OKI-Logo Gedankensplitter zum Thema Frau …


Für den evangelischen Raum ist es selbstverständlich, dass Frauen das Amt des Pastors übernehmen, wenn wir ehrfürchtig beachten, dass die evangelische Ämterstruktur nicht sakramental verfasst ist, nicht eine Priesterweihe kennt, sondern in den Kategorien neuzeitlicher staatlicher Ordnung denkt. So haben jene kirchlichen Gemeinschaften die Ordination der Frau eingeführt, deren Ekklesiologie nicht sakramental ist. Von einer Verbeamtung mit entsprechenden institutionellen Kompetenzen und Einflussmöglichkeiten darf man selbstverständlich die Frau nicht ausschließen.
Ich sage das hier nicht mit Blick auf die Frage der Frau im kirchlichen Amt, sondern im Blick auf das kirchliche Amt, dessen Grundlagen gerade aus dieser Sichtweise klarer werden können. Genau so sehe ich auch die folgenden Hinweise aus meiner Erfahrung mit den Orthodoxen.

"Warum verlangen eigentlich die orthodoxen Frauen nicht nach der Priesterweihe?"

Zwölf Antwortversuche, die etwas über das Priestertum in der Sicht der östlichen Tradition aussagen. Warum gibt es in den orthodoxen Kirchen kein Streben der Frau nach dem Priesteramt?
Ich sehe meine Anmerkungen auch als Bemerkungen zu einer wichtigen Konzilstelle, Lumen Gentium 10, über das Priestertum, ein einziger Satz, der nicht ohne das Zutun der Orthodoxen Konzilsbeobachter so formuliert wurde, wie er jetzt ist:
"Das allgemeine Priestertum der Gläubigen und das Priestertum des hierarchischen Dienstes sind nicht unterschieden, als wenn das eine oder das andere höher wäre. Sie unterscheiden sich dem Wesen nach. Sie sind einander zugeordnet."
  1. Johannes Paul II. schreibt am 29.6.1995 einen Brief an die Frauen:
    "Dank sei Dir Frau, dass Du Frau bist!"
    Das ist sehr aus östlicher Sicht geschrieben.
    Wenn Frauen in Moskau die Kirche betreten und ihr Kopftuch umlegen: das ist meine Stola, mein Rederecht. Ähnliches für den Rock, der Amtspriester hält am Rock fest für den Gottesdienst, an Talar, Albe, Messgewand. (babuška = Religionslehrerin * Braut Mittelpunkt, Segen)
    Was ich da meine, drücke ich wieder mit dem Papstbrief aus:
    Dieser 'Einheit von zwei' wurde von Gott nicht nur das Werk der Fortpflanzung und das Leben der Familie anvertraut, sondern der eigentliche Aufbau der Geschichte.
    Sophia 1. Mal
    Immer schon haben wir in der katholischen Kirche im Gottesdienst die alttestamentlichen Texte der Sophia gelesen, der Göttlichen Weisheit, dieses weiblichen Aspektes Gottes. Wir haben sie nie "Maria" genannt, aber an Marienfesten gelesen, "ich bin die Mutter der schönen Liebe".
    Wir Deutschen feiern gern die christlichen Feste der Erinnerung an das Heilstun Christi: Weihnachten, Passion, Ostern. Technisch männlich: was war da? Da kann man auf Distanz bleiben: Christus hat Erlösung geschaffen, welche Wirkung das auf mich haben wird, bleibt abzuwarten.
    Der Osten, auch der ganze Mittelmeerraum feiert gern die gelungene Wirkung des Tuns Christi auf mich, am Beispiel Mariens, die Marienfeste im August, z.B. Aufnahme Mariens "als erste der Gläubigen", personal, weiblich: was bedeutet das? Mit Leib und Seele bei Gott geborgen, in all meinem Tun, in guten und bösen Stunden. in der ganzen materia, Kosmos, von der Sonne umkleidet bin ich, den Mond zu Füßen, zwölf Sterne um mich.
  2. Nicht Ausschließlichkeit der Naturwissenschaften, sondern Geschichtlichkeit des Menschen: also nicht Ja/Nein bin Priester / bin nicht Priester, sondern "ich lebe, aber nicht ich, sondern in mir Christus". Das katholische orthodoxe "et - et", sowohl, als auch.
