Ruhe (quiescendo) verbunden ist; denn die Liebe erfüllt jeglichen Willen Gottes". Die Caritas hat vor ihren Augen eine kristallklare Tafel: "weil sich vor dem Blick der Liebe Gottes Vorherwissen zeigt, denn die Liebe und das Vorherwissen Gottes stimmen vollständig überein". (110) Der Kristall in den die Caritas hineinschaut, ist so etwas wie das himmlische Buch, aus dem sie die praescientia Dei lesen kann.


Von einer Vision der Caritas in der Gestalt eines überaus schönen Mädchens berichtet Hildegard auch dem Abt des Cistercienser-Klosters Ebrach in Franken. Das Mädchen sagte zu dem saphirblauen Bild eines Menschen, das auf ihrer Brust erschien, den Vers aus dem 109. Psalm: "Dein ist die Herrschaft am Tage deiner Kraft im Glanze der Heiligen; ich habe dich aus meinem Mutterleib hervorgebracht noch vor dem Lucifer." (111) Die erläuternde Stimme erklärt der Seherin:

Das Mädchen hier, das du siehst, ist die Liebe, die in der Ewigkeit ihre Wohnung hat. Denn als Gott die Welt erschaffen wollte, da beugte er sich in überaus zärtlicher Liebe herab, und er sah alles Notwendige voraus, so wie ein Vater, der für seinen Sohn das Erbe vorbereitet. Und so ordnete er alle seine Werke in großer Liebesglut. Da erkannte das Geschöpf (creatura) in diesen seinen Bildern und Gestalten seinen Schöpfer; denn die Liebe war am Anfang die Materie ebendesselben Geschöpfes, sobald Gott sagte: "Es werde, und es ward" [Gen 1,3]. Denn jegliches Geschöpf wurde gewissermaßen in einem Augenblick durch sie geschaffen.


Dies ist eine der zentralen Stellen, an denen Hildegard von der Jungfrau als dem geistigen Geschöpf spricht, das nach Texten alttestamentlicher Weisheitsliteratur (Prov 8,22 und Sir 24,14) von Gott "am Anfang seiner Wege" geschaffen wurde, ein Zwischenwesen, das als Geschöpf Anteil an der Ewigkeit hat. Als "lebendiges Licht", das sich im geheimen Zentrum der Gottheit befindet, übermittelt es der Seherin die Kraft, die der alten Frau das Lebensgefühl eines jungen Mädchens gibt. (112) Die klare Schau des Vorgangs der Vermittlung ist dagegen den Engeln der höchsten Ordnung vorbehalten. In ihrem Hymnus an die Engel singt Hildegard die Cherubim und Seraphim als "Siegel der Geheimnisse Gottes" an: (113)


Und ihr, Cherubim und Seraphim,
Siegel der Geheimnisse Gottes,
Lob sei euch,
Die ihr den Ort des ewigen Herzens
Im Ursprung anschaut.
Denn ihr seht
Die innere Kraft des Vaters,
Die von seinem Herzen her atmet,
Wie ein Angesicht.
Lob sei euch,
Die ihr den Ort des ewigen Herzens
Im Ursprung anschaut.


Das "ewige Herz" - "the everlasting heart" (Barbara Newman) - ist das Innerste des ewigen Vaters, das Zentrum der Gottheit, die Caritas. Das antiquum cor ist aber zugleich auch das Herz Hildegards, das am Geheimnis des Ursprungs der Schöpfung und Inkarnation teilhat, ohne es - wie die Seraphim - zu durchschauen.


Zu Beginn des Jahres 1623, mitten im Dreißigjährigen Krieg, schloß der Görlitzer Schuhmacher und Denker Jakob Böhme sein Werk Von der Gnadenwahl ab. Wir erwähnen das Buch hier als Zeugnis für das Weiterleben der Gedanken, die Hildegard bewegten, über ein halbes Jahrtausend hin und bringen dafür nur ein einziges Zitat: (114)

Und wird das Herze der Sitz des ewigen Willens Gottes geheißen, da sich der Ungrund in einem Grunde besitzet, welches die einige Stätte Gottes ist, und doch in keiner Teiligkeit oder Schiedlichkeit, denn es ist nichts davor, damit es möchte gegleichet werden. Dieses Herze oder Zentrum des Ungrundes ist das ewige Gemüte, als des Wollens, und hat doch nichts vor ihm, das es wollen kann als nur den einigen Willen, der sich in dieses Zentrum einfasset.


Wie Hildegard bewegte sich Jakob Böhme am Rande der kirchlichen Rechtgläubigkeit, und den Amtsträgern der lutherischen Kirche seiner Zeit galt er als Ketzer.


Der Begriff "das ewige Herz" und die Sache, die damit gemeint ist, kommt dann um die Wende des 18. Jahrhunderts in einer der zahlreichen Varianten des Schlusses von Friedrich Hölderlins Hymne Wie wenn am Feiertage vor:

Und tief erschüttert, eines Gottes Leiden
Mitleidend, bleibt das ewige Herz doch fest.


Norbert von Hellingrath, der die erste kritische Gesamtausgabe der Werke Hölderlins initiierte, hat diese Lesart als maßgeblichen Text abgedruckt. (115) Martin Heidegger hat die Fassung Hellingraths seiner Interpretation des Gedichts zugrundegelegt. (116) Nach Heidegger ist der Begriff "das ewige Herz", der bei Hölderlin nur an dieser Stelle vorkommt, gleichbedeutend mit dem "Heiligen", von dem vorher in dem Gedicht die Rede ist. Wahrscheinlicher ist die Deutung, daß das Herz der Dichter gemeint ist, die, unter "Gottes Gewittern" stehend, eine vermittelnde (priesterliche) Stellung einnehmen.


Hildegard von Bingen fand im 13. Jahrhundert würdige geistige Nachfolgerinnen in Mechthild von Magdeburg und den Cistercienserinnen von Helfta: der Äbtissin Gertrud, ihrer Schwester Mechthild von Hackeborn und Gertrud der Großen. (117) Mechthild von Magdeburg empfängt ihre Offenbarungen, die sie in einem Buch festhält, mit den Ohren ihres ewigen Geistes: (118)

Ich will und kann nicht schreiben, wenn ich es nicht mit den Augen meiner Seele sehen und mit den Ohren meines ewigen Geistes hören und in allen Gliedern meines Leibes die Kraft des Heiligen Geistes empfinden würde.


Die vom ewigen Gott ausgehende Wahrheit kann Mechthild aufnehmen, weil sie selbst einen "ewigen Geist" besitzt. In einer ihrer Visionen wird sie bis in die Nähe des Thrones Gottes geführt. Dort erblickt sie die Mutter Gottes: (119)

An dem Thron steht unsere Frau Sankt Marie; die braucht keine Lücke zu füllen, denn sie hat mit ihrem Kinde geheilt aller Menschen Wunden, die diese Gnade gesucht haben und sie behalten wollten und konnten. Ihr Sohn ist Gott, und sie ist Göttin. Ihr kann niemand gleichkommen.


Unsere Liebe Frau füllt nicht, wie die anderen Seligen, die Lücke eines gefallenen Engels aus. Als Erlöserin der Menschheit und Göttin hat sie ihren "Ort" von jeher im Bereich der Gottheit. Dies ist, so weit ich sehe, das erste Mal im Mittelalter, daß Maria als "Göttin" bezeichnet wird. In der Neuzeit hat es Goethe, im gedichteten mittelalterlichen Kontext, am Ende des zweiten Teiles seines Faust wiederaufgenommen. Der Doctor Marianus betet dort zu der "Himmelskönigin:

Jungfrau, rein im schönsten Sinn,
Mutter, Ehren würdig,
Uns erwählte Königin,
Göttern ebenbürtig.


Und nochmals, am Ende, "auf dem Angesicht anbetend": (120)

Jungfrau, Mutter, Königin,
Göttin, bleibe gnädig!


Die Himmelsszene im Faust hat Goethe in Anlehnung an Dantes Paradiso geschrieben. Der Doctor Marianus ist der heilige Bernhard von Clairvaux, der in den Gesängen 31-33 an die Stelle von Beatrice getreten ist. Er betet die "Himmelskönigin" nicht als Göttin an, sie hat aber im ewigen Heilsplan ihren (für die erlösungsbedürftigen Menschen) unumgänglichen Ort: (121)

O Jungfrau, Mutter, Tochter deinem Sohne,
Der nichts an Demut, nichts an Hoheit gleich,
Du, ewigen Heilsbeschlusses Ziel und Krone! …
Herrin, du bist so groß, vermagst so viel:
Wer Gnade heischt und nicht zu dir will kommen,
Will fliegen ohne Flügel an sein Ziel!


