OKI-Logo Das Charisma
von Patriarch Pavle I.

 

Foto von Patriarch Pavle I.
© Wikipedia

 

Während im Kosovo Sonntagvormittag die seit der Unabhängigkeit ersten freien Wahlen begannen, erlag in einem Militärspital in Belgrad der frühere Bischof von Kosovo und 44. Nachfolger des hl. Sava auf dem Patriarchenthron Pavle I. im hohen Alter von 95 Jahren seinen schon länger andauernden Leiden. Das dürften sich die Kosovo-Serben, die sich gedrängt fühlen diese Gemeinde- und Bürgermeister-Wahlen zu boykottieren wohl nicht gewünscht haben: ausgerechnet in diesen schwierigen Zeiten jetzt auch noch von der Kirchenleitung her Probleme mittragen zu müssen.

Denn die Nachfolge des beliebten volksnahen Patriarchen , der als Ökumeneoffen galt, wegen seiner unverhohlenen Begeisterung für die Wiedererrichtung einer konstitutionelle Monarchie in Serbien aber auch angeeckt war, wird nicht ohne Kämpfe abgehen. Ob der bisherige Bischofsvikar Amphilohije die Nachfolge Antritt ist noch nicht ausgemacht! Es ist zu hoffen, dass integrative Kräfte sich durchsetzten können.

Der verstorbene Patriarch Pavle I. war ein aszetischer Mönch, bescheiden und sparsam, der möglichst zu Fuß unterwegs war und als großer Beter uneingeschränkt verehrt wurde. Größtes Verdienst kommt ihm im Bereich der Ökumene zu. Wiederholt wollte er Papst Johannes Paul II. nach Belgrad einzuladen, der hl. Synod stimmte jedoch nicht zu. Während der Jugoslawien Kriege versuchte er mit Hilfe der europäischen Bischofsgremien zusammen mit dem kroatischen Bischöfen Gewalteskalationen zu verhindern. Trotzdem wollten bis zuletzt Gerüchte nicht verstummen, dass sich serbische Verbrecher in orthodoxen Klöstern versteckt hielten.

In seiner Anwesenheit wurde 2006 nach langen Zerwürfnissen wegen der europäischen kirchenpolitischen Entwicklungen nach der Wende in Belgrad die Arbeit der offiziellen katholisch-orthodoxen Theologenkommission wieder aufgenommen, mit einer weitgehend verjüngten neuen Delegiertenschar. Die gemischte Kommission diskutierte den gemeinsam in Moskau 1990 vorbereiteten Text: "Ekklesiologische und kanonische Konsequenzen der sakramentalen Natur der Kirche: Konziliarität und Autorität der Kirche", auf drei Ebenen des kirchlichen Lebens: lokal, regional und universal. Hier wurde also - in anderen Worten - d i e Frage des Primats auf drei verschiedenen Ebenen der Kirche untersucht. Vielleicht das wegweisendste Dokument der Kirchengeschichte der Ökumene! Das letzte wirklich gemeinsame Einigungszeugnis- denn es wurde zumindest das gemeinsame Kommunique von allen unterschrieben!

Wie erinnerlich, wurde das darauffolgende Kommunique von Ravenna bis dato noch nicht von den Theologen der russischen orthodoxen Kirche unterzeichnet und die Bearbeitung einiger Teilfragen im Dokument auf ein Treffen der Kommission in Wien nächstes Jahr vertagt. Sicher darf man das Dokument von Belgrad als eine historisch bedeutsame Frucht des Charisma vom seligen Pavle I. in Erinnerung behalten! Seiner Fürbitte dürfen die rund 7,5 Millionen orthodoxen Gläubigen in den kommenden Wochen die Wahl des Nachfolgers empfehlen. Es geht nicht nur um die Kirche, eine mögliche Liturgiereform und die Festlegung des ökumenischen Kurses. Es geht auch um die weitere Position bezüglich des Kosovo, dort gelten einige Gebiete mit wichtigen Klöstern als Wiege der serbischen Orthodoxie. Dort wurde am Sonntag die Wahl boykottiert.

Dr. Claudia Schneider, Wien