OKI-Logo Mit neuem Mut für Gerechtigkeit,
Frieden, Schöpfungsverantwortung.

 

Basel, 1.6.09 (Kipa) Vor 20 Jahren erlebten Tausende in Basel eine aufsehenerregende Versammlung der europäischen Kirchen und was sie zu sagen hatten zum Thema "Frieden in Gerechtigkeit". Dieser Versammlung und ihrer Folgen wurde in einem Jubiläumsanlass gedacht. Für die Mitfeiernden war es auch diesmal ein pfingstliches Erlebnis, an dem Oekumene vor Ort gelebt wurde.

Es waren junge Leute verschiedener Nationalität und kirchlicher Tradition, die beim 20jährigen Jubiläum der Basler Europäischen Versammlung "Frieden in Gerechtigkeit" die Kerze und das Evangelium den zahlreichen Mitfeiernden vorantrugen. Ein schönes Zeichen für das, was die Veranstalter erhofft hatten: Der Pfingstgeist, der die Basler Delegierten 1989 bewegt hatte, erweist sich als lebendig auch für die folgenden Generationen.

"Hören wir, was Gott der Herr uns sagt: Gerechtigkeit soll Frieden bringen…", sang man sich noch an der Tramhaltestelle in mehreren Sprachen gegenseitig zu. Gerade durch das Weitersagen der Botschaft von Frieden in Gerechtigkeit wurde die erstaunliche Kühnheit der Christen Europas 1989 in Basel neu deutlich: Nüchtern und selbstkritisch waren die großen Bedrohungen der Gerechtigkeit, des Friedens, der Umwelt und unsere Mitschuld an ihnen benannt worden. "Die Hauptkrisen, die die gesamte heutige Menschheit erschüttern, sind direkt oder indirekt mit Vergangenheit und Gegenwart Europas verbunden", hatte der damalige Erzbischof Kyrill von Smolensk und heutige Patriarch von Moskau gleich zu Beginn seiner Ansprache formuliert. Ebenso nüchtern und konkret war auch der Grund unserer Hoffnung als konkreter Verantwortung benannt worden. 20 Jahre später, wieder bei strahlendem Sonnenschein, feierten Christen ihre eigene Gemeinschaft als Volk Gottes und stellten sich gerade dadurch neu in den Dienst einer Sendung, die für die ganze Schöpfung gilt, die "bis an die Grenzen der Erde" führt (Apg 1,8) und an Pfingsten ihre bleibende Quelle findet. Religion ist öffentlich

"Religion ist Privatsache", will die Moderne uns einreden. Religion ist öffentlich und gestaltet Öffentlichkeit - diese Einsicht ist unter dem Kürzel GFS - Gerechtigkeit, Frieden, Schöpfungsverantwortung - nicht zuletzt durch die Basler Versammlung neu zum Selbstverständnis der europäischen Christenheit geworden. Deshalb stand am 29. Mai 2009 im Mittelpunkt der Eröffnungsfeier im Basler Münster die Ansprache des Regierungspräsidenten Guy Morin, der an die christliche Zusammenarbeit in den großen Aufgaben des politischen Gemeinwesens appellierte. Die theologische Reflexion hat die Konsequenzen dieser veränderten Prämisse bis heute nicht voll eingeholt.

Als Zeichen dafür, dass wir weiterhin unterwegs sind und viele Empfehlungen und Selbstverpflichtungen von Basel noch nicht eingelöst wurden, machten die Mitfeiernden sich auf zu einem Pilgerweg nach Mariastein. Sie folgten der Einladung der Pilgergruppe, die den Bittgang zur Vorbereitung der Basler Versammlung seit 1989 monatlich weiterträgt in dem unermüdlichen Gebet, dass die Versammlung Frucht bringe für Frieden in Gerechtigkeit an immer mehr Orten. Andere konkrete Zeugnisse über Früchte der Basler Versammlung waren in den Verlauf der Gedenkfeier integriert: die Basler Leprahilfe, die ihren "zündenden Funken" auf die Versammlung 1989 zurückführt; eine OeME-Initiative für reines Wasser; Katharina Seifert berichtete über die Wechselwirkungen zwischen Basel 1989 und dem friedlichen Umbruch in der damaligen DDR; und viele mehr. Auch unter den Gästen waren lebendige Zeugen der Folgen von Basel, zum Beispiel der ungarische Pfarrer Ferenc Szeifert, der in seinem kleinen Dorf Pilisszentlélek durch eine Stiftung die Anliegen von Frieden und Gerechtigkeit umzusetzen versucht. Heute eine selbstverständliche Gemeinsamkeit

Ein klingendes Zeugnis war die feierliche Vesper selbst, die mit den Benediktinern von Mariastein unter Leitung von Nikolaus Wyrwoll, einem der Basler Organisationssekretäre und heute Direktor im Ostkirchlichen Institut Regensburg, zum Abschluss des Tages gefeiert wurde. Hier wurde nicht zuletzt sichtbar, dass in den vergangenen 20 Jahren eine neue selbstverständliche Gemeinsamkeit mit den orthodoxen Mitchristen Osteuropas gewachsen ist: Der rumänische orthodoxe Priester Laurentiu Precup hatte die rumänische orthodoxe Gemeinde von Basel zur Mitfeier eingeladen; ein Chor von Studenten aus Moldawien, Rumänien und Russland gestaltete die Vesper mit kraftvollen Gesängen mit; der Patriarch von Moskau hatte als Stellvertreter seinen Mitarbeiter Georgij Riabych entsandt, der den Gruß des Patriarchen mit einem persönlichen Zeugnis verband.

Nicht zuletzt ist diese Feier ein gelungenes Beispiel für die Initiativkraft aus dem Volk Gottes selbst: Was 1989 auf Einladung der KEK (Konferenz Europäischer Kirchen) und des CCEE (Rat der Bischofskonferenzen Europas) begonnen hatte, wurde 2009 durch eine kleine Gruppe aus dem Bistum Basel, der AGCK BS/BL und dem Institut für Ökumenische Studien der Universität Fribourg angeregt. Die damaligen Veranstalter waren nun selbst unter den Gästen: Die Generalsekretäre der KEK und des ÖRK, Colin Williams und Samuel Kobia, hatten Grußworte gesandt. CCEE war durch seinen Stellvertretenden Generalsekretär Ferenc Janka vertreten, der mit Nikolaus Wyrwoll der Vesper vorstand und seinen Gruß an die Mitfeiernden richtete. Der Basler Bischof Kurt Koch hatte sich in die feiernde Gemeinde eingereiht und gab den Segen; Münsterpfarrer Lukas Kundert leitete nicht nur die Eröffnungsfeier, sondern wirkte auch an der Vesper im Mariastein mit. Die Gemeinde Mariastein begrüßte die Pilger freundlich mit Brot, Äpfeln und Getränken vor der Kirche. Am Rande sang der Chor ein Ständchen für den rumänischen Priester Laurentiu Precup, der wenige Tage zuvor Vater seiner ersten Tochter Anastasia geworden war. Frieden in Gerechtigkeit - global und zugleich ganz konkret vor Ort! Es war eine pfingstliche Erfahrung.

Barbara Hallensleben

Barbara Hallensleben wirkte 1989 im Organisationsskretariat mit und ist heute Professorin für Dogmatik und Theologie der Ökumene an der Universität Freiburg (Schweiz).