Im Spätmittelalter ist die Bezeichnung der Madonna als "Göttin" gar nicht selten. Es ist in einem als Te Deum Marianum bezeichneten Hymnus der Fall. (122) Der französische Balladensänger François Villon (um 1431 - nach 1463) redet, in einer Fürbitte für seine Mutter, die "Königin des Himmels und der Erde" (Dame des cieulx, regente terrienne) als "Hohe Göttin" an: (123)


La joye avoir me fay, haulte Deesse,
A qui pecheurs doivent tous recourir.


Rainer Maria Rilke übersetzt die Verse: (124)


Laß die Freude mein sein, hohe Göttin,
die die Zuflucht sein soll aller Sünder.


Auch der italienische Humanist Francesco Petrarca wagt es, in seiner um 1368 entstandenen Canzone Vergine bella, che, di sol vestita, der Madonna den Titel "Göttin" zu verleihen: (125)


Himmelsherrin, du unsere Göttin,
(Wenn man so sagen darf),
Hochgemute Jungfrau,
Du siehst das All, und was sonst niemand kann,
Bedeutet gar nichts deiner großen Kraft.
Mach meinem Schmerz ein Ende,
Daß dir die Ehre, mir das Heil entstehe.


Der in dem Museum Unterlinden in Colmar aufbewahrte Isenheimer Altar, den der historisch kaum faßbare Maler Matthias Grünewald am Vorabend der Reformation für das Antoniter-Kloster in dem kleinen elsässischen Dorf Isenheim gemalt hat, gehört zu den großen deutungslosen Kunstwerken des ausgehenden Mittelalters. (126) Als das rätselhafteste aller Bilder des Altars gilt die Geburt Christi (so genanntes Weihnachtsbild) mit dem Engelskonzert. "Es gibt kein Bild im Isenheimer Altar, dem mehr Versuche einer Deutung gewidmet wurden." (127) Die beiden genannten Szenen sind auf dem mittleren Altarbild, das bei der ersten Öffnung des Retabels sichtbar wurde, vereinigt. Das Orchester der Engel ist in einer Art Schrein, einer gotischen Vorhalle (Narthex) oder Kapelle, versammelt, die von links in die Szene mit der Geburt Christi hineinragt. Auf den dazu gehörenden Seitentafeln sind links die Verkündigung, rechts die Auferstehung Christi dargestellt.


In den musizierenden Engeln ist die reine geistige Schöpfung unmittelbar vor dem Sündenfall repräsentiert. Die Engel spielen heute nicht mehr bekannte Saiteninstrumente: das des Engels im Vordergrund außerhalb der Kapelle ist eine Bass-Viola; der rote Cherub in der ersten Reihe spielt eine Viola da braccia. Die merkwürdigste Erscheinung von allen ist der grau-grüne gefiederte Engel; er spielt eine Tenor-Gambe. (128) Er wird als späterer Geist der Finsternis gedeutet, der dabei ist, Mißtöne hervorzubringen. (129) Auf seinen bevorstehenden Herausfall aus der Symphonie der Himmelsgeister deutet auch der winzige kurzhaarige, giftig-grün gefärbte Engel unmittelbar hinter ihm hin: in ihm hat das Böse bereits konkrete Gestalt angenommen. (130)


Der Chor der Engel wird angeführt von der Himmelskönigin (Regina angelorum) oder "Unbefleckten Empfängnis", die sich, vom Glanz der Ewigkeit umstrahlt, aus ihrer vorzeitlichen Welt der geschichtlichen Menschwerdung und ihrem zeitlichen Abbild zuwendet. Das extreme Gegenbild der reinen Schöpfung hat der Maler auf der rechten Seite des vollständig geöffneten Retabels in der Versuchung des heiligen Antonius dargestellt: hier ist das vollständige Chaos ausgebrochen, die Weltherrschaft der Dämonen, in der der Erlöser abwesend zu sein scheint (131) und der Mensch vom Untergang bedroht ist.


Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzte in Frankreich eine Welle von Marienerscheinungen ein. Die kirchlichen Behörden waren vor allem um die Untersuchung von deren "Echtheit" bemüht, das heißt, ob den berichteten Vorgängen tatsächliche ("übernatürliche") Ereignisse zugrundelagen. Im Volk konzentriert sich das Interesse auf die an den neu entstandenen Wallfahrtsorten angeblich geschehenden Heilungswunder. Die verbale Botschaft der betreffenden Erscheinungen, wenn es denn eine gibt, wird so gut wie überhaupt nicht beachtet. (132) Eine solche, aus wenigen Sätzen bestehende, Botschaft (message, grande nouvelle) teilte am 19. September 1846 die Erscheinung einer "schönen Dame" (belle dame) in der Nähe des Dorfes La Salette in den französischen Alpen, inmitten einer grandiosen, "mystischen" Berglandschaft, zwei armen Hirtenkindern, Mélanie Calvat und Maximin Giraud, mit. (133) Der Inhalt der Botschaft besteht im wesentlichen darin, daß die Störung der Naturabläufe mit ihren fatalen Folgen für die Ernährung und die Gesundheit der Menschen eine Folge der gestörten (kultischen) Beziehung zu Gott ist, dessen Stelle die Dame einnimmt:


Ich habe euch sechs Tage zum Arbeiten gegeben,
für mich habe ich den siebenten aufbewahrt,
und man will ihn mir nicht lassen.
Das macht die Hand meines Sohnes so schwer.


Wie die "schöne Dame" von La Salette hat auch die Dame von Lourdes, die im Jahre 1858 insgesamt achtzehnmal der damals vierzehnjährigen Bernadette Soubirous erschien, eine Botschaft hinterlassen. (134) Sie besteht aus einem einzigen Satz, den die Dame bei ihrer sechzehnten Erscheinung, am Donnerstag, dem 25. März (Mariae Verkündigung) 1858, dem Mädchen auf dessen dreimalige Bitte, ihren Namen zu nennen, mitteilte:

Que soy l’Immaculée Counceptiou.


In dem in der Mundart der Gegend von Lourdes gesprochenen Satz steht mittendrin das hochfranzösische Wort "l’Immaculée". "Ich bin die Makellose Empfängnis." In der Botschaft, die Bernadette gehört hatte, wird der abstrakte Begriff "Empfängnis" mit der Dame identifiziert. Nach Meinung damaliger und heutiger Theologen hat sich die Erscheinung theologisch nicht korrekt ausgedrückt. Sie müßten aber doch wissen, daß etwa im Johannes-Evangelium in ähnlicher Weise Begriffe personalisiert werden, wenn Jesus sagt: "Ich bin die Auferstehung und das Leben" (Joh 11,25); "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6). Es ist bemerkenswert, daß Bernadette auch nach der sechzehnten Erscheinung und offenbar bis zu ihrem Lebensende bezüglich der Identität des sich offenbarenden Wesens ihre Zweifel hatte. Über lange Zeit sprach sie nur von "aqueró": "das da". (135) In einem Gespräch, das Bernadette am 8. Dezember 1876 mit ihrer Mitschwester Charlotte de Vigouroux in dem Kloster von Nevers führte, in das man sie als Schwester Marie-Bernard weggeschlossen hatte, sagte sie, ihr erster Gedanke nach der Offenbarung des Namens sei gewesen, daß diejenige, die sich "Immaculée Counceptiou" genannt hatte, gar nicht die Jungfrau Maria war. Das Bild, der Gestalt gewordene Gedanke, der in das Bewußtsein der Seherin trat, ist, nach Lage der Quellen, in der Tat nicht mit der "historischen" Maria zu verwechseln. Durch die Identifizierung des abstrakten Begriffs "Empfängnis" mit der Dame wird diese als geistiges Wesen charakterisiert. Als "Unbefleckte" oder "Makellose" ist die Erscheinung eine überzeitliche Realität jenseits des "Sündenfalls".


