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40-jährigem Priesterjubiläum
von Pfarrer Paul Selke
am 24. Juni 2007

 

Liebe Schwestern und Brüder,
lieber Jubilarpriester Paul,

gern denken wir an einem Priesterjubiläum über das Priestertum nach. So eine Feier ist eine wunderbare Gelegenheit, sowohl den Priester, den wir feiern, in den Blick zu nehmen, wie auch alle Schwestern und Brüder, die bei der Feier sind. Wir haben ja in der katholischen Kirche zwei Priestertümer, das Königliche Priestertum und das Amtspriestertum zum Dienst. Deswegen danken wir Dir, lieber Paul, dass wir heute gemeinsam feiern können, heute ist Gelegenheit zum Jubiläum für jede und für jeden von uns!

Einige von uns waren vor zwei Wochen in Laatzen beim Silbernen Priesterjubiläum von Bischof Nikolaus, Bischof Schwerdtfeger, - Diakon Nerger und Bischof Josef z.B. Der Prediger in Laatzen sagte, er fasse die ganze Wirklichkeit des Priesterlebens eines Amtspriesters zusammen unter ein einziges Wort: "Dazwischen" - "Dazwischen", der Priester vermittelt, steht zwischen den Erfahrungen - der Priester tritt dazwischen, wo Gefahr droht…

Ich möchte ein Wort als Zusammenfassung nehmen. Ein Wort von Pfarrer Paul Selke: "In erster Linie habe ich mich bemüht, dass Gemeinde leben kann".

Es gibt eine große Gemeinde, eine große Schar von Priestern, Paul Selke steht mittendrin, jeder Amtspriester zum Dienst steht inmitten von tausenden von königlichen Priesterinnen und Priestern, zwischen den Gliedern eines auserwählten Volkes von Propheten, mitten in der christlichen Gemeinde, mittendrin.

Mittendrin. Das gilt auch für den Priester als Prediger, die Predigt, die ich gerade beginne, steht zwischen mehreren Predigten in dieser hl. Messe, der Prophet Jesaja hat uns eine Predigt gehalten: merkt auf, ihr Völker: jeder soll von sich bekennen: der Herr hat mich schon im Mutterleib berufen, hat meinen Namen genannt.

Der Apostel Paulus stand eben in diesem Dom auf, gab mit der Hand ein Zeichen wie in Antiochien: Ihr Israeliten und ihr Gottesfürchtigen, hört! hört auf die Worte dieser hl. Feier, alles was gesagt wird, gilt jetzt.

In jener Zeit - diese drei Wörter stellt der Diakon vor jede Evangelienlesung, "in jener Zeit" heißt nicht "damals", sondern es ist der ernste Hinweis, dass das alles jetzt ist, was wir hören, bestimmte Zeit Gottes, die Ewigkeit, der kairós, in jener Zeit Gottes Allgegenwart ist uns alles gegenwärtig, was da gesagt wird. Der Evangelist Lukas hat uns eben mitgenommen in die Wüste und lässt uns nachdenken, welchen Auftrag wir haben, in Israel, in unserer Gemeinde und Gesellschaft aufzutreten. Und manche Predigt wird noch sein in dieser hl. Messe, das großartige Lied .. in dem wir uns zurufen… In den Ostkirchen, mit denen ich so viel zu tun habe, nennen unsere Schwestern und Brüder die vielen Hymnen und Lieder von den großen Taten Gottes "Gesungene Katechese, Gesungene Predigt." Heute ist der Domchor unser großer Prediger.

Unsere Kirchenzeitung sagt in der Rubrik Priesterehrentage treffend über Dich, lieber Paul, dass Du immer mittendrin bist, und zitiert dich wörtlich: "In erster Linie habe ich mich bemüht, dass Gemeinde leben kann", zwischen "Caritas Jugendarbeit Industrie Arbeitsfeld", Du selbst Kraft schöpfend aus den großen geistlichen Hilfen aus den Erfahrungen des Cursillo. Dazu steht Paul Selke und jeder Amtspriester mittendrin.

