Konstantinopel Fest des heiligen Apostels Andreas 28.11. - 1.12.2003 |
Zum ersten Mal Mitfeier des Festes des Patrons der "Großen Kirche von Konstantinopel":
Freitag, 28.11.03 Als erstes ging ich zum Phanar. Audienz beim Patriarchen. Wir begrüßten uns als alte Bekannte. Es war ein zwangloses Zusammensein im Blick auf unsere jahrzehntelange Bekanntschaft und Freundschaft. Ich überreichte ihm eine eigens für ihn gedruckte Ausgabe von ORTHODOXIA auf neuestem Stand. Er übergab mir Kalendarien und Bücher über seine Reisen und sein Engagement in Fragen der Erhaltung der Umwelt, besonders im Mittelmeerraum, was ihm den Namen "Grüner Patriarch" eingebracht hat. Wir brauchten keinerlei theologischen Dialog zu führen. Er zeigte Verständnis für die Verschiebung des Bischofstreffens und der Pilgerfahrt nach Myra (70 Teilnehmer mit Nikolaus Wyrwoll). Er verstand, dass es ein Besuch der Sympathie sein sollte, im ursprünglichen Wortsinn von sum-paqein, Mit-Leiden, Mit-Beten angesichts der oben genannten Probleme. Dann über zwei Stunden sehr schönes, intensives Gespräch mit den Fokolarinnen von İstanbul und Ankara. Wir sprachen über die Begegnung mit der Orthodoxie, die dabei mögliche Bereicherung im Sinne der Scuola Abbà, nicht zuletzt über die Bereicherung in der Begegnung mit dem Islam und über das Entdecken der "Samen des Wortes" dort und in der ganzen globalisierten Gesellschaft; Papst Johannes Paul II. fordert uns in "Tertio Millennio adveniente" auf, in ihr die "neuen Areopage" zu entdecken. Samstag, 29.11.03 Zur Kirche der Hagia Irene und zur Hagia Sophia. Ich hatte stundenlang Zeit zum Beschauen und Nachdenken. Schon zu Kaiser Konstantins Zeiten wurden Kirchen gebaut mit dem Namen Hagia Sophia, Hagia Irene und Hagia Dynamis. Die Absicht war, den damaligen intelligenten Heiden, die ganz platonisch dachten, die Welt der Ideen, die sie von Platon, Plotin, Philo usw. mit Namen wie Logos, Sophia, Irene, Dynamis bezeichneten, konkret werden zu lassen. Die christliche Botschaft ist, dass diese nicht nur als "platonische Ideen" in einer überirdischen Welt bei Gott sind (s. Johannesprolog erster Teil), sondern dass sie inkarniert sind in Christus, den Johannes den fleischgewordenen Logos logoV (Prolog) nennt und Paulus "Christus unser Friede-eirhnh (Eph 2,14), und "Gottes Kraft und Gottes Weisheit-dunamiV kai sofia Qeou (1Kor 1,24). Als dann in den slawischen Ländern nach dem Vorbild der Griechen anfangs auch viele Kirchen der Hagia Sophia gebaut wurden (Kiew, Polotzk, Novgorod u.a.), da waren es nicht mehr die platonischen Ideen, die verchristlicht werden sollten, sondern es war die dort so große Verehrung der "Mutter Erde", die bewirkte, dass nun als Patronatsfest der Sophienkirchen nicht mehr der 25. Dezember gefeiert wurde, sondern der 8. September (Geburt Mariens) oder meist der 15. August (Entschlafung und Verherrlichung Mariens). Also auch dort geschah wieder eine Hinführung aus den vorhandenen "Samen des Wortes" hin zum Fleischgewordenen Wort aus der Gottesmutter Maria, die als die "Geschaffene Weisheit" gesehen und verehrt wird - Inkulturation. Teilnahme an der Vesper zum Beginn des Andreasfestes. Der Patriarch leitete den Gottesdienst, sang viele Psalmen und Gesänge selbst mit kräftiger Stimme. Es kamen Miroslav Kardinal Vlk und ein schwedischer Bischof als Abgesandte des verschobenen Bischofstreffens, das nach den Attentaten nach Rom/Castel Gandolfo verlegt worden war. Sonntag, 30.11.03: Fest des heiligen Apostels Andreas Gegen 10.00 Uhr kam zu Beginn der Liturgie die Vatikanische Delegation: Walter Kardinal Kasper, Mons. Brian Farrell, und Msgr. Johan Bonny, dazu Nuntius Mons. Edmond Farhat, und der Ap. Administrator Mons. Pelatre. Auch der bisherige Sekretär des Weltrates der Kirchen, Konrad Raiser, war mit Gattin und Frau Sabine Udodescu dabei. Nach der Liturgie sprach der Patriarch, und anschließend überbrachte Kardinal Kasper die Grüße des Papstes. Dieser erinnerte an die vielen Begegnungen, die während seines nun 25-jährigen Pontifikats stattgefunden hatten und wünschte weiterhin Fortschritt in dem Bemühen um die sichtbare Einheit durch den Dialog der Wahrheit, der Liebe und des Lebens. Von 18.00 bis 20.00 Uhr offizieller Empfang im Palais des Patriarchen. Der Patriarch begrüßte jeden Einzelnen. Es waren auch türkische und griechische Politiker geladen, darunter der Außenminister Griechenlands, der, nach den Worten des Patriarchen, in den nächsten Tagen einen wichtigen Freundschaftspakt in Ankara unterschreiben wird. Wichtig und zum Nachdenken anregend waren in diesen Tagen auch die vielfältigen Begegnungen mit der Welt des Islam. So z.B. Teilnahme am Nachmittagsgebet in der Moschee Sultan Selim. Ich wurde freundlich von Vielen begrüßt. Der Vorsteher brachte mir einen Stuhl. Wieder hatte ich Zeit, die Betenden zu beobachten und mir meine Gedanken zu machen. Vieles erinnerte mich an die Formen des Frühchristentums, heute noch lebendig bei den assyrischen (ostsyrischen) Christen und bei den vom Kalvinismus geprägten Reformierten. Montag 01.12.03 Rückflug nach München zusammen mit dem syrischen orthodoxen Chorepiskopos Dr. Adai Jacob, der wegen des Ökumenischen Bischofstreffens nach İstanbul gekommen war und keine Möglichkeit hatte, kurzfristig nach Rom weiterzureisen. |