Um die Mitte des 20. Jahrhunderts hat dessen vermutlich größter Theologe, der Jesuit Wilhelm Klein (24. März 1889 - 7. Januar 1996), (136) in der aparche von Rom 8,23 "die Mutter Gottes in uns", "die Immaculata", "die Assumpta" erkannt. (137) Seine tiefgründigen Vorträge, die er in den Jahren 1958-1961 in dem römischen Collegium Germanicum-Hungaricum gehalten hat, sind, entgegen dem eigenen Vernichtungswillen, erhalten geblieben. Die Erinnerung an seine Auslegung der drei letzten Bücher der Confessiones, in der er in der spiritalis creatura die Mater Dei und Immaculata Conceptio sah, lebt nur noch im Gedächtnis einiger alter Männer weiter, die damals seine Schüler waren.


Augustinus hat die intellectualis creatura nicht mit Maria identifiziert, so wenig es Paulus mit der aparche getan hatte. Aber als virtuelle, geistige Gestalt ist die Immaculée Counceptiou seit seiner Zeit bis in die Gegenwart im christlichen Denken untergründig präsent. Am Schluß unserer Erwägungen soll ein Zitat stehen, das viel älter ist als Augustinus, älter auch als das Christentum und der christliche Teil der Religionsgeschichte; es stammt aus dem Tao des Lao Tse (6. Jahrhundert v. Chr.): (138)


Der Anfang des Universums
ist die Mutter aller Dinge.
Wer die Mutter versteht,
versteht auch ihre Kinder.
Die Kinder verstehen
und doch in Kontakt bleiben
mit der Mutter -
so begegnet man bis zum Tod
keiner Gefahr.

 

 