"In erster Linie habe ich mich bemüht, dass Gemeinde leben kann" - mit diesem Satz hast Du treffend formuliert, wie die Aufgabe des Amtspriesters zwischen den Königlichen Priestern ist. Wenn die Heilige Schrift, wenn die Apostel vom Priestertum sprechen, meinen sie alle von Christus Erlösten und die Aufgabe der erlösten Menschen für die Erlösung der Welt. Aufgaben, für die der Amtspriester immer wieder Kraftquellen öffnet.

Was ruft Petrus der Gemeinde zu? "Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen… Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat." (1 Petr 2,5.9f.).

Unser katholischer Erwachsenenkatechismus erläutert: "Das II. Vatikanische Konzil hat diese Wahrheit vom Gemeinsamen Priestertum aller Getauften neu herausgestellt und gesagt, dass alle Christen durch Taufe und Firmung teilhaben am prophetischen, priesterlichen und königlichen Amt Jesu Christi, so dass alle beauftragt und befähigt sind, beizutragen zum Wachstum und zur Heiligung der Kirche." Das Konzil hat mit Bedacht hinzugefügt, dass diese Wahrheit gerade in der heutigen Zeit von besonderer Bedeutung ist (vgl. LG 30). "Sie ist eine wesentliche Grundlage der gegenwärtigen pastoralen Erneuerung."

Mit der größten Selbstverständlichkeit bezeichnet Petrus alle Gläubigen als Priester, mit dem Namen, der uns aus den Psalmen gut bekannt ist (110,4): Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melkisedeks. Das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des hl. Johannes, wiederholt mehrmals den Hinweis, dass alle Priester sind, Jesus Christus, der uns zu Priestern gemacht hat für Gott" (1,6). Du hast sie zu einem Königtum gemacht und zu Priestern (5,10), Ja, einer der allerletzten Sätze der Bibel schärft es noch einmal ein: Selig, wer an der Auferstehung teilhat - sie werden Priester sein (20,6).

Damit dieser priesterliche Dienst der Christengemeinde an der Welt gestärkt wird, haben unsere Mütter und Väter im Glauben von Anfang an Diakone Priester Bischöfe eingesetzt als Amtspriester zum Dienst an der Gemeinde. Zum Dienst: darum bekommt jeder Priester das Weihesakrament zweimal, das erste Mal ausdrücklich zum Dienst, griechisch diakoneía, Diakonat. Und es wäre sicher sinnvoll, Priesterjubiläen schon vom ersten Empfang des Weihesakramentes zu feiern, bei Paul Selke hätten wir dann schon am 21. Februar das Vierzigjährige gefeiert.

Das Zweite Vatikanische Konzil sagt vor vierzig Jahren: "Das Gemeinsame Priestertum der Gläubigen und das Priestertum des Dienstes… unterscheiden sich dem Wesen nach und nicht etwa dem Grade nach und sind einander zugeordnet" (LG 10). Beide Priestertümer sind nicht dem Grade oder der Stufe nach verschieden, sondern dem Wesen nach. Es geht also nicht darum, dass das eine Priestertum höher oder niederiger sei als das andere, sondern es sind zwei verschiedene Priestertümer, die nebeneinander stehen und miteinander verbunden sind.

Das königliche Priestertum wird übertragen durch ein Sakrament, die Taufe mit der Firmung. Das Dienstpriestertum wird übertragen durch ein Sakrament, die Weihe. In beiden Sakramenten geschieht eine Salbung: der königliche Priester, die königliche Priesterin wird gesalbt auf der Stirn, dem freien Ort des Zeugnisses. Der Dienstpriester wird gesalbt an den Händen, mit denen er Leib und Blut Christi zeichenhaft gegenwärtig setzt.

In der Taufe geschieht das Grundlegende und Unüberholbare, die atemberaubende Erhöhung des Menschen zum König und Priester, der sich und sein ganzes Leben als Opfergabe darbringt, Gebet und Gotteslob, für Christus Zeugnis geben, Rechenschaft ablegen von der Hoffnung. "Was macht der königliche Priester, die königliche Priesterin? Der hl. Petrus hat die Antwort gegeben: durch Jesus Christus geistige Opfer darbringen, die Gott gefallen… jeder bringt sich als Opfergabe dar, sein eigenes Leben und Wirken. Das heißt also: wenn der Anwalt an seinem Schreibtisch sitzt, die Ärztin einen Kranken betreut, die Lehrerin vor ihrer Klasse steht, die Mutter sechsmal am Tag die Windeln wechselt, der Arbeiter am Fließband steht, die Kinder ihre Schularbeiten machen, der Richter eine gerechte Strafe auferlegt, der Künstler ein Konzert gibt.

