OKI-Logo Brief von Weihbischof
Walter Kampe
27. April 1992


Lieber Herr Dr. Rauch!

Herzlichen Dank für Ihre lieben Ostergrüße, die mich sehr gefreut haben, und die Einladung zu dem Jubiläumssymposion, der ich leider nicht Folge leisten kann. Wie gut, dass es Ihr Institut gibt! Dafür muss man Bischof Graber immer dankbar sein!

Ich will die Gelegenheit nutzen, um Ihnen eine kleine Information über meine Bemühungen um den Ruf des Moskauer Patriarchats zu geben. Vor einiger Zeit hat die FAZ einen Leserbrief von mir veröffentlicht, durch den ich mich gegen eine allgemeine Verunglimpfung der Russischen Kirche in einem Artikel gewandt habe. Er hat einiges Aufsehen erregt. Kürzlich habe ich nach Königstein geschrieben, da die dortigen "Berichte" einen Artikel von Prof. Roth veröffentlicht hatten, in dem der Vorwurf der Mitarbeit der Hierarchie bei dem KGB erhoben wurde, genannt wurden die Metropoliten Juvenaly und Pitirim. Es wäre natürlich gut, wenn das Patriarchat sich mit seiner Vergangenheit beschäftigen würde, aber nicht wir Katholiken dürften deswegen die Bischöfe an den Pranger stellen, zumal noch mit Namensnennung. Andere Völker haben zudem andere Methoden der Vergangenheitsbewältigung als wir. Wenn man die schwierige Lage des Patriarchats in der kommunistischen Vergangenheit bedenkt, wird man sehr vorsichtig mit Urteilen. Was hätten wir denn in einer solchen Situation gemacht? Wir haben noch Rom im Rücken, aber die Russische Kirche war immer dem Staat ausgeliefert. Ich stehe auch mit Bischof Longin in Verbindung, der sehr beklagt, dass von der "Schwesterkirche" mehr Anklagen als Hilfen kommen. Wenn man auch die Haltung des Patriarchats in jüngster Zeit gegenüber der Katholischen Kirche beklagen muss, so sollten doch auch wir uns fragen, ob wir alles richtig machen. Zum mindesten sollten wir die Mentalität der Orthodoxie und speziell der Russen besser kennen, damit wir uns auch psychologisch richtig verhalten können. Aber das haben wohl die Lateiner nie verstanden!

Ich wünsche Ihnen und Dr. Wyrwoll
eine gesegnete österliche Zeit
und grüße herzlich

+ Walter Kampe