(1) *Piae memoriae Wilhelm Klein SJ (1889-1996).
(2) De Genesi contra Manichaeos, ed. Dorothea Weber (CSEL 91), Wien 1972; vgl. Retractationes 10: S. Aurelii Augustini Retractationum libri duo, ed. Almut Mutzenbecher (CC 57), Turnhout 1984; Sant’Agostino: Le Ritrattazioni. Testo latino dell’edizione Maurina confrontato con il Corpus Christianorum. Introduzione generale di Goulven Madec. Traduzione, note e indici di Ubaldo Pizzani, Roma 1994.
(3) De Genesi ad litteram liber imperfectus: MPL 34/1,219-246.
(4) Sancti Augustini Confessionum Libri XIII quos post Martinum Skutella iterum edidit Lucas Verheijen (CC 27), Turnhout 1981.
(5) De Genesi ad litteram libri duodecim: MPL 34/1,245-486; rec. Iosephus Zycha: CSEL 28/1, Wien u.a. 1894.
(6) Sancti Aurelii Augustini Episcopi De Civitate Dei Libri XXII. Recognoverunt Bernardus Dombart et Alfonsus Kalb. 2 Bde., Darmstadt #’51981.
(7) Aurelius Augustinus: Die Bekenntnisse. Vollständige Ausgabe. Übertragung, Einleitung und Anmerkungen von Hans Urs von Balthasar, Einsiedeln-Trier #’21988, 24; vgl. auch Ders: Das Ganze im Fragment. Aspekte der Geschichtstheologie, Einsiedeln 1963, 25-30.
(8) "Ipsa enim creatura intellectualis potest dici principium iis quibus caput est, quae fecit Deus": De Gen. ad litt. imperf. lib. 3,6 (MPL 34/1,222).
(9) "Et fortasse quod quaerunt homines, quando Angeli facti sunt, ipsi significantur hac luce, brevissime quidem, sed tamen convenientissime et decentissime": ebd. 5,21 (MPL 34/1,228).
(10) "Et quid est lux ipsa, quae facta est? Utrum spiritale quid an corporale? Si enim spiritale, potest ipsa esse prima creatura iam hoc dicto perfecta quae primo caelum appellata est, cum dictum est: ‘In principio fecit Deus caelum et terram’: ut quod ‘dixit Deus: Fiat lux , et facta est lux’, eam revocante ad se creatore, conversio eius facta atque illuminata intellegatur": De Gen. ad litt. 1,3 (MPL 34/1,248f.; CSEL 28/1,7).
(11) "Quod ergo dixit Deus: ‘Fiat lux, et facta est lux’, in aliquo die dixit, an ante omnem diem? Si enim Verbo sibi coaeterno dixit, hoc utique intemporaliter dixit; si vero temporaliter dixit, non Verbo sibi coaeterno, sed per aliquam dixit creaturam temporalem; ac per hoc non erit prima creatura lux, quia iam erat per quam temporaliter diceretur: ‘Fiat lux.’ Atque illud ante omnem diem fecisse intelligitur, quod dictum est: ‘In principio fecit Deus coelum et terram’, ut coeli nomine intelligatur spiritualis iam facta et formata creatura, tanquam coelum coeli huius, quod in corporibus summum est. Secundo enim die factum est firmamentum, quod rursus coelum appellavit. Terrae autem nomine invisibilis et incompositae, ac tenebrosa abysso, imperfectio corporalis substantiae significata est, unde temporalia illa fierent, quorum prima esset lux": ebd. 1,9 (MPL 34/1,251f.; CSEL 28/1,11f.).
(12) Conf. 11,8,10 - 9,11; Joh 8,25: "Dicebant ergo ei: Tu quis es? Dixit eis Iesus: Principium, quia et loquor vobis."
(13) "Videant itaque nullum tempus esse posse sine creatura et desinant istam vanitatem loqui. Extendantur etiam ‘in ea, quae ante sunt’ [Phil 3,13], et intellegant te ante omnia tempora aeternum creatorem omnium temporum neque ulla tempora tibi esse coaeterna nec ullam creaturam, etiamsi aliqua supra tempora" (Conf. 11,30,40).
(14) "Et ideo plerumque in sermone copiosa est egestas humanae intelligentiae, quia plus loquitur inquisitio quam inventio" (Conf. 12,1,1). Zum Stand der Forschung über die Confessiones s. vor allem Pierre Courcelle: Recherches sur les Confessions de Saint Augustin, Paris #’21968; Wolf Steidle: Augustins Confessiones als Buch (Gesamtkonzeption und Aufbau), in: Gerhard Wirth u.a. (Hrsg.): Romanitas - Christianitas. Untersuchungen zur Geschichte und Literatur der römischen Kaiserzeit. Johannes Straub zum 70. Geburtstag am 18. Oktober 1982, Berlin-New York 1982, 436-527; Erich Feldmann: Literarische und theologische Probleme der Confessiones, in: Cornelius Mayer und Karl Heinz Chelius (Hrsg.): Internationales Symposion über den Stand der Augustinus-Forschung (Cassiciacum 39/1), Würzburg 1989, 27-45.
(15) "Il faut suivre pas à pas le texte si l’on veut saisir le sens de la formule et sa portée dans l’esprit d’A[ugustin]" (A. Solignac: Caelum caeli, in: Augustinus-Lexikon. Hrsg. von Cornelius Mayer. Vol. 1, Basel 1986-1994, 702-704).
(16) "Sed ubi est ‘caelum caeli’, domine, de quo audivimus in voce psalmi: ‘caelum caeli domino: terram autem dedit filiis hominum’ [Ps 113,23]?" (Conf.12,2,2); s. auch nächste Anm.
(17) "Quod ‘firmamentum’ vocasti ‘caelum’, sed caelum terrae huius et maris, quae fecisti tertio die dando speciem visibilem informi materiae, quam fecisti ante omnem diem. Iam enim feceras et caelum ante omnem diem, sed ‘caelum caeli’ huius, quia ‘in principio’ feceras ‘caelum et terram’" (Conf. 12,8,8).
(18) Conf. 12,9,9.
(19) "Credidi libris tuis, et verba eorum arcana valde" (ebd. 10,10). Für Augustinus gibt es also keine "claritas scripturae" im lutherischen Sinn.
(20) Conf. 12,11,12.
(21) Ebd. 11,13; Ps 24,4: "Unam petii a Domino, hanc requiram, ut inhabitem in domo Domini omnes dies vitae meae." Weitere Nennungen des "Hauses": "tua domus quae peregrinata non est" (Conf. 12,11,13); "domus dei non terrena neque ulla caelesti mole corporea" (ebd. 15,19); "domus dei, non quidem deo coaeterna, sed tamen secundum modum suum ‘aeterna in caelis’ [2 Cor 5,1]" (ebd. 15,20); "aeterna domus dei" (ebd. 17,25).
(22) "Hoc interim sentio, deus meus, cum audio loquentem scripturam tuam: ‘In principio fecit deus caelum et terram …’, neque commemorantem, quoto die feceris haec, sic interim sentio propter illud ‘caelum caeli’, caelum intellectuale, ubi est intellectus nosse simul, non ‘ex parte’, non ‘in aenigmate’, non ‘per speculum’, sed ex toto, in manifestatione, ‘facie ad faciem’ [1 Cor 13,12]; non modo hoc, modo illud, sed, quod dictum est, nosse simul sine ulla vicissitudine temporum" (ebd. 13,16).
(23) "Mira profunditas eloquiorum tuorum quorum ecce ante nos superficies blandiens parvulis: sed mira profunditas, deus meus, mira profunditas!" (ebd. 14,17).
(24) "Quid igitur? An illud negatis, sublimem quandam esse creaturam tam casto amore cohaerentem deo vero et vere aeterno, ut quamvis ei coaeterna non sit, in nullam tamen temporum varietatem et vicissitudinem ab illo se resolvat et defluat, sed in eius solius veracissima contemplatione requiescat, quoniam tu, deus, diligenti te, quantum praecipis, ostendis ei te et sufficis ei, et ideo non declinat a te nec ad se? Haec est ‘domus dei’ [Gen 28,17] non terrena neque ulla calesti mole corporea, sed spiritalis et particeps aeternitatis tuae, quia sine labe in aeternum. ‘Statuisti enim eam in saeculum et in saeculum saeculi’; praeceptum posuisti ‘et non praeteribit’ [Ps 148,6]. Nec tamen tibi coaeterna, quoniam non sine initio: facta est enim" (ebd. 15,19).
(25) "Non caeli nomine spiritalem vel intellectualem creaturam semper faciem dei contemplantem significavit, nec terrae nomine informem materiam … ‘Nomine’ aiunt ‘caeli et terrae totum istum visibilem mundum prius universaliter et breviter significare voluit, ut postea digereret dierum enumeratione quasi articulatim universa, quae sancto spiritui placuit sic enuntiare’" (Conf. 12,17,24); vgl. auch De Gen. ad litt. 1,3,8: "Utrum prius universaliter nomine caeli et terrae conprehendendum erat et commendandum, quod fecit deus, et deinde per partes exequendum, quomodo fecit …?" (CSEL 28/1,7).
(26) Vgl. Claus Westermann: Genesis. 1. Teilband. Genesis 1-11 (Biblischer Kommentar Altes Testament 1/1), Neukirchen-Vluyn 1974, 131: "Dieser Satz 1,1 ist dann nicht eigentlich Anfang des Schöpfungsberichtes, sondern eine die Erzählung in einen einzigen Satz fassende Überschrift, die aber mehr ist als bloße Überschrift …"; ebd. 135: "Was die Erzählung dann entfalten wird, ist alles in diesem Satz enthalten; daß die Schöpfung Gottes Werk ist, ist das Erste und Letzte, was von ihr zu sagen ist."
(27) Conf. 12,15,20.
(28) Ebd. 16,23.
(29) Ebd. 15,21.