So führt jeder und jede das Opfer Christi für die Welt weiter. So feiert jeder die Eucharistie des Lebens. Die Verbindung unserer Hingabe mit der Hingabe unseres Herrn Jesus Christus geschieht in der Eucharistiefeier der Gemeinde mit dem Amtspriester, in der Wandlung. Die Wandlung des kleinen Lichtes unserer Gottes- und Nächstenliebe in die große Flamme der Liebe Christi; sakramentale Verwandlung unseres bruchstückhaften Lebensopfers durch das vollkommene Opfer Christi am Kreuz.

Hier hat der Amtspriester zum Dienst seine verbindende Aufgabe, hier stehst Du Paul mittendrin, dass Gemeinde leben kann, hast durch vierzig Jahre in besonderer Weise die Person Christi repräsentiert in der Wandlung von Brot und Wein und in der Wandlung unseres Lebens in das Leben Christi hinein. "Betet Schwestern und Brüder, dass mein und Euer Opfer Gott dem allmächtigen Vater gefalle" rufst Du der Gemeinde zu. Im alten römischen Hochgebet, dem ersten Hochgebet in unseren Messbüchern, betet der Amts-Priester gleich zu Anfang: "Gedenke aller, die hier versammelt sind, für sie bringen wir dieses Opfer dar, und sie selbst opfern es dir" - "pro quibus tibi offerimus vel qui tibi offerunt." Und nach der Wandlung heißt es: "Darum, gütiger Vater, feiern wir, deine Diener und dein heiliges Volk!" Es ist keine nebensächliche Aufgabe für uns Christen, die Bedeutung dieser Wandlung in der hl. Messe für uns neu zu entdecken für unsere Hingabe mit Christus an den Vater. Wie konnte es passieren, dass die unerhörte Bedeutung der Taufe, unseres königlichen Priestertums bei uns Christen so wenig im Bewusstsein ist? Ein gewichtiger Grund: Die meisten von uns sind als Kinder getauft, dadurch ist die eigene Taufe aus dem eigenen Erfahrungshorizont der Christen herausgefallen. Er liegt sozusagen im toten Winkel des Vorbewussten.

Das Priesterjubiläum von Pfarrer Paul Selke heute ist eine wunderbare Gelegenheit für einen jeden und eine jede, innerlich Tauferneuerung zu halten, vielleicht im Credo, das wir gleich mit dem Domchor singen werden, wenn das Wort "katholisch" kommt, das ja nicht eine Konfessionsbezeichnung ist, sondern an die allumfassende Kraft der Gnade erinnert, καθόλον (kat'hólon), auf dem ganzen Erdkreis und in jedem Tun des Christen Tag und Nacht.

Unsere Schwestern und Brüder in den Kirchen des Ostens haben es leichter, bei der Wandlung an sich selbst zu denken, an die Opfergabe unseres täglichen Lebens "gib uns Anteil an Christi Leib und Blut und lass uns eins werden im Heiligen Geist". Denn im Osten wird der Vorhang zwischen Gemeinde und Altar zugezogen nach der Präfation, man kann nicht auf den Altar schauen, wenn die Einsetzungsworte gesungen werden.

Lieber Jubilarpriester Paul Selke, wir danken Dir, dass Du durch vierzig Jahren überall mittendrin warst in deinem priesterlichen Dienst am priesterlichen Volk - "In erster Linie hast Du Dich bemüht, dass Gemeinde leben kann" - und mit dir danken - ευχαριστούμεν (eucharistoúmen) wir Gott. Denn IHM ist das Reich und die Macht und die Herrlichkeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit…

Dr. Nikolaus Wyrwoll
Ostkirchliches Institut
Regensburg