    Wir sind hier im Westen darauf festgelegt: wer nicht Ja sagt, ist auf Nein festgelegt. Das ist das Grundprinzip abendländischer Wissenschaft. Es zeigt sich bei Aristoteles als Satz des ausgeschlossenen Dritten: Etwas ist entweder A oder Nicht-A; eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Auf diesem Prinzip beruht unsere gesamte neuzeitliche Technik.
    Ein Computer funktioniert infolge einer Unzahl präziser Entscheidungen zwischen Ja und Nein. Ein Unentschieden bringt ihn unweigerlich zum Zusammenbruch.
    Der Strom fließt oder fließt nicht. Die Beherrschbarkeit der technische Welt, die wir geschaffen haben, hängt an dieser Eindeutigkeit, damit unser eigenes Leben.
    2 mal 2 gleich 4 - das kann ich unabhängig von der Tageszeit, von meiner Lebensgeschichte, meiner Sprache und von meinem kulturellen Umfeld beantworten. Aber nicht einmal in den Naturwissenschaften ist dieses Grundprinzip noch unangefochten. Die Quantenphysik hat gezeigt, dass sich sogar die Elementarteilchen der Materie individuell und zeitgebunden verhalten, also nicht nach mechanischen Regeln.
    Im menschlichen Leben gibt es diese Eindeutigkeit nicht. Bin ich ein glaubender Mensch - ja oder nein? Ja, denn ich bete ohne Widerstände das Glaubensbekenntnis mit. Nein, ich zweifele, ich habe Angst, schwankende Hoffnung. Herr ich glaube, hilf meinem Unglauben!
    Ja und nein also - weil menschliche Existenz nicht eindeutig ist, sondern gebrochen. nur einer allein ist gut, euer Vater im Himmel, mit diesen Worten weist Jesus sogar die Eindeutigkeit zurück, die man ihm zuschreiben will.
    Im Osten hat das Gleichnis von den ungleichen Söhnen Mt 21,28-32 oft Verwendung bei Segnungen der Familie, der Kinder: dort schildert Jesus nur zwei Fälle: denjenigen, der Ja sagt zum Wunsch des Vaters und dann doch nicht geht - und der andere, der Nein sagt, aber das Ja in seiner Arbeit im Weinberg verwirklicht.
  3. Dieses sowohl als auch gilt für das östliche Christengefühl nicht nur für Individuum, sondern auch für das Subjekt Kirche, für Theologie, für Gemeinde. Mit all seinen Beziehungen
    Das 2. Vatikanische Konzil strebte in seinen Entscheidungen stets Einstimmigkeit an und vertagte andernfalls die Schlussabstimmung. "Das müssen alle orthodoxen Kirchen gemeinsam entscheiden" - das Wort höre ich so häufig von meinen orthodoxen Gästen und Schülern.
    Sophia 2. Mal
  4. Weihe und Amt.
    Unsere gegenwärtige westliche Erscheinungsform der hierarchischen kirchlichen Ämter ist dem Osten fremd. Im vollen Sinne der Heilsmittlerschaft zwischen Gott und den Menschen ist Jesus Christus der einzige Träger des Priesteramtes in Fülle. Das Priestertum ist die prägende Form seines Lebens, ohne dass Jesus je ein "Priesteramt" im soziologischen Sinne innegehabt hätte. Das Priesteramt in der Nachfolge Jesus ist die geistliche Sendung, die Hingabe, die dem besonderen kirchlichen Dienst zugrunde liegt. Darum kann LG 10 beide verschiedenen Priestertümer, das königliche und das zum Dienst, auf Jesus Christus beziehen.
    Im Westen hat sich die Trennung zwischen geistlichem Amt und soziologischen Amt nicht bewährt. Die Fürstbischöfe hatten die Verwaltung ihres Bistums, aber ihrem geistlichen Amt nach waren sie oft nicht einmal Priester, hatten Weihbischöfe für den sakramentalen Dienst. Das hat das Erscheinungsbild der Amtskirche verweltlicht.