(30) É. Gilson: Introduction à l’étude de Saint Augustin, Paris 1929 (#’41969. 1987), 254: "Le ciel dont parle le premier verset de la Genèse désigne une matière spirituelle complètement et définitivement formée depuis le moment même de sa création, en un mot, les Anges. Créés, donc non coéternels à Dieu, les Anges conportent un substrat matériel et muable, ainsi que tout autre créature, mais la douceur de la contemplation béatifique fixe pour ainsi dire leur mutabilité naturelle et les attache inébranlablement à Dieu. Immuables de fait, en vertu de leur béatitude même, ils sont soustraits au changement et ne tombent par conséquent pas dans l’ordre du temps, mais, mobiles par nature, ils ne s’élèvent cependant pas jusqu’à l’éternité"; ebd. Anm. 5: "Cette interprétation est présentée parmi les diverses interprétations possibles dans le De Genesi ad litt. 1,1,3 …; c’est elle seule qui se trouve retenue dans les Confessions. Cfr. De Genesi ad litt. 9,21,38."
(31) R. Arnou: Le thème néoplatonicien de la contemplation créatrice chez Origène et chez S. Augustin. Gregorianum 13 (1932), 124-136; ebd. 131f.: "Si l’on veut conserver dans ses termes mêmes la théorie néoplatonicienne, il faut en faire l’application, non pas au Fils de Dieu, mais à une nature qui, d’abord imparfaite, a reçu sa forme, en se tournant vers son Créateur ‘ex informitate formata’. C’est ce qu’a fait S. Augustin. Les Confessions, les Commentaires sur la Genèse, en interprétant la sainte Ecriture, exposent les conditions dans lesquelles fut produit cette ‘première créature spirituelle ou intellectuelle’, en qui il faut reconnaître la nature angélique … La créature ‘spiritualis et intellectualis, vel rationabilis’, qui paraît être, dit S.Augustin, la plus rapprochée du Verbe, et qu’il identifie avec le ciel des Anges, est une transposition de l’intelligence plotinienne."
(32) J. Guitton: Le temps et l’éternité chez Plotin et Saint Augustin, Paris 1933. #’41971, 183: "La créature angélique n’est pas coéternelle à Dieu. Elle est créature, donc muable, - au moins en puissance. Mais la tendance qu’elle avait pour le changement est sans cesse refrénée en elle par la douceur d’une contemplation bienheureuse. L’attachement continu à Dieu, en conférant la béatitude, délivre l’âme de la vicissitude des temps: en droit les anges pourraient attendre, ils pourraient se souvenir, mais en fait le bonheur de leur vision les a fixés. C’est ainsi que la connaissance parfaite dégage l’esprit de la durée."
(33) Aurelius Augustinus: Bekenntnisse. Mit einer Einleitung von Kurt Flasch. Übersetzt, mit Anmerkungen versehen und herausgegeben von Kurt Flasch und Burkhard Mojsisch, Stuttgart 1989, 432, Anm. 9 (zu Conf. 12,9,9): "Augustin spricht häufig von dieser geistigen Kreatur, und zwar stets so, daß dunkel bleibt, was er wirklich gemeint hat. Wahrscheinlich hat er an den reinen Geist gedacht, der allen nicht abgefallenen Engeln innewohnt." Ähnlich nimmt Johannes Brachtendorf in seinem eingehenden Kommentar zu den Confessiones an, mit caelum caeli sei "die Welt der Engel" gemeint, "jener geschaffenen Geistwesen, die Gott immer treu geblieben und nie ‘in die Fremde gegangen’ (11,13) sind"; es würde sich also demnach um ein Kollektiv, eine Pluralität geistiger Wesen handeln, die Gott unmittelbar schauen: Augustins ‘Confessiones’, Darmstadt 2005, 268f.
(34) Vgl. o. bei Anm. 19.20.
(35) Conf. 12,10,10. 14,17; s.o. Anm. 18. 22.
(36) J. Pépin: Recherches sur le sens et les origines de l’expression caelum caeli dans le livre XII des Confessions de S. Augustin. Archivum Latinitatis Medii Aevi (Bulletin Du Cange) 23 (1953), 185-274; wieder abgedruckt in Ders.: "Ex Platonicorum persona". Études sur les lectures philosophiques de saint Augustin, Amsterdam 1977, 39-130.
(37) Pépin: Recherches, 191.
(38) Pépin, o.c. 192-198; "Aux précédents arguments, il faut ajouter le fait que, dans le livre XII des Confessions, pas une fois Augustin ne parle d’anges à propos de caelum ou de caelum caeli; ce qui demeurerait tout de même surprenant s’il avait vu dans le ciel le monde angélique" (ebd. 197).
(39) "… duo reperio, quae fecisti carentia temporibus, cum tibi neutrum coaeternum sit: unum, quod ita formatum est, ut sine ullo defectu contemplationis, sine ullo intervallo mutationis, quamvis mutabile, tamen non mutatum aeternitate atque inconmutabilitate perfruatur" (Conf. 12,12,15).
(40) "Propter duo haec, primitus formatum et penitus informe, illud ‘caelum’, sed ‘caelum caeli’, hoc vero ‘terram’, sed ‘terram invisibilem et incompositam’, propter duo haec interim sentio sine commemoratione ‘dierum’ dicere scripturam tuam: ‘In principio fecit deus caelum et terram’" (ebd. 13,16).
(41) "Verum est nulla tempora perpeti quod ita cohaeret formae incommutabili, ut, quamvis sit mutabile, non mutetur" (ebd. 19,28).
(42) "Est adhuc quod dicat, si quis alius velit, non scilicet iam perfectas atque formatas invisibiles visibilesque naturas caeli et terrae nomine significari, cum legitur: ‘In principio fecit deus caelum et terram’, sed ipsam adhuc informem inchoationem rerum formabilem creabilemque materiam his nominibus appellatam" (ebd. 17,26).
(43) "aliud qui dicit: ‘in principio fecit deus caelum et terram’, id est in verbo suo sibi coaeterno fecit deus informem materiam creaturae corporalis, ubi confusum adhuc erat caelum et terra" (ebd. 20,29).
(44) "aliud qui dicit: ‘terra autem erat invisibilis et incomposita, et tenebrae erant super abyssum’, id est hoc totum quod caelum et terra appellatum est, adhuc informis et tenebrosa materies erat, unde fieret caelum corporeum et terra corporea cum omnibus quae in eis sunt corporeis sensibus nota" (ebd. 21,30).
(45) Pépin: Recherches, 200-204.
(46) "Quid te promeruerant, ut essent saltem informia, quae neque hoc essent nisi ex te?" (Conf. 13,2,2).
(47) "Aut quid te promeruit inchoatio creaturae spiritalis, ut saltem tenebrosa fluitaret similis abysso, tui dissimilis, nisi per idem verbum converteretur ad idem, a quo facta est, atque ab eo inluminata lux fieret, quamvis non aequaliter tamen conformis formae aequali tibi?" (ebd. 2,3).
(48) Pépin: Recherches, 201; "‘In principio fecit deus caelum et terram’, ut caeli nomine intellegatur spiritalis iam facta et formata creatura, tamquam ‘caelum caeli’ huius, quod in corporibus summus est. Secundo enim die factum est firmamentum, quod rursus caelum appellavit (De Gen. ad litt. 1,9; CSEL 28/1,12); "Creatura vero quamquam spiritalis et intellectualis vel rationalis, quae videtur esse illi verbo propinquior, potest habere informem vitam, quia non, sicut hoc est ei esse quod vivere, ita hoc vivere quod sapienter ac beate vivere. aversa enim a sapientia incommutabili stulte ac misere vivit, quae informitas est. formatur autem conversa ad incommutabile lumen sapientiae, verbum dei; a quo enim extitit, ut sit utcumque ac vivat, ad illum convertitur, ut sapienter ac beate vivat" (ebd. 1,5; CSEL 28/1,8f.).
(49) "la créature intellectuelle informe, c’est le ‘ciel’ du 1#’e#’r verset" (Pépin: Recherches, 217); "Car le ciel de la Genèse ne désigne pas une créature définitivement formée, mais l’état inchoatif de la matière première" (ebd. 273).
(50) "Sicut enim corpori non hoc est esse, quod pulchrum esse - alioquin deforme esse non posset - ita etiam creato spiritui non id est vivere, quod sapienter vivere: alioquin inconmutabiliter saperet" (Conf. 13,2,3); s. auch o. Anm. 46!
(51) "Malgré les tâtonnements du début, une conclusion s’impose donc à l’auteur du De Genesi ad litteram: il existe une créature intellectuelle, proche en dignité du verbe divin, mais douée d’une vie d’abord informe, car, pour elle, toute vie n’est pas forcément la vie bienheureuse; tant qu’elle se détourne de la sagesse, elle vit misérablement dans l’informité; mais elle reçoit l’information en se tournant vers elle, à qui elle doit déjà la vie ordinaire, et qui lui accorde maintenant la vie bienheureuse; cette Sagesse divine, qui est son principe (Ioh. 8,25), ne cesse d’ailleurs de lui parler par une inspiration secrète, et de l’exhorter à se tourner vers Dieu dont elle provient et hors de qui elle ne peut devenir parfaite" (Pépin: Recherches, 216).
