OKI-Logo Schnitzler, Theodor:
Kirchenjahr und Brauchtum neu entdeckt.

Herder Freiburg 2007, € 9,90, CHF 18.50

 

 

Schnitzler, Theodor: Kirchenjahr und Brauchtum neu entdeckt. Buchcover.Vor fünfzig Jahren fand ich die römische Liturgie zu trocken und eng und fuhr in den Sommerferien mit einem Studienkollegen von Rom nach Griechenland, um liturgische Neuentdeckungen zu machen. Christian Renken, Lehrer in Stadtlohn, macht mit seiner Bearbeitung das alte Buch von Theodor Schnitzler zu einer echten Neuentdeckung, schon durch das angenehme Format DIN A4, in dem sich Übersichten gut darstellen lassen und die pfiffigen Zeichnungen nicht nur illustrieren, sondern weitere Zugänge eröffnen. Vf. erklärt kurz, inhaltsreich und klar, was das Kirchenjahr in Festen und Zeichen für uns an Möglichkeiten zu feiern und meditieren bedeutet, wie es unsere Mütter und Väter im Glauben in den Jahrhunderten zusammengetragen und uns überliefert haben.

Wann werden die Weihnachtsbäume sinnvoll aus den Kirchen und Häusern entfernt? Warum schwankt der Karnevals-Termin von Jahr zu Jahr? Wieso heißen unsre Wochentage Montag Dienstag Mittwoch... ? das wird einleuchtend und beziehungsreich beantwortet, und vieles mehr: Martinstag ist der Karneval der sechswüchigen Fastenzeit vor Weihnachten, wie sie noch in Mailand und in den Kirchen Osteuropas gehalten wird; der hl. Nikolaus steht für eine Gesellschaftsordnung, in der den Schwachen zu ihrem Recht geholfen wird; Bäume in der Kirche (z.B. Tanne, Birke) weisen auf das Kreuz Christi als Lebenszeichen, Weihnachten und Dreikönig feiern wir die Menschwerdung Christi, der Weihnachtsstollen symbolisiert das in Windeln gewickelte Christuskind...

So geht es weiter mit hilfreichen Hinweisen zu Fastenzeit, Karwoche, zu den drei österlichen Tagen, früher mit schwarzem Gewand als alter Festesfarbe, der Sonntag als wöchentliches Osterfest, und wie die Predigt in die Messfeier geraten ist. Tagzeitengebete, Spiel der Farben, Gewänder der Geistlichen werden erklärt. Die vier letzten Seiten (45 bis 48) bringen Wort-Erklärungen von "Abendland" bis "Westkirche".

Beim Advent (6) hätte ein Hinweis auf den Buß- und Bet-Tag als "Aschermittwoch" der weihnachtlichen Fastenzeit die notwenige Kürze nicht gestört. Bei "vatikanischer Liturgiereform" (42) meint Vf. wohl die Reformen nach dem 2. Vatikanischen Konzil (1962-1965), zusätzlich zu den einschneidenden Reformen von Pius XII. aus dem Jahre 1955 (z.B.22). Kleiner Fehler: in den deutschen evangelischen Kirchen ist der Talar nicht Alltagsgewand (43), sondern Liturgische Kleidung (44).

Wenn ich in fünf Zeilen das Wort "Heiliger" (45) erklären müsste, würde ich sagen: eine Christin oder ein Christ, die uns die Kirche als Beispiele hinstellt, wie sich Menschen von der Gnade Gottes ergreifen und "heilen" lassen in ihrer Zeit und in ihrem Ort und Beruf. Die ersten Christinnen und Christen redeten sich mit "Eure Heiligkeit" an, Paulus schreibt "an alle Heiligen in Korinth und ganz Achaia", wir gebrauchen "heilig" nur für die schon im Tod vollendeten Vorbilder.

Ostkirchen (47)? Da schiene mir besser: Die Gemeinden in der östlichen Hälfte des Römischen Reiches und darüber hinaus im syrischen armenischen koptischen Sprachraum, und alle Kirchen, die daraus in Osteuropa entstanden sind.

Besonders gut finde ich: Drei ganze Seiten (38-40) widmet Vf. den Tagzeitengebeten, das hilft Einzelnen und Gemeinden zur dynamischen Umsetzung von Neuentdeckungen in der eigenen Gebetspraxis! Solche Erfahrungen und allfällige Ergänzungen und Korrekturen werden zu weiteren Auflagen das praktischen Heftes führen. Ich wünsche ihm großen Erfolg!

Klaus Wyrwoll,
Ostkirchliches Institut
Regensburg

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