    Jetzt versuchen wir im Westen als Gegenreaktion, an Weihe unbedingt auch Jurisdiktion zu binden, Verwaltung, das Kirchenrecht von 1983 (can. 129) macht einen verbindlichen Grundsatz daraus - das hat uns die Fülle der episcopi vagantes beschert. Es verstärkt die Neigung, das Priesteramt mit der geschichtlich gewachsenen Gestalt des Pfarramtes gleich zu setzen.
    Im Osten ist der Bischof Mönch. Und wo er wie im Osmanischen Reich weltliche Vollmachten hat, hat er sie vom Staat im Bereich des menschlichen Lebens: Geburt, Hochzeit, Tod werden bei ihm registriert.
    Im Westen gewinnt ein soziologischer Amtsbegriff Übergewicht. Dieser Amtsbegriff ist nicht biblisch. Er füllt sich für unser Hören mit einem Verständnis, das eher aus einer neuzeitlichen Bürokratie als aus der Ordnung des kirchlichen Dienes genommen ist. Das Konzil von Trient beginnt 1545 eine umfassende Verwaltungsreform. Joseph II. und der Josephinismus 1750 führen das weiter.
    Im Osten versucht Peter I. ähnliches, aber erst Stalin konzentriert die Aufmerksamkeit der kirchlichen Menschen auf den Priester, weil er die Klöster schließt. Vorher war es doch der Mönch, die Schwester, die Äbtissini, der Starets, der die Frömmigkeit der Menschen prägte. Bis heute gibt es eine Abneigung gegen Kirchenbücher. Das habe ich bei meiner ersten und einzigen Taufe in Russland erfahren. Es gibt keine lückenlose Verwaltung der Gemeinde.
    Das haben wir im Bistum Hildesheim schon fast vergessen. Vor hundert Jahren prägten die Schwesternstationen die Gemeinden. Und für die höhere Bildung wurden die Söhne und Töchter auf Schulen der Orden geschickt, zu den Ursulinen, zu den Dominikanern. Heute sind die Orden bei uns schwach, die Schulen und Krankenhäuser und Kindergärten sind seit neustem bei der Kirche im Sinne von soziologischer Struktur, noch zu Beignn meiner Amtszeit waren sie privat, beim allgemeinen Priestertum. Die ganze Laienbewegung begann doch im 19. Jahrhundert mit den Frauengemeinschaften, den Frauenkongregationen, den Vinzentinerinnen.
  5. Im Osten ist der Priester geweiht, also Zeichen (wie Ehe, Gelübde), aber nicht Amt im Sinne irdischer Struktur, also weder
    1. die Jurisdiktion automatisch mit der Weihe can. 129 [2. Vaticanum], noch
    2. Himmel und Erde weit getrennt, dass es dann wieder Rechtfertigung braucht.
    Die Kirche ist für die östliche Frömmigkeit nicht unsichtbar, so dass die Leitungsstruktur Kirche reine Verwaltung sein könnte. Sie ist das Himmelreich auf Erden. Also ist der Heilige in ihr der größte, nicht der Priester.
  6. Weil Priestersein nicht als Amt soziologisch definiert wird, fällt auch nicht auf, dass Laien kein soziologisch fassbares Amt in der Kirche hat.
    Im Westen fällt es auf: keine anerkannte Verbindung von Beruf und Berufung für Laien. Beim Priester: Berufung, die zum Beruf wird. Laie: Beruf - hoffentlich gestaltet in persönlicher Berufung. Durch Missio, Aussendung der Laiendienste wird dem zu steuern versucht. Aber das macht dann wieder ein Priester oder gar der Bischof.
  7. Amt Laie (königliches Priestertum, 2. Vaticanum: Laienapostolat) gilt: Ikonenecke, Küche / Fasten - ein im Westen ganz unbekannte Form der Katechese, wo jedes Kind einfühlssam die Festzeiten spürt.
    Vater und Mutter machen Vielfache Segnungen mit "Materia" aus Kirchen / Kloster (wie Chrisam aus Kathedrale). Das ging alles sogar in den engen Stadtwohnungen der Stalin-Ära.
    Bei uns im Westen verschwanden alle diese Hausgottesdienste, als im 19. Jahrhundert die Sonntagspflicht gepredigt wurde, der Priester stärker in die Kirche einlud, die Segnungen selbst übernahm, und besonders als jetzt im 20. Jahrhundert selbst in der Kirche die Vielfalt der Gottesdienste verschwand und nur noch die Eucharistiefeier übrig blieb.