(52) Pépin, o.c. 273.
(53) J.C.M. van Winden: Once again caelum caeli. Is Augustine’s Argument in Confessiones XII consistent? Augustiniana 41 (1991). Mélanges T.J. van Bavel, 905-911; van Winden nimmt damit die Auseinandersetzung mit Pépin in einem früheren Artikel wieder auf: The Early Christian Exegesis of ‘Heaven and Earth’ in Genesis 1,1, in: W. den Boer u.a. (Hrsg.): Romanitas et Christianitas. Studia Iano Henrico Waszink … XII lustra complenti oblata, Amsterdam-London 1973, 371-382.
(54) "Atque in eis, qui intellegunt ‘in principio’, quod in sapientia ‘fecisti caelum et terram’, … alius unam formatam eandemque spiritalem ‘caeli’ nomine, aliam informem corporalis materiae ‘terrae’ nomine" (Conf. 12,28,39).
(55) "An caelum intellegendum est creatura spiritalis ab exordio, quo facta est, perfecta illa et beata semper, terra vero corporalis materies adhuc imperfecta?" (De Gen. ad litt. 1,1).
(56) Pépin: Recherches, 204.
(57) van Winden: Once again, 910.
(58) "Et multa diximus de ‘caelo caeli’ et de ‘terra invisibili et inconposita’ et de ‘abysso tenebrosa’ secundum spiritalis informitatis vagabunda deliquia, nisi converteretur ad eum, a quo erat qualiscumque vita, et inluminatione fieret speciosa vita et esset "caelum caeli" eius, quod inter aquam et aquam postea factum est" (Conf. 13,5,6); "… idest hoc totum, quod caelum et terra appellatum est, adhuc informis et tenebrosa materies erat, unde fieret caelum intelligibile - quod alibi dicitur ‘caelum caeli’" (ebd. 12,21,10).
(59) Thomas Aq., S. theol. I, q. 50, ar. 2: "Utrum angelus sit compositus ex materia et forma … Sed adhuc ulterius impossibile est quod substantia intellectualis habeat qualemcumque materiam … Unde relinquitur quod omnis substantia intellectualis est omnino immaterialis"; ebd. q. 75, ar. 5: "Utrum anima sit composita ex materia et forma … Relinquitur ergo quod anima intellectiva et omnis intellectualis substantia cognoscens formas absolute, caret compositione formae et materiae."
(60) "Defluxit angelus, defluxit anima hominis et indicaverunt abyssum universae spiritalis creaturae in profundo tenebroso, nisi dixisses ab initio: ‘fiat lux et facta’ esset ‘lux’ [Gen 1,3], et inhaereret tibi omnis oboediens intellegentia caelestis civitatis tuae et requiesceret in spiritu tuo, qui superfertur inconmutabiliter super omne mutabile. Alioquin et ipsum ‘caelum caeli’ [Ps 113,16] tenebrosa abyssus esset in se; nunc autem ‘lux est in domino’ [Eph 5,8]. Nam et in ipsa misera inquietudine defluentium spirituum et indicantium tenebras suas nudatas veste luminis tui satis ostendis, quam magnam rationalem creaturam feceris, cui nullo modo sufficit ad beatam requiem quidquid te minus est, ac per hoc nec ipsa sibi" (Conf. 13,8,9).
(61) "Beata creatura, quae non novit aliud, cum esset ipsa aliud, nisi dono tuo, quod superfertur super omne mutabile, mox ut facta est attolleretur nullo intervallo temporis in ea vocatione, qua dixisti: ‘fiat lux’, et ‘fieret lux’. In nobis enim distinguitur tempore, quod ‘tenebrae fuimus’ et ‘lux’ efficimur [Eph 5,8]; in illa vero dictum est, quid esset, nisi inluminaretur, et ita dictum est, quasi prius fuerit fluxa et tenebrosa, ut appareret causa, qua factum est, ut aliter esset, id est ut ad ‘lumen indeficiens’ conversa ‘lux’ esset [Sir 24,6]. Qui potest, intellegat, a te petat. Ut quid mihi molestus est, quasi ego ‘inluminem’ ullum ‘hominem venientem in hunc mundum’ [Joh 1,9]?" (ebd. 13,10,11).
(62) H. de Noronha Galvâo: Die existentielle Gotteserkenntnis bei Augustin. Eine hermeneutische Lektüre der Confessiones (Sammlung Horizonte, N.F. 21), Einsiedeln 1981, 108-111 (Exkurs über caelum caeli).
(63) Ebd. 109.
(64) Ebd. 110; vgl. auch ebd. 111: " Um zu verstehen, was der Begriff von ecclesia in den Confessiones verkörpert, muß man folglich sich in erster Linie den Unterschied des metaphysischen Status von caelum caeli als Hypostase und jenen, die an ihm teilhaben und dieser Hypostase Realität verleihen, vergegenwärtigen; in zweiter Linie die Tatsache, daß das erstere für den zweiten stehen kann und in diesem Fall die angeli und animae beatae als caelum caeli bezeichnet werden."
(65) "Nam et nos, qui secundum animam creatura spiritalis sumus, aversi a te, nostro lumine, in ea vita fuimus ‘aliquando tenebrae’[Eph 5,8]" (Conf. 13,2,3).
(66) "Conditio vero caeli prius erat in Verbo Dei secundum genitam Sapientiam; deinde facta est in creatura spiritali, hoc est in cognitione Angelorum secundum creatam in illis sapientiam; deinde quod caelum factum est, ut esset etiam ipsa caeli creatura in genere proprio" (De Gen. ad litt 2,8; MPL 34/1,269; CSEL 28/1,43f.).
(67) "Quid sibi ergo vult in ceteris illa repetitio? an eo modo demostratur primo die, quo lux facta est, conditionem spiritalis et intellectualis creaturae lucis appellatione intimari - in quo natura intelliguntur omnes sancti angeli atque virtutes - et propterea non repetivit factum, posteaquam dicit: ‘facta est lux’, quia non primo cognovit rationalis creatura conformationem suam ac deinde formata est, sed in ipsa sua conformatione cognovit, hoc est inlustratione Veritatis, ad quam conversa formata est, cetera vero, quae infra sunt, ita creantur, ut prius fiant in cognitione rationalis creaturae ac deinde in genere suo" (ebd.).
(68) S.o. Anm. 14.
(69) "‘Domus’ ne signifie pas ‘maison’ au sens de ‘demeure’, mais au sens collectif de ‘famille’ (les ‘familiares’ et ‘domestici’). De même, la ‘mens pura’ est celle des ‘sanctorum spirituum, civium civitatis tuae’; le sens est encore collectif, et ‘civitas’ désigne la ‘cité’ comme ensemble de citoyens, non la ‘ville’. Ce sens collectif, dans les deux cas, semble exclure une interprétation ‘hypostatique’ à l’instar du #g+no%?yw#g- plotinien. Et bien que le mot ‘angeli’ n’apparaisse pas dans le contexte, c’est bien aux ‘saints anges’ que pense A., l’unité d’esprit et de c#.öur spécifiant cette cité céleste" (Solignac, o.c. 702).
(70) Solignac spricht von einer "dévalorisation" des caelum caeli in den anderen Schriften des Augustinus, z.B. De Gen. ad litt. 1,9; 1,17 (CSEL 28/1,11-13; 23-26). Für die genannten Stellen und De Gen. ad litt. generell trifft eine solche Abwertung m.E. noch nicht zu, wohl aber für De Civitate Dei; vgl. hierzu auch James J. O’Donnell: Augustine. Confessions. 3 Bde., Oxford 1992, ebd. II,302: "In every case, caelum caeli is creature not creator, but just the same not bound in time yet not coeternal with God. The image is vivid and polysemous, and well exemplifies the richness of texture that Augustinian exegesis at its best possesses."
(71) C. Mayer: Confessiones 12. ‘Caelum caeli’: Ziel und Bestimmung des Menschen nach der Auslegung von Genesis 1,1f., in: Norbert Fischer und Cornelius Mayer (Hrsg.): Die Confessiones des Augustinus von Hippo (Forschungen zur europäischen Geistesgeschichte, 1), Freiburg u.a. 1998, 553-601; bes. 570f.
(72) U. Schulte-Klöcker: Das Verhältnis von Ewigkeit und Zeit als Wiederspiegelung der Beziehung zwischen Schöpfer und Schöpfung. Eine textbegleitende Interpretation der Bücher XI-XIII der ‘Confessiones’ des Augustinus (Hereditas, 18), Bonn 2000, 175-215; ebd. 188, Anm. 235 eine überzeugende Widerlegung der Position Pépins.
(73) Schulte-Klöcker, o.c. 176. 177.
(74) Ebd. 227.
(75) Vgl. Conf. 13,10,11 (o. Anm. 60).
(76) S. o. Anm. 59.
(77) Schulte-Klöcker, o.c. 241, Anm. 278; vgl. H.U. von Balthasar in: Aurelius Augustinus: Die Bekenntnisse (wie o. Anm. 6), 324, Anm. 3.
(78) Plotini Opera. 2 Bde., ed. Paul Henry et Hans-Rudolf Schwyzer, Paris-Bruxelles 1951. 1959. Zitat fehlt.
