OKI-Logo Leserbrief zu "Für alle" oder "Für viele"
in der Kirchenzeitung Hildesheim 2010, Nummer 42

 

Bischofskonferenzen haben bislang vom Heiligen Stuhl die Genehmigung bekommen, die bisherige Formulierung "für alle" beizubehalten, z.B. die italienische Bischofskonferenz. Am 15. November 2010 wird sie endgültig beschließen, in diesem Punkte nichts zu ändern. Das tröstet uns Priester, uns scheint es wie ein Vermächtnis von Papst Johannes Paul, dass er uns im Brief zum Gründonnerstag 2005 vor seinem Tod ans Herz legte, dass Christus für alle gestorben ist und deswegen pro multis "legitim in einigen Sprachen mit - für alle - übersetzt wird" (Nr. 4). Es würde uns Priestern schwer fallen, an zentraler Stelle der Heiligen Messe den Anschein zu erwecken, Christus sei nur für viele gestorben.

Das Vermächtnis von Papst Johannes Paul erschien uns um so selbstverständlicher, als wir im Studium in Rom gelernt hatten, dass die Schöpfer der lateinischen Liturgie vor 1.500 Jahren eben deswegen als Ausdruck des universalen Heilswillens "pro multis" gewählt haben, weil das als "für alle" verstanden wurde. Schon hundert Jahre später für die Texte zum 6. Januar nahmen sie "pro omnibus", weil "multis" eine einschränkende Bedeutung bekommen hatte. Dieses "für alle" hat Papst Benedikt in seiner Weihnachtsansprache 2006 betont. Wenn heute "pro multis" als "für viele" missverstanden wird, sollte man doch in die lateinische Fassung statt "multis" "omnibus" einsetzen.

Klaus Wyrwoll