    Eucharistiefeier ist im Osten am Sonntag und an Festtagen während der Woche. Aber täglich ist die Vesper, und meist auch Laudes. Für die Eucharistiefeier braucht es den Priester. Die Sonntagspflicht bezieht sich im Osten auf den Gemeindegottesdienst am Sonntag, es muss nicht die Eucharistiefeier sein.
  8. Kantor / Chor genau so wichtig. Niemand würde auf die Idee kommen, man könne eine Liturgie beginnen, weil ein Priester da ist. Da muss auch der Sänger da sein. Chorleitung im Osten Frauen. z.B. Tagesgebete = Chor! Das sind die Predigten. Priester: bittet um Verzeihung und Segen (Beginn, kleiner Einzug, großer Einzug, Kommunion)
  9. Nochmal zur Erklärung der Glaubenskongregation: nicht der Priester ist der erste in der Kirche, sondern der Heilige. Das ist zwar ein offizielles Papier, aber es ist nicht in unserem westlichen Bewusstsein. Im Osten ist es viel geläufiger. Das Wort "Weihe" wird mehr als bei uns benutzt für Vollzüge, die gläubige Mäner und Frauen tun, das Tischgebet, das Kreuz auf die Stirn des Kindes beim Verlassen der Wohnung für den Schulweg, die Wasserweihe, überhaupt das geweihte Leben, insbesondere durch die Ehe - einander zu Gott führen (wir im Westen beklagen, dass der Priester die Ehe nicht nach der Trauung weiter begleiten kann).
    Das ist unseren offiziellen westlichen Verlautbarungen nicht fremd, das westliche Kirchenrecht spricht auch von den "Statuten des geweihten Lebens", Jungfrauenweihe, Mönchsweihe, Kräuterweihe, aber im Bewusstsein sind das zweitrangige Weihen. Im Osten ist diese Lebensdimension der Kirche nicht verschüttet, darum auch nicht so eine Konzentration auf diese eine der vielen Weihen, die Priesterweihe.
    Yves Congar, der große Konzilstheologe und spätere Kardinal, erzählt in seinen Lebenserinnerungen, wie viel er vom Osten gelernt hat und ins Konzil eingebracht hat. In seinem Buch Der Laie bringt er Östliche geistliche Erfahrung ein: Er weist darauf hin, dass Mönchtum und Priestertum sich unterscheiden wie Lebensform und Aufgabe, Sein und Funktion. Der Ordensmann, die Ordensfrau wird bestimmt als diejenige, die ihr Leben in gänzlicher persönlicher Hingabe an Gott und die menschen lebt. Der Priester wird gerufen und geweiht für eine Aufgabe einen Dienst, eine Funktion innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft.
    Der Christ im Osten sieht sich in einer ähnlichen Berufung für die Welt. Die östliche Pfarrkirche hat deswegen auch die klösterlichen Gottesdienste.
  10. Im Osten hat das persönliche Leben des Christen stärker sakramentale Struktur, Mysterion. Ich sage nur ein Beispiel aus den Sakramenten selber: Wenn ich die Eucharistie empfnage, richtet sich die Erwartung bei Empfang der Eucharistie nicht auf Sättigung durch Hostie, sondern auf Christus, den mein Glaube in dieser Hostie sieht und erkennt. Die Qualität der Hostie ist sekundär. Das gilt in West und Ost gleich.
    Bei der Nachfolge ist es im Westen nicht so einfach. Wir möchten für die Aufgabe in der Kirche auch eine besondere Qualität, in unserem Falle eine Priesterweihe.
  11. Noch ein wichtiger Punkt: weibliche Gestalt der Kirche
    Sophia 3. Mal
    Die ist im Osten gegenwärtig. Wenn von der Gemeinde die Rede ist in den liturgischen Texten der Ostkirche, wird immer wieder an das zweite Kapitel im Johannesevangelium erinnert, an die Hochzeit die Kana. Da werden alle Personen vorgestellt bei dieser Hochzeit, nur nicht Braut und Bräutigam. Weil Christus selber sich hier als Bräutigam vorstellt. Alle anderen sind die Braut. Und ein Johanneskapitel später sagt Johannes der Täufer von sich, er sei der Freund dieses Bräutigams (3,29). Auch wir singen diesen Text in der Vesper "denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes" (Offb 19,7).