(79) Origenes, De princ. 2,1,3; Origenes: Vier Bücher von den Prinzipien. Herausgegeben, übersetzt, mit kritischen und erläuternden Anmerkungen versehen von Herwig Görgemanns und Heinrich Karpp, Darmstadt #’31992, 288; In Gen. Homil. 1,2: "Fecit enim coelum prius, de quo dicit: ‘coelum mihi sedes’ [Is 66,1]. Post illud autem firmamentum facit, id est corporeum coelum … Cum enim omnia, quae facturus erat Deus, ex spiritu constent et corpore, ista de causa ‘in principio’ et ante omnia coelum dicitur factum, id est omnis spiritualis substantia, super quam velut in throno quodam et sede Deus requiescit … Et ideo illud quidem primum coelum, quod spiritale diximus, mens nostra est, quae et ipsa spiritus est, id est spiritalis homo noster qui videt ac perspicit Deum." Origenes Werke. Sechster Band: Homilien zum Hexateuch in Rufins Übersetzung. Hrsg. von W.A. Baehrens, Leipzig 1920.
(80) Philonis Alexandrini Opera quae supersunt. Vol. I rec. Leopoldus Cohn, Berlin 1896; De opificio mundi 7,26-10,37: Zitat fehlt.
(81) H. Crouzel: Qu’est-ce qui correspond chez Origène à la troisième hypostase plotinienne l’âme du monde, in: #g+ALEJANDRINA#g-. Hellénisme, judaïsme et christianisme à Alexandrie. Mélanges offerts au P. Claude Mondésert, Paris 1987, 203-220. "On attribue souvent à l’influence de Plotin sur Augustin des doctrines qui se trouvent déjà depuis Origène dans la tradition chrétienne. Même si Augustin lisait mal le grec, elles ont pu lui parvenir par plusieurs voies: d’abord les traductions rufiniennes et hiéronymiennes d’écrits d’Origène qui lui sont contemporaines; ensuite l’influence et la lecture d’auteurs latins nourris d’Origène comme Hilaire de Poitiers, Ambroise ou Jérôme. A coté de la connaissance qu’Augustin avait de Plotin il faut peut-être faire place à sa connaissance, indirecte certes, d’Origène, qu’il en ait conscience ou non" (ebd. 220); vgl. auch Berthold Altaner: Augustinus und Origenes. Eine quellenkritische Untersuchung. Hist. Jahrbuch 70 (1951), 14-41; wieder abgedruckt in Ders.: Kleine patristische Schriften, hrsg. von Günter Glockmann, Berlin 1967, 224-252.
(82) "… quod propinquitas quaedam sit menti ad deum, cuius ipsa mens intellectualis imago sit, et per hoc possit aliquid de deitatis sentire natura, maxime si expurgatior ac segregatior sit a materia corporali" (De princ. 1,1,7); Zitat fehlt(ebd. 3,1,13); vgl. auch ebd. 4,2,7; Contra Celsum 3,40 (GCS Origenes 1,236); Franz Heinrich Kettler: Die Ewigkeit der geistigen Schöpfung nach Origenes, in: Martin Greschat und J.F.G. Goeters (Hrsg.): Reformation und Humanismus. Robert Stupperich zum 65. Geburtstag, Witten 1969, 272-297; ebd. 281f.
(83) De princ. 2,9,1; vgl. In Joh 20,23,198-201 (GCS Origenes 4,357;18-27).
(84) Enn. IV,2,1-3; Plotins Schriften. Übersetzt von Richard Harder. Neubearbeitung mit griechischem Lesetext und Anmerkungen. Band I, Hamburg 1956, 97.
(85) Harder I,128-149; Ders.: Plotin. Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt. Die Antike 1 (1925), 363-376.
(86) Plotin, Enn. V,1,2.
(87) Conf. 9,10,23-25; vgl. dazu Paul Henry: La Vision d’Ostie. Sa place dans la vie et l’#.öuvre de saint Augustin, Paris 1938, bes. ebd. 30: "Augustin prend ici pour guide … Monique, sa douce mère"; vgl. ebd. 60; Dieter Hattrup: Confessiones 9. Die Mystik von Cassiciacum und Ostia, in: N. Fischer, C. Mayer (Hrsg.): Die Confessiones (wie o. Anm. 70), 389-439; "Hier wird die Mutter Augustins ansichtig und die Rolle, die sie im neunten Buch spielt. Mutet es nicht eigenartig an, daß die Biographie der Mutter auf dem Höhepunkt der Biographie des Sohnes erscheint? Auf dem mystischen Hochplateau seines Lebens zwischen Mailand und Ostia erzählt Augustinus das Leben Monnicas, das auch an anderen Stellen gut Platz gehabt hätte" (ebd. 421); vgl. auch Hermann J. Vogt: Religiöse Erfahrung bei Ignatius von Antiochien, Konstantin dem Großen und Augustinus. Mystik und Politik in der Frühen Kirche, in: Walter Haug und Dietmar Mieth (Hrsg.): Religiöse Erfahrung. Historische Modelle in christlicher Tradition, München 1992, 17-49; ebd. 42-45.
(88) "… ergo quia ‘prior omnium creata est quaedam sapientia’ [Sir 1,4], quae creata est, mens rationalis et intellectualis castae civitatis tuae, ‘matris nostrae, quae sursum est et libera’ [Gal 4,26] est et ‘aeterna in caelis’ [2 Cor 5,1] (Conf. 12,15,19).
(89) "… recordans Hierusalem extento in eam sursum corde [Phil 3,13], Hierusalem patriam meam, Hierusalem matrem meam, teque super eam regnatorem …, quia unum summum et verum bonum; et non avertar, donec in eius pacem, matris carissimae, ubi sunt primitiae spiritus mei [Rom 8,23], unde ista mihi certa sunt, colligas totum quod sum a dispersione et deformitate hac et conformes atque confirmes in aeternum" (ebd. 12,16,23).
(90) "Conloquebamur ergo soli valde dulciter et ‘praeterita obliviscentes in ea quae ante sunt extenti’ [Phil 3,13] quaerebamus inter nos apud praesentem veritatem, quod tu es, qualis futura esset vita aeterna sanctorum, quam ‘nec oculus vidit nec auris audivit nec in cor hominis ascendit’ [1 Cor 2,9]" (Conf. 9,10,23).
(91) Solignac: Art. Caelum caeli (wie o. Anm. 14).
(92) Ps 4,9: "In pace in idipsum dormiam et requiescam"; vgl. Ps 121,3: "Hierusalem, quae aedificatur ut civitas, cuius participatio in id ipsum."
(93) "Et dum loquimur et inhiamus illi, attigimus eam modice toto ictu cordis; et suspiravimus et reliquimus ibi religatas ‘primitias spiritus’ [Rom 8,23], et remeavimus ad strepitum oris nostri, ubi verbum et incipitur et finitur" (Conf. 9,10,24).
(94) "… sicut nunc extendimus nos et rapida cogitatione attigimus aeternam sapientiam super omnia manentem, si continuetur hoc et subtrahentur aliae visiones longe inparis generis et haec una rapiat et absorbeat et recondat in interiora gaudia spectatorem suum, ut talis sit sempiterna vita, quale fuit hoc momentum intelligentiae, cui suspiravimus, nonne hoc est: ‘intra in gaudium domini tui’ [Mt 25,21]? Et istud quando? An ‘cum omnes resurgemus, sed non omnes immutabimur’ [1 Cor 15,51]?" (ebd. 10,25).
(95) Vgl. Conf. 12,16,23 (o. Anm. 88): "primitiae spiritus mei, unde ista mihi certa sunt".
(96) "Sed non praeteribo, quidquid mihi anima parturit de illa famula tua, quae me parturivit et carne, ut in hanc temporalem, et corde, ut in aeternam lucem nascerer" (Conf. 9,8,17); am Schluß des Buches wird dann auch der Vater Patricius als Mitwirkender bei der Einführung in dieses (!) Leben genannt: "Et inspira, domine meus, deus meus, inspira servis tuis, fratribus meis, filiis tuis, dominis meis, quibus et corde et voce et litteris servio, ut quotquot haec legerint, meminerint ad altare tuum Monnicae, famulae tuae, cum Patricio, quondam eius coniuge, per quorum carnem introduxisti me in hanc vitam, quemadmodum nescio" (ebd. 9,13,37).
(97) H.U. von Balthasar: Aurelius Augustinus (wie o. Anm. 6), 324, Anm. 3.
(98) Gangolf Schrimpf: Art. Johannes Scottus Eriugena, in: LThK#’3 5 (1996), 966-968; Ulrich Rudnick: Das System des Johannes Scottus Eriugena. Eine theologisch-philosophische Studie zu seinem Werk (Saarbrücker theologische Forschungen, 2), Frankfurt M. 1990; Werner Beierwaltes: Eriugena. Grundzüge seines Denkens, Frankfurt M. 1994.
(99) Johannis Scotti Eriugenae Periphyseon curavit Eduardus A. Jeauneau. 5 Bde. (CCCM 161-165), Turnhout 1996-2003.
(100) "Fiat igitur secundus modus, qui in naturarum creatarum ordinibus atque differentiis consideratur. Qui ab excelsissima et circa deum proxime constituta intellectuali virtute inchoans usque ad extremitatem rationalis irrationalisque creaturae descendit, hoc est, ut apertius dicamus, a sublimissimo angelo usque ad extremam rationalis irrationabilisque animae partem, nutritivam dico et auctivam vitam, quae pars animae ultima est, quoniam corpus nutrit et auget" (Periphys. I [CCCM 161],6).
(101) "Mihi autem multorum sensus consideranti nil probabilius nil verisimilius occurrit quam ut in praedictis sanctae scripturae verbis, significatione videlicet caeli et terrae, primordiales totius creaturae causas, quas pater in uniganito suo filio qui principii appellatione nominatur ante omnia quae condita sunt creaverat, intelligamus, et caeli nomine rerum intelligibilium caelestiumque essentiarum, quibus universitas huius mundi corporalis completur, principales causas significatas esse accipiamus" (Periphys. II [CCCM 162],28,606-614); vgl. II,39,907-909: "‘In principio fecit deus caelum et terram’, hoc est, deus in verbo suo intelligibilium essentiarum sensibiliumque universaliter causas condidit."
