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Hl. Pastor, Priester

 

LESEHORE

 

ZWEITE LESUNG
Laurentius von Brindisi (+ 1619)
Aus einer Predigt.

 

Durch diese Tür traten Hirten wie Schafe ein

 

Christus ist gekommen, uns allen Übeln zu entreißen und uns alle Güter zu schenken; deshalb heißt er »Tür zum Schafstall« und »Hirt der Schafe«. Denn wenn die Tür geschlossen ist und die Schafe sich im Schafstall befinden, sind sie vor den Wölfen ganz sicher und brauchen ihre wilde Gier nicht zu fürchten. Vom Hirten aber werden sie auf die besten Weiden geruhrt, mit allen Gütern versorgt und beschenkt. Adam ist uns die Tür zu allen Übeln geworden, den leiblichen und geistlichen, den zeitlichen und ewigen. Christus dagegen ist uns die Tür zu allem Guten, und zwar als geschlossene und als offene Tür; geschlossen, denn er spricht: »Ihm öffnet der Türhüter« (1); offen, denn »er wird ein- und ausgehen und Weide finden« (2); geschlossen für alles Böse, offen für alles Gute.

So lesen wir auch von dieser göttlichen Tür noch vieles andere dem Augenschein nach Widersprüchliche: dass sie zugleich groß und klein ist, hoch und niedrig, breit und eng, dass es sich um eine einzige und um mehrere handelt. Aber wie Gott zugleich einer und dreifaltig ist, so ist Christus eine Tür und zugleich mehrere Türen. Denn dem einen ist er die Tür zum Heil durch die Macht, Wunder zu wirken, dem anderen durch Weisheit, wieder anderen durch Güte, diesem durch Barmherzigkeit, jenem durch Gerechtigkeit, anderen durch Liebe, einigen durch seine Ehre und Herrlichkeit, diesen durch ein Werk der Nächstenliebe, jenen durch die Übung der Betrachtung der göttlichen Geheimnisse, wieder anderen durch die besondere Ausübung irgendwelcher Tugenden. So ist Christus eine pforte und ist zugleich mehrere Pforten. Hinsichtlich der anderen Aussagen gilt folgendes: Wie Christus an geistlichen und göttlichen Gütern überreich war, an leiblichen und irdischen aber ganz arm und ohne Reichtum, Ehren und Genüsse, so ist diese Tür für den Geist groß, breit und hoch, für das Fleisch aber klein, niedrig, und eng.

»Ich bin die Tür« des Heils. »Wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden.« (3) Für die Menschen gibt es allerdings auch eine Tür des Verderbens; es gibt auch eine Tür zur Hölle, wie es eine Tür des Paradieses und eine Pforte zum Himmel gibt. Ja diese Tür ist groß, breit, hoch und stets geöffnet. Sieh zu, mein Bruder, welche Tür du wählst! Die eine ist die Tür Gottes, die andere die des Teufels. Die eine ist diejenige Christi, die andere die des Widersachers; die eine die zum Paradies, die andere die zur Hölle; die eine die zur ewigen Herrlichkeit, die andere die zu immerwährender Strafe und Pein.

Du wirst sagen: Diese Tür ist sehr eng! Ganz recht. Christus selbst hat es gesagt. Er zwingt dich nicht, aber wenn du das Heil willst, so musst du durch diese Tür eintreten. »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach; und er wird das Licht des Lebens haben.« (4) Wenn jemand einem zum Tode Verurteilten, der am folgenden Tag mit dem Strang oder Schwert hingerichtet werden soll, eine ganz kleine Tür nur einen ganz schmalen Spalt breit öffnete, gerade so, dass er nur nackt und unter großen Schwierigkeiten aus dem Kerker entkommen könnte, so sprich: Würde er da nicht durch jene Tür fliehen, weil er dadurch vom Tod gerettet würde? Denen aber, die den Geist Gottes nicht haben, ist diese Tür verschlossen; verschlossen ist ihnen dieser Zugang, weil es für den Verstand zu schwierig ist zu glauben und für den Willen zu schwierig ist zu handeln. Nichts ist schwieriger als zu glauben, dass Gott dreifaltig und einzig ist, dass Christus Gott und Mensch ist; und Gott über alles zu lieben und deinen Nächsten, Freund und Feind wie dich selbst ist nicht weniger schwierig. Aber der Heilige Geist öffnet diese Tür, indem er zugleich Glauben und Liebe schenkt, Gotteserkenntnis und Gottesliebe. So öffnet er uns als göttlicher Türhüter diese Tür; denn dazu ist er vom Himmel gesandt. Weil er sie aber geöffnet hat, ist durch diese Tür eine unzählbare Schar von Menschen eingetreten, die an Christus glauben und seiner göttlichen Weisung folgen. Durch diese Tür sind aber Hirten wie Schafe eingetreten. Hirten, also die Apostel, Päpste, Bischöfe und überhaupt alle, die die heilige Kirche leiten und von Christus und dem Heiligen Geist mit göttlicher Vollmacht und Autorität zum Aufbau und Heil der Gläubigen ausgestattet sind. Ihnen aber steht Christus vor, der »der oberste Hirt« (5) genannt wird. Und auch die Schafe sind eingetreten, nämlich alle gläubigen Seelen: »Ich bin die Tür zu den Schafen.« (6) Tür ist Christus in der Taufe, Hirt in der Eucharistie. Selig, die durch diese Tür eintreten, um so vom göttlichen Hirten auf die Weide geruhrt zu werden! Selig sind die, denen der Türhüter öffnet, die die Gabe des Heiligen Geistes empfangen, damit sie den rechten Glauben bewahren und als wahrhaft gute Menschen leben! Denn sie werden zweifellos das ewige Leben erlangen.

(1) vgl. Joh 10,3. (2) vgl. Joh 10,9. (3) vgl. Joh 10,9. (4) vgl. Mt 16,24; Joh 8,12. (5) 1Petr 5,4. (6) Joh 10,7.

 

RESPONSORIUM

 

R. Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. * Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern.

V. Weh den Hirten Israels, die nur sich selbst weiden. Müssen die Hirten nicht die Herde weiden? * Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern.

 

ORATIO

 

Gott, du Herr deiner Kirche,
der heilige Pastor ist durch sein Beten und Sorgen
ein Hirt nach deinem Herzen geworden.
Höre auf seine Fürsprache
und gib deinem Volk auch heute Bischöfe und Priester,
die ihm die Botschaft des Heils verkünden
und es nach deinem Willen leiten
durch Jesus Christus,
deinen Sohn, unseren Herrn und Gott,
der mit dir lebt und herrscht
in Ewigkeit.
Amen.