    Und immerfort identifiziert sich die betende Gemeinde, der betenden Christ im Osten mit Maria, der Jungfrau und Mutter.
    Winziges aber signifikantes Beispiel: wir läuten bei den Einsetzungsworten im Hochgebet. Die östliche Tradition läutet beim Mariengedenken kurz danach: denn jetzt wird es wichtig, ich soll den in Brot und Wein fleischgewordenen Herrn empfangen. Und soll ihn gebären in meinem Stall, in meinem Bethlehem.
    Wir im Westen läuten die Wandlungsglocke an einer Stelle, wo der Priester in Ost und West ganz allein das Sagen hat. Im Osten läutet die Wandlungsglocke an einer Stelle, wo jeder von uns priesterlich gefordert ist.
    Darum auch das Schließen der Ikonostase und des Vorhanges beim Hochgebet: bei den Wandlungsworten sollst du nicht nach vorne schauen "aha, da vorn wandelt jetzt der Priester", sondern schauen in dich, du bist gemeint, wenn da gesungen wird "Das ist mein Leib, das ist mein Blut."
  12. Die orthodoxe Gemeinde braucht den Priester, um nicht nur in Gedanken daran erinnert zu werden, dass sie sich selbst nur Christus verdankt. Deswegen gibt es im östlichen Bereich eigentlich immer genug Amtspriester zum Dienst. Wo das Bewusstsein von der Wichtigkeit des allgemeinenen Prietsertums da ist - ich meine jetzt mit Bewusstsein nicht unbedingt eine reflektierte Aussage, sondern ein Spüren von Herzen. Priester repräsentiert Christus in der Öffentlichkeit. nicht gefragt unter Kommunismus und Islam
    Im Westen hochgefragt universal präsente Öffentlichkeit, das Verborgene gilt nicht (siehe Mutterschoß). Was nicht im Fernsehen ist, gilt nicht! Der Vorrang der Sichtbarkeit und Öffentlichkeit vor dem Unsichtbaren und Nicht-Öffentlichen ist keineswegs selbstverständlich. Aus orthodoxem Munde habe ich schon gehört, was ich bei Hannah Arendt gelesen habe (Vita Activa, München 1981)
    "wir kennen alle die eigentümliche Verflachung, die ein nur in der Öffentlichkeit verbrachtes Leben unweigerlich mit sich führt. Gerade weil es sich ständig in der Sichtbarkeit hält, verliert es die Fähigkeit, aus aus einem dunkleren Untergrund in die Helle der Welt aufzusteigen, es büßt die Dunkelheit und die Verborgenheit ein, die dem Leben in einem sehr realen, nicht subjektiven Sinn seine jeweils verschiedene Tiefe geben." (68)
    In diesem unsichtbaren, nichtöffentlichen Bereich entsteht ja auch das physische Leben und wächst. Flucht in eine Privatheit, die wieder vermarktet wird.
    Der orthodoxe Christ im Osten steht nicht unter diesem Druck der Öffentlichkeit, also Bischof und Priester nicht "wichtigster" Mann. Christentum wird orthodox nicht über Bischof/Priester identifiziert, sondern über "Seht, wie sie einander lieben".
    Das Amt aufgrund einer sakramentalen Weihe im engeren Sinne ist so etwas wie das Sakrament der Sakramentalität der vielen Ämter im weiteren Sinne. In Südamerika scheint mir auch im katholischen Bereich eine ähnliche Sensibilität zu herrschen, wie ich sie jetzt von den osteuropäischen Erfahrungen her formuiert habe.
    Ich habe zeitweise aus der Nähe die Europa-Synode im Oktober 1999 in Rom miterlebt und habe den Eindruck, dass auch im "katholischen" Bereich Osteuropas vieles von dem gilt, was ich eben vom orthodoxen Bereich gesagt habe.

Woher stammen die Informationen?
Abgelauscht 1000 Dialogen in Rom
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Dr. Nikolaus Wyrwoll
Ostkirchliches Institut