(102) Thomas von Aquin: vgl. Summa theol. I, q. 44, ar. 2. 3.
(103) Zu Scotus s. vor allem Étienne Gilson: Johannes Duns Scotus. Einführung in die Grundgedanken seiner Lehre, Düsseldorf 1959, 407-447.
(104) Helmut Feld: Frauen des Mittelalters. Zwanzig geistige Profile, Köln u.a. 2000, 99-119; ebd. weitere Literatur; Ders.: Mittelalterliche Klosterfrauen im Spannungsfeld von Kommunität und religiöser Individualität, in: Gert Melville, Markus Schürer (Hrsg.): Das Eigene und das Ganze. Zum Individuellen im mittelalterlichen Religiosentum, Münster u.a. 2002, 622-650; ebd. 636-644.
(105) Hildegardis Bingensis Liber divinorum Operum, ed. A. Derolez et P. Dronke (CCCM 92), Turnhout 1996.
(106) Liber divinorum Operum 1,4,105 (CCCM 92,248-264).
(107) Ebd. 2,1,17-49 (CCCM 92,285-344).
(108) Hildegard von Bingen: Lieder. Nach den Handschriften hrsg. von Pudentiana Barth, M. Immaculata Ritscher und Joseph Schmidt-Görg, Salzburg 1969, 218f.; Saint Hildegard of Bingen: Symphonia. A Critical Edition of the Symphonia armonie celestium revelationum. With Introduction, Translations, and Commentary by Barbara Newman, Ithaca and London 1988, 114f.
(109) B. Newman: Hildegard von Bingen. Schwester der Weisheit, Freiburg Br. 1995 (amerik. Orig.: Sister of Wisdom. St. Hildegard’s Theology of the Feminine, University of California Press 1987), 187-189; vgl. Dies. in: Saint Hildegard (wie o. Anm. 107), 46f.
(110) CCCM 92,405-410 und ebd. Abb. 15.
(111) Hildegardis Bingensis Epistolarium, ed. L. van Acker, 2 Bde. (CCCM 91. 91A), Turnhout 1991. 1993; ebd. Ep. 85 R/A (CCCM 91,203); MPL 197,191-194 (Ep. 30, Resp.). Die Edition van Ackers ist nur sehr eingeschränkt benutzbar, vor allem weil er den Codex Z (Cod. theol. phil. 4#’o 253 der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart) anstatt den Codex R (Cod. 2, so genannter "Riesencodex" der Hessischen Landesbibliothek Wiesbaden) als Grundlage für den Haupttext genommen hat; s. dazu Konrad Bund: Zu methodischen Problemen des Epistolariums der Hildegard von Bingen, eines Briefwechsels mit komplizierter Überlieferungslage. Rheinische Vierteljahresblätter 57 (1993), 338-349, und: Mittellateinisches Jahrbuch 28/2 (1993), 136-147; vgl. ferner die Einleitung zum dritten Band der Hildegard-Korrespondenz (CCCM 91B, Turnhout 2001) von Monika Klaes-Hachmöller.
(112) Brief an Guibert von Gembloux: Ep. 103 R (CCCM 91A,261-263).
(113) Hildegard: Lieder (wie o. Anm. 107), 236; Symphonia, 156.
(114) Jakob Böhme: Von der Gnadenwahl. Herausgegeben und erläutert von Gerhard Wehr, Frankfurt M. 1995, 49.
(115) Hölderlin: Sämtliche Werke. Vierter Band, besorgt durch Norbert von Hellingrath, München und Leipzig 1916; vgl. die neueren kritischen Ausgaben: Hölderlin: Sämtliche werke, hrsg. von Friedrich Beissner, II/1, Stuttgart 1951, 118-120; die Varianten ebd. II/2,676; F. Hölderlin: Sämtliche Werke. Frankfurter Ausgabe, hrsg. von D.E. Sattler. Band 8, Frankfurt M. 2000, 555-557.
(116) M. Heidegger: "Wie wenn am Feiertage …", Halle a.d. Saale 1941; wieder abgedruckt in Ders.: Erläuterungen zu Hölderlins Dichtung, Frankfurt M. 1951, und: Gesamtausgabe, Bd. 4, Frankfurt M. 1981, 49-77.
(117) Über sie Feld: Frauen (wie o. Anm. 103), 182-199 (ebd. weitere Literatur); Ders.: Mittelalterliche Klosterfrauen (wie o. Anm. 103), 645-649.
(118) Mechthild von Magdeburg: "Das fließende Licht der Gottheit". Nach der Einsiedler Handschrift in kritischem Vergleich mit der gesamten Überlieferung hrsg. von Hans Neumann. 2 Bde., München und Zürich 1990. 1993; ebd. I,114.
(119) Fließ. Licht I,75.
(120) Johann Wolfgang von Goethe: Werke. Hamburger Ausgabe Bd. 3, München 1986, 361. 364. In seinem Zyklus Huttens letzte Tage läßt der schweizerische Dichter Conrad Ferdinand Meyer "Huttens Gast" Ignatius von Loyola zu Maria beten: "Die Ketzer tötend, doch den Sündern mild, / Bekehren wir die Welt zu deinem Bild. / Wo wir zerstörte Tempel wieder weihn, / Besteige, Göttin, den Altar allein" (Sämtliche Werke, München-Zürich o.J., 956, Nr. 40). In dem darauf folgenden Gedicht "Fiebernacht" (ebd. 957, Nr. 41) gibt Hutten seinem Abscheu vor dieser Art von Frömmigkeit Ausdruck: "Ein Weib vergöttern - Aberwitz und Schmach - / Von Even stammend, die den Apfel brach!"
(121) Dante: Paradiso 33,1-3. 13-15.
(122) "Te deam digne laudibus / et dominam fatemur": Analecta Hymnica Medii Aevi. Hrsg. von Clemens Blume und Guido M. Drewes. 31,212 (Nr. 210).
(123) F. Villon: #.Öuvres, Paris 1971, 61; Das große Testament. Französisch-Deutsch, München 1980, 103.
(124) R.M. Rilke: Sämtliche Werke. VII. Band, Frankfurt M. 1997, 42-45.
(125) "Or tu, Donna del ciel, tu nostra Dea
(se dir lice, et convensi),
Vergine d’alti sensi,
tu vedi il tutto, et quel che non potea
far altri, è nulla a la tua gran vertute:
por fine al mio dolore;
ch’a te honore, et a me fia salute":
F. Petrarca: Canzoniere. Edizione commentata a cura di Marco Santagata, Milano 1996, Nr. 366. (Den Hinweis auf die Canzone verdanke ich Dr. Jürgen Kuhlmann, Nürnberg).
(126) Joseph Bernhart: Die Symbolik im Menschwerdungsbild des Isenheimer Altars (Reihe der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 15), München; Pantxika Béguerie: Museum Unterlinden, Colmar. Der Isenheimer Altar, Strasbourg 1991; Reiner Marquard: Matthias Grünewald und der Isenheimer Altar. Erläuterungen - Erwägungen - Deutungen, Stuttgart 1996; Horst Ziermann unter Mitwirkung von Erika Beissel: Matthias Grünewald, München u.a. 2001; Rainhard Riepertinger u.a. (Hrsg.): Das Rätsel Grünewald, Stuttgart 2002; Max Seidel: Der Isenheimer Altar von Mathis Grünewald, Stuttgart 2008.
(127) Ziermann: Grünewald, 122.
(128) Ziermann, o.c. 124; Bernhart (Symbolik, 35-46) sieht in dem gefiederten Engel das Fabelwesen Charadrius, in der Frauengestalt die erlöste Eva. Warum aber sollte der Maler Eva mit einer Krone als Königin der Engel versehen haben?.
(129) Vgl. Béguerie: Unterlinden, 26.
(130) Vgl. Ziermann: Grünewald, 124.
(131) Vgl. die Inschrift in der rechten unteren Ecke des Bildes: "Ubi eras, Ihesu bone, ubi eras. Quare non affuisti ut sanares vulnera mea?"
(132) S. hierzu und zum folgenden: Feld: Frauen (wie o. Anm. 103), 326-332.
(133) Vollständige Edition aller die Erscheinung betreffenden Dokumente: Jean Stern: La Salette. Documents authentiques: Dossier chronologique intégral. 2 Bde. Paris 1980. 1984.
(134) Kritische Edition aller die Erscheinungen von Lourdes betreffenden Dokumente: René Laurentin: Lourdes. Dossier des documents authentiques. 7 Bde., Paris 1958-1966; ausführliche Darstellung der Geschichte der Erscheinungen: Ders.: Lourdes. Histoire authentique des apparitions, 6 Bde., Paris 1961-1964; s. bes. ebd. VI,99; vgl. jetzt auch: Patrick Dondelinger: Die Visionen der Bernadette Soubirous und der Beginn der Wunderheilungen in Lourdes, Regensburg 2003, 136f.
(135) Vgl. Dondelinger, o.c. 38-47; 52; 97; 101; 130.
(136) Franz Josef Steinmetz: Wilhelm Klein SJ (1889-1996). Geist und Leben 69 (1996), 472-474; Gisbert Greshake: Art. Klein, Wilhelm, in: LThK#’3 6 (1997), 122; Wolfgang Lentzen-Deis: "Im Himmel fängt das Leben erst richtig an." Zum Gedenken an P. Wilhelm Klein SJ (1889-1996). Paulinus 122 (1996), 12; und: Anzeiger für die Seelsorge 2000, H. 11, 517f.; Helmut Feld: Der bedeutendste katholische Theologe des 20. Jahrhunderts? Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 19 (2000), 263-273; Ders.: Ignatius von Loyola. Gründer des Jesuitenordens, Köln u.a. 2006, 336-340; Giuseppe Trentin: In Principio. Il "mistero di Maria" nei manoscritti di Wilhelm Klein, Padova 2005; Walter Romahn (Hrsg.): Im memoriam Wilhelm Klein. Echos von Lesern und Hörern, Tübingen 2007.
(137) Wilhelm Klein: Gottes Wort im Römerbrief. Vorträge im Kolleg 1958 bis 1961. Nach den Manuskripten bearbeitet von Albert Rauch, Tübingen 1998, bes. 324-356.
(138) Lao Tse: Tao-Te-King. Neu ins Deutsche übertragen von Hans Knospe und Odette Brändli. Mit einem Nachwort von Knut Walf, Zürich 